La Ronde (play)  

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La Ronde (the original German name is Reigen) is a play written by Arthur Schnitzler in 1897 and first printed in 1900 for his friends. It scrutinizes the sexual morals and class ideology of its day through a series of encounters between pairs of characters (shown before or after a sexual encounter). By choosing characters across all levels of society, the play offers social commentary on how sexual contact transgresses boundaries of class. The play presents a series of "before and after" tableaux of interconnected characters in different sexual situations. The play scrutinizes the sexual morals and class ideology of its day and may be described as a bedroom farce and caused a scandal because one of its principal themes was the transmission of syphilis in all layers of Viennese society.

Schnitzler's play was not publicly performed until 1920, on 23 December 1920 in Berlin (which resulted in an obscenity trial) and 1 February 1921 in Vienna. (An unauthorized production was mounted earlier, in Budapest in 1912.) The play elicited violent critical and popular reactions against its subject matter.

The titles of the play—in German Reigen and in French La Ronde—refer to a round dance, as portrayed in the English nursery rhyme Ring a Ring o' Roses.

Contents

Adaptation

Theater

David Hare's 1998 play The Blue Room was inspired by it, as was Jack Heifner's 2004 play Seduction and Michael John LaChiusa's musical Hello Again (1994).

Film

Three films were also based on the play: the 1964 film La Ronde of the same title, directed by Roger Vadim, Reigen (the original title of Schnitzler's play), a 1973 film directed by Otto Schenk, and La Ronde (1950 film) by Max Ophüls.

Plot

The play takes place in Vienna in the 1890's and consists of ten love scenes between pairs of people. There are ten characters, each playing in two adjacent scenes (counting the last as adjacent to the first). The play starts with The Whore and The Soldier, followed by the Soldier and The Parlor Maid, and so on in this fashion until making full circle with The Whore back in the first scene.

Both the German Reigen and the French Ronde mean Round dance.

Scenes
  1. The Whore and the Soldier
  2. The Soldier and the Parlor Maid
  3. The Parlor Maid and the Young Gentleman
  4. The Young Gentleman and the Young Wife
  5. The Young Wife and The Husband
  6. The Husband and the Little Miss
  7. The Little Miss and the Poet
  8. The Poet and the Actress
  9. The Actress and the Count
  10. The Count and the Whore

See also

Original German text

REIGEN

ZEHN DIALOGE


PERSONEN ,

DIE DIRNE

DER SOLDAT

DAS STUBENMÄDCHEN

DER JUNGE HERR

DIE JUNGE FRAU

DER EHEGATTE

DAS SÜSSE MÄDEL

DER DICHTER

DIE SCHAUSPIELERIN

DER GRAF


AA AA AA AA AA AA AA AA AA AA AA

AA

AA AA AA AA AA AA AA AA AA




Relj«.



DIE DIRNE UND DER SOLDAT



Spat Abends. Ad der Augartenbrücke. Soldat (kommt pfeifend, will nach Hause).

Dirne.

Komm, mein schöner Engel.

Soldat (wendet sieb am und gebt wieder weiter).

Dirne.

Willst du nicht mit mir kommen?

Soldat

Ah, ich bin der schone Engel?

Dirne.

Freilich, wer denn? Geh', komm' zu mir. Ich wohn' gleich in der Näh*.

Soldat.

Ich hab' keine Zeit. Ich muß in die Käsern'!


Dirne.

In die Käsern' kommst immer noch zurecht.

Bei mir is besser.

Soldat (ihr nahe).

Das ist schon möglich« 

Dirne.

Pst. Jeden Moment kann ein Wachmann kommen.

Soldat

Lacherlich! Wachmann 1 Ich hab' auch mein Seiteng'wehr 1

Dirne.

Geh', komm' mit.

Soldat

Laß mich in Ruh'. Geld hab* ich eh kein's.

Dirne.

Ich brauch' kein Geld.

Soldat (bleibt stehen. Sie sind bei einer Laterne).

Du brauchst kein Geld? Wer bist denn du nachher?


Dirne.

Zahlen tun mir die Zivilisten« So einer wie du, kann's immer umsonst bei mir haben.

Soldat

Du bist am End* die, von der mir der Huber erzählt hat. —

Dirne.

Ich kenn' kein 9 Huber nicht.

Soldat

Du wirst schon die sein. Weißt — in dem Kaffeehaus in der Schiffgassen — von dort ist er mit dir z' Haus gangen.

Dirne.

Von dem Kaffeehaus bin ich schon mit gar vielen z' Haus gangen... oh! oh! —

Soldat.

Also geh'n wir, geh'n wir.

Dirne.

Was, jetzt hast's eilig?



8


Soldat

Na, worauf solPn wir noch warten? Und um Zehn muß ich in der Käsern' sein.

Dirne.

Wie lang dienst denn schon?

Soldat

Was geht denn das dich an? Wohnst weit?

Dirne.

Zehn Minuten zum geh'n.

Soldat

Das ist mir zu weit. Gib mir ein Pussel.

Dirne (küßt ihn).

Das ist mir eh das liebste, wenn ich einen gern' hab'l

Soldat

Mir nicht Nein, ich geh' nicht mit dir, es ist mir zu weit

Dirne.

Weißt was, komm' morgen am Nachmittag.


Soldat.

Gut is. Gib mir deine Adresse.

Dirne.

Aber du kommst am £nd' nicht.

Soldat.

Wenn ich dir's sag'!

Dirne.

Du, weißt was — wenn's dir zu weit ist heut' Abend zu mir — da. . . da. . . (weist auf

die Donau).

Soldat.

Was ist das?

Dirne.

Da ist auch schon ruhig. . .jetzt kommt kein Mensch.

Soldat.

Ah, das ist nicht das rechte.

Dirne.

Bei mir is immer das rechte. Geh\ bleib'


jetzt bei mir. Wer weiß, ob wir morgen noch 's Leben haben.

Soldat.

So komm' — aber g'schwindl

Dirne.

Gib obacht, da ist so dunkel. Wennst aus- rutsch'st, liegst in der Donau.

Soldat.

War* eh das Beste.

Dirne.

Pst, so wart' nur ein bissei. Gleich kommen wir zu einer Bank.

Soldat

Kennst dich da gut aus.

Dirne.

So einen wie dich möcht* ich zum Geliebten.

Soldat.

Ich tat' dir zu viel eifern.


Dirne.

Das mocht' ich dir schon abgewöhnen.

Soldat Ha —

Dirne.

Nicht so laut. Manchmal is doch, daß sich ein Wächter her verirrt Sollt man glauben, daß wir da mitten in der Wienerstadt sind?

Soldat.

Daher komm', daher.

Dirne« 

Aber was fallt dir denn ein, wenn wir da ausrutschen, liegen wir im Wasser unten.

Soldat (hat sie gepackt).

Ah, du —

Dirne.

Halt dich nur fest an.

Soldat.

Hab kein 1 Angst. . . .


Dirne.

Auf der Bank war's schon besser gewesen,

Soldat

Da oder da. . . . Na, krall' aufi.

Dirne.

Was laufst denn so —

Soldat.

Ich muß in die Käsern', ich komm' eh schon zu spät.

Dirne.

Geh', du, wie heißt denn?

Soldat

Was interessiert dich denn das, wie ich heiß?

Dirne.

Ich heiß Leocadia.

Soldat.

Ha! — So an' Namen hab' ich auch noch nie gehört.


Dirne. Du!

Soldat.

Na, was willst denn?

Dirne.

Geh, ein Sechserl für'n Hausmeister gib mir wenigstens I —

Soldat.

Ha!... Glaubst, ich bin deine Würzen. . . Servus! Leocadia...

Dirne.

Strizzi! Fallott! —

(Er ist verschwunden.)




DER SOLDAT UND DAS STUBENMÄDCHEN



Prater. Sonntag Abend. Ein Weg, der Tom Wnrstelprater aus in die dunkeln Alleen fahrt. Hier hört man noch die wirre Musik aus dem Wnrstelprater; auch die Klange ▼om Funfkreuzer- tanz, eine ordinäre Polka, von Blasern gespielt. Der Soldat Das Stubenmädchen.

Stubenmädchen.

Jetzt sagen S' mir aber, warum S' durchaus

schon haben fortgehen müssen.

Soldat (lacht Terlegen, dumm).

Stubenmädchen.

Es ist doch so schön gewesen. Ich tanz* so gern'.

Soldat (faßt sie um die Taille). Stubenmädchen päöfs geschehen).

Jetzt tanzen wir ja nimmer. Warum halten S' mich so fest?

Re^en. 2


Soldat

Wie heiflen S'? Kathi?

Stubenmädchen.

Ihnen ist immer eine Kathi im Kopf.

Soldat.

Ich weiß, ich weiß schon . . . . Marie« 

Stubenmädchen.

Sie, da ist aber dunkel. Ich krieg' so eine Angst

Soldat

Wenn ich bei Ihnen bin, brauchen S y Ihnen nicht zu furchten. Gott sei Dank, mir sein mir I

Stubenmädchen.

Aber wohin kommen wir denn da? Da ist ja kein Mensch mehr. Kommen S', gehn wir zurück 1 — Und so dunkell

Soldat (sieht an seiner Virginierzigarre, daß das rote Ende leuchtet).

's wird schon lichter ! Haha I O, du Schatzerl t


Stubenmädchen.

Ah, was machen S* denn? Wenn ich das gewußt hättM

Soldat

Also der Teufel soll mich holen, wenn eine heut' beim Swoboda mollerter gewesen ist als Sie, Fräul'n Marie.

Stubenmädchen.

Haben S y denn bei allen so probiert?

Soldat

Was man so merkt, beim Tanzen. Da merkt man gar viell Hai

Stubenmädchen.

Aber mit der blonden mit dem schiefen Gesicht haben S' doch mehr 'tanzt als mit mir.

Soldat

Das ist eine alte Bekannte von einem meinigen Freund.



1£*


Stubenmädchen.

Von dem Korporal mit dem aufdrehten Schnurrbart?

Soldat

Ah nein, das ist der Zivilist gewesen, wissen S', der im Anfang am Tisch mit mir g'sessen ist, der so heis'rig red't

Stubenmädchen.

Ah, ich weiß schon. Das ist ein kecker Mensch.

Soldat

Hat er Ihnen was 'tan? Dem mocht' ich's zeigen I Was hat er Ihnen 'tan?

Stubenmädchen.

Oh nichts — ich hab nur geseh'n, wie er

mit die andern ist.

Soldat

Sagen S', Fräulein Marie ....

Stubenmädchen.

Sie werden mich verbrennen mit Ihrer

Zigarrn.



21


Soldat

Pahdon ! — Fräurn Marie. Sagen wir uns Du.

Stubenmädchen.

Wir sein noch nicht so gute Bekannte. —

Soldat

Es können sich gar viele nicht leiden und sagen doch Du zueinander.

Stubenmädchen.

's nächstemal, wenn wir . . . Aber, Herr Franz —

Soldat

Sie haben sich meinen Namen g'merkt?

Stubenmädchen. Aber, Herr Franz ....

Soldat

Sagen S' Franz, Fräulein Marie.

Stubenmädchen.

So sein S' nicht so keck — aber pst, wenn wer kommen tätl



22


Soldat.

Und wenn schon einer kommen tat, man sieht ja nicht zwei Schritt weit.

Stubenmädchen.

Aber um Gotteswillen, wohin kommen wir denn da?

Soldat

Sehn S', da sind zwei g'rad wie mir.

Stubenmädchen.

Wo denn? Ich seh' gar nichts.

Soldat

Da . . • vor uns.

Stubenmädchen.

Warum sagen S' denn: zwei wie mir? —

Soldat

Na, ich mein' halt, die haben sich auch gern'.

Stubenmädchen.

Aber geben S' doch acht, was ist denn da, jetzt war' ich beinah' g'fallen.


Soldat.

Ah, das ist das Gatter von der Wiesen.

Stubenmädchen.

Stoßen S' doch nicht so, ich fall' ja um.

Soldat.

Pst, nicht so laut

Stubenmädchen.

Sie, jetzt schrei ich aber wirklich. — Aber

was machen S' denn . . . aber —

Soldat

Da ist jetzt weit und breit keine Seel'.

Stubenmädchen.

So gehn wir zurück, wo Leut sein.

Soldat.

Wir brauchen keine Leut, was, Marie, wir

brauchen .... dazu .... haha.

Stubenmädchen.

Aber, Herr Franz, bitt' Sie, um Gotteswillen,


24


schaun S', wenn ich das .... gewußt oh • . • . oh • • • • komm! . . . •


Soldat (feli*).

Herrgott noch einmal .... ah .


• • i


Stubenmädchen.

.... Ich kann dein G'sicht gar nicht sehn.

Soldat

A was — G'sicht


Soldat.

Ja, Sie, Fräul'n Marie, da im Gras können

S' nicht liegen bleiben.

Stubenmädchen. Geh', Franz, hilf mir.

Soldat.

Na, komm zugi.

Stubenmädchen. Oh Gott, Franz.


Soldat

Na ja, was ist denn mit dem Franz?

Stubenmädchen.

Du bist ein schlechter Mensch, Franz.

Soldat

Ja, ja. Geh', wart' ein bissei.

Stubenmädchen.

Was laßt mich denn aus?

Soldat

Na, die Virginier werd' ich mir doch an- zünden dürfen.

Stubenmädchen. Es ist so dunkel.

Soldat

Morgen früh ist schon wieder licht.

Stubenmädchen.

Sag' wenigstens, hast mich gern'?



Soldat.

Na, das mußt doch g'spürt haben, Fräul'n Marie, hal

Stubenmädchen.

Wohin geh'n wir denn?

Soldat. Na, zurück.

Stubenmädchen.

Geh', bitt' dich, nicht so schnell!

Soldat

Na, was ist denn? Ich geh' nicht gern' in der finstern.

Stubenmädchen.

Sag', Franz, hast mich gern'?

Soldat


Aber grad* hab* ich's gesagt, daß ich dich gern' habM


Stubenmädchen.

Geh', willst mir nicht ein Pussel geben?



27


Soldat (gnädig).

Da .... Horst, — jetzt kann man schon wieder die Musik hören.

Stubenmädchen.

Du mocht'st am End' gar wieder tanzen geh'n ?

Soldat

Na freilich, was denn?

Stubenmädchen.

Ja, Franz, schau, ich muß zu Haus geh'n. Sie werden eh schon schimpfen, mei' Frau ist so eine .... die möcht* am liebsten, man ging gar nicht fort.

Soldat.

Na ja, geh' halt zu Haus.

Stubenmädchen.

Ich hab' halt 'dacht, Herr Franz, Sie werden mich z'hausführen.

Soldat.

Z'hausführen? Ah!


Stubenmädchen.

Geh'n S\ es ist so traurig, allein z'haus geh 9 n.

Soldat

Wo wohnen S' denn?

Stubenmädchen.

Es ist gar nicht so weit — in der Porzellan- gasse.

Soldat

So? Ja, da haben wir ja einen Weg aber jetzt ist's mir zu früh • . . jetzt wird

noch 'draht, heut hab' ich über Zeit

vor zwölf brauch 9 ich nicht in der Käsern' zu sein. I 9 geh 9 noch tanzen.

Stubenmädchen.

Freilich, ich weiß schon, jetzt kommt die Blonde mit dem schiefen Gesicht d'ran!

Soldat.

Hai — Der ihr G'sicht ist gar nicht so schief.


Stubenmädchen.

Oh Gott, sein die Männer schlecht. Was, Sie machen's sicher mit einer jeden so.

Soldat

Das war' z'viel! —

Stubenmädchen.

Franz, bitt' schon, heut' nimmer, — heut* bleiben S' mit mir, schaun S' —

Soldat

Ja, ja, ist schon gut. Aber tanzen werd* ich doch noch dürfen.

Stubenmädchen.

Ich tanz' heut' mit kein' mehr!

Soldat

Da ist er ja schon • .

Stubenmädchen. Wer denn?

Soldat

Der Swoboda! Wie schnell wir wieder da


sein. Noch immer spielen s' das. . . tadarada tadarada (singt mit) .... Also wannst auf mich warten willst, so führ' ich dich z'haus .... wenn nicht . . . Servas —

Stubenmädchen.

Ja, ich werd* warten.

(Sie treten in den Tanzsaal ein).

Soldat

Wissen S', Fräul'n Marie, ein Glas Bier

lassen's Ihnen geben (Zu einer Blonden sich wen- dend, die eben mit einem Barschen vorbeitanzt, sehr hochdeutsch:) Mein Fräulein, darf ich bitten? —




Dfl5 STUBENMÄDCHEN UND DER JUNQE HERR



Heißer Sommernachmittag. — Die Eltern sind schon auf dem Lande. — Die Köchin hat Ausgang. — Das Stubenmädchen schreibt in der Küche einen Brief an den Soldaten, der ihr Geliebter ist Es klingelt aus dem Zimmer des jungen Herrn. Sie steht auf und geht ins

Zimmer des jungen Herrn. Der junge Herr liegt auf dem Divan, raucht, und liest

einen französischen Roman.

Das Stubenmädchen. Bitt' schon, junger Herr?

Der junge Herr.

Ah ja, Marie, ah ja, ich hab' geläutet, ja. . . was hab' ich nur. . . ja richtig, die Rouletten lassen S' herunter, Marie... Es ist kühler, wenn die Rouletten unten sind.... ja....

(Das Stubenmädchen geht cum Fenster und laßt die Rouletten herunter.)

Der junge Herr (liest weiter.)

Was machen S' denn, Marie? Ah ja. Jetzt sieht man aber gar nichts zum Lesen.

Reigen. 3


Das Stubenmädchen.

Der junge Herr ist halt immer so fleißig.

Der junge Herr (überhört das vornehm).

So, ist gut.

(Marie geht)

Der junge Herr (versucht weiter sn lesen; lädt bald das Bach fallen, klingelt wieder).

Das Stubenmädchen (erscheint).

Der junge Herr.

Sie, Marie .... ja, was ich habe sagen wollen.... ja.... ist vielleicht ein Cognac zu Haus?

Das Stubenmädchen.

Ja, der wird eingesperrt sein.

Der junge Herr.

Na, wer hat denn die Schlüssel?

Das Stubenmädchen.

Die Schlüssel hat die Lini.


Der junge Herr. Wer ist die Lini?

Das Stubenmädchen.

Die Köchin, Herr Alfred,

Der junge Herr.

Na, so sagen S' es halt der Lini.

Das Stubenmädchen.

Ja, die Lini hat heut Ausgang.

Der junge Herr. So

Das Stubenmädchen.

Soll ich dem jungen Herrn vielleicht aus dem Kaffeehaus. . . •

Der junge Herr.

Ah nein .... es ist so heiß genug. Ich brauch keinen Cognac. Wissen S', Marie, bringen Sie mir ein Glas Wasser. Pst, Marie — aber laufen lassen, daß es recht kalt ist. —

(Das Stubenmädchen ab.)


Der junge Herr (sieht ihr nach, bei der Thür wendet sich das Stubenmädchen nach ihm am; der junge Herr schaut in die Luft — Das Stubenmädchen dreht den Hahn der Wasserleitung auf, läßt das Wasser laufen. Während dem geht sie in ihr kleines Kabinett, wäscht sich die Hände, richtet vor dem Spiegel ihre Schneckerln. Dann bringt sie dem jungen Herrn das Glas Wasser. Sie tritt zum Divan).

Der junge Herr (richtet sich zur Hälfte auf, das Stuben- mädchen gibt ihm das Glas in die Hand, ihre Finger berühren sich).

Der junge Herr.

So, danke. — Na, was ist denn? — Geben Sie acht; stellen Sie das Glas wieder auf

die Tasse • • • • (Er legt sich hin und streckt sich ans.)

Wie spät ist's denn? —

Das Stubenmädchen. Fünf Uhr, junger Herr.

ber junge Herr.

So, fünf Uhr. — Ist gut. —

Das Stubenmädchen (geht; bei der Tür wendet sie sich um; der junge Herr hat ihr nachgeschaut; sie merkt es und lächelt).


Der junge Herr (bleibt eine Weile liegen, dann steht er plötzlich auf. Er geht bis zur Tür, wieder zurück, legt sich auf dcu Di van. Er versucht wieder zu lesen. Nach ein paar Minuten klingelt er wieder).

Das Stubenmädchen (erscheint mit einem Lächeln, das sie nicht zu verbergen sucht).

Der junge Herr.

Sie, Marie, was ich Sie hab' fragen wollen. War heut' Vormittag nicht der Doktor Schüller da?

Das Stubenmädchen.

Nein, heut Vormittag war niemand da.

Der junge Herr.

So, das ist merkwürdig. Also der Doktor Schüller war nicht da? Kennen Sie über- haupt den Doktor Schüller?

Das Stubenmädchen.

Freilich. Das ist der große Herr mit dem schwarzen Vollbart.

Der junge Herr.

Ja. War er vielleicht doch da?


Das Stubenmädchen.

Nein, es war niemand da, junger Herr.

Der junge Herr (entschlossen). Kommen Sie her, Marie.

Das Stubenmädchen (tritt etwas nSher). Bitt' schon.

Der junge Herr.

Näher .... so ... . ah ... . ich hab' nur geglaubt

Das Stubenmädchen.

Was haben der junge Herr?

Der junge Herr.

Geglaubt .... geglaubt hab' ich — Nur wegen Ihrer Blusen .... Was ist das für eine .... Na, kommen S' nur naher. Ich beiß Sie ja nicht.

Das Stubenmädchen (kommt zu ihm).

Was ist mit meiner Blusen? G'fallt sie dem jungen Herrn nicht?


Der junge Herr (faßt die Blase an, wobei er das Stubenmädchen zu sich herabzieht).

Blau? Das ist ganz ein schönes Blau. (Einfach.) Sie sind sehr nett angezogen, Marie.

Das Stubenmädchen. Aber junger Herr. . . •

Der junge Herr.

Na, was ist denn? .... (er hat ihre Bluse geöffnet

Sachlich): Sie haben eine schone weiße Haut, Marie.

Das Stubenmädchen.

Der junge Herr tut mir schmeicheln.

Der junge Herr (küßt sie auf die Brust). Das kann doch nicht weh' tun.

Das Stubenmädchen. O nein.

Der junge Herr.

Weil Sie so seufzen! Warum seufzen Sie denn?


Das Stubenmädchen. Oh, Herr Alfred ....

Der junge Herr.

Und was Sie für nette Pantoffeln haben. . . .

Das Stubenmädchen.

. . . . Aber .... junger Herr . . . . wenn's draußen laut' —

Der junge Herr.

Wer wird denn jetzt läuten?

Das Stubenmädchen.

Aber junger Herr .... schaun S' .... es ist so licht

Der junge Herr.

Vor mir brauchen Sie sich nicht zu genieren. Sie brauchen sich überhaupt vor nieman- dem .... wenn man so hübsch ist. Ja, meiner Seel'; Marie, Sie sind .... Wissen Sie, Ihre Haare riechen sogar angenehm*

Das Stubenmädchen. Herr Alfred ....


Der junge Herr« 

Machen Sie keine solchen Geschichten, Marie .... ich hab' Sie schon anders auch geseh'n. Wie ich neulich in der Nacht nach Haus gekommen bin, und mir Wasser ge- holt hab' ; da ist die Tür zu Ihrem Zimmer offen gewesen .... na ....

Das Stubenmädchen (verbirgt ihr Gesicht).

Oh Gott, aber das hab ich gar nicht ge- wußt, daß der Herr Alfred so schlimm sein kann.

Der junge Herr« 

Da hab' ich sehr viel gesehen .... das . . • und das .... und das .... und —

Üzs Stubenmädchen. Aber, Herr Alfred!

Der junge Herr.

Komm, komm .... daher .... so, ja so. . .

Das Stubenmädchen.

Aber wenn jetzt wer läutet —


Der junge Herr.

Jetzt hören Sie schon einmal auf .... macht man höchstens nicht auf ....

(Es klingelt.)

Der junge Herr.

Donnerwetter .... Und was der Kerl für einen Lärm macht. — Am End' hat der schon früher geläutet und wir haben's nicht gemerkt.

Das Stubenmädchen.

Oh, ich hab' alleweil aufgepaßt.

Der junge Herr.

Na, so schaun S 1 endlich nach — durchs Guckerl. —

Das Stubenmädchen.

Herr Alfred .... Sie sind aber .... nein .... so schlimm.

Der junge Herr« 

Bitt' Sie, schaun S' jetzt nach ....


Das Stubenmädchen (geht mb).

Der junge Herr (öffnet rasch die Rouleau). Das Stubenmädchen (erscheint wieder).

Der ist jedenfalls schon wieder Weggängen. Jetzt ist niemand mehr da. Vielleicht ist es der Doktor Schüller gewesen.

Der junge Herr (ist unangenehm berührt).

Es ist gut.

Das Stubenmädchen (nähert sich ihm). Der junge Herr (entlieht sich ihr).

— Sie, Marie, — ich geh' jetzt ins Kaffeehaus.

Das Stubenmädchen (Örtlich). Schon .... Herr Alfred.

Der junge Herr (streng).

Ich geh' jetzt ins Kaffeehaus. Wenn der Doktor Schüller kommen sollte —

Das Stubenmädchen.

Der kommt heut' nimmer.




Der junge Herr (noch strenger).

Wenn der Doktor Schüller kommen sollte, ich, ich .... ich bin — im Kaffeehaus. — (Geht ins andere Zimmer.)

(Das Stubenmädchen nimmt eine Zigarre vom Rauchtisch, steckt sie ein und geht ab.)




DER JUNGE HERR UND DIE JUNQE FRAU



Abend. — Ein mit banaler Eleganz möblierter Salon In

einem Hanse der Schwindgasse. Derjunge Herr ist eben eingetreten, zündet, während er noch den Hut auf dem Kopf und den Überzieher an hat, die Kerzen an. Dann öffnet er die Tür zum Neben- zimmer und wirft einen Blick hinein. Von den Kerzen des Salons geht der Lichtschein über das Parkett bis zu einem Himmelbett, das an der abschließenden Wand steht Von dem Kamin in einer Ecke des Schlafzimmers ver- breitet sich ein rötlicher Lichtschein auf die Vorhange des Bettes. — Der junge Herr besichtigt auch das Schlaf- zimmer. Von dem Trumeau nimmt er einen Sprayapparat und bespritzt die Bettpolster mit feinen Strahlen von Veilchenparfüm. Dann geht er mit dem Sprayapparat durch beide Zimmer and drückt unaufhörlich auf den kleinen Ballon, so daß es bald überall nach Veilchen riecht Dann legt er Überzieher und Hut ab. Er setzt sich auf das blausammtene Fauteuil, zündet sich eine Zigarette an und raucht. Nach einer kleinen Weile erhebt er sich wieder und vergewissert sich, daß die grünen Jalousien geschlossen sind. Plötzlich geht er wieder ins Schlafzimmer, öffnet die Lade des Nachtkästchens. Er fühlt hinein und findet eine SchildkrothaarnadeL Er sucht nach einem Ort, sie zu verstecken, gibt sie endlich in die Tasche seines Überziehers. Dann öffnet er einen


Schrank, der im Salon steht, nimmt eine silberne Tasse mit einer Flasche Cognac und zwei Likörgläschen heraus, stellt alles auf den Tisch. Er geht wieder zn seinem Überzieher, ans dem er jetzt ein kleines weißes Päckchen nimmt. Er öffnet es nnd legt es cum Cognac; geht wieder zum Schrank, nimmt zwei kleine Teller nnd Eßbesteke heraus. Er entnimmt dem kleinen Paket eine glasierte Kastanie nnd ißt sie. Dann schenkt er sich ein Glas Cognac ein nnd trinkt es rasch aus. Dann sieht er auf seine Uhr. Er geht im Zimmer auf und ab. — Vor dem großen Wandspiegel bleibt er eine Weile stehen, richtet mit seinem Taschenkamm das Haar und den kleinen Schnurrbart. — Er geht nun zur Vorzimmertür und horcht. Nichts regt sich. Dann zieht er die blauen Portieren, die vor der Schlafzimmertür angebracht sind, zusammen. Es klingelt Der junge Herr fahrt leicht zusammen. Dann setzt er sich auf den Fauteuil und erhebt sich erst, als die Tür geöffnet wird und die junge Frau eintritt —

Die junge Frau (dicht verschleiert, schließt die Thür hinter sich, bleibt einen Augenblick stehen, indem sie die linke Hand aufs Herz legt, als müsse sie eine gewaltige Erregung bemeistern).

Der junge Herr (tritt auf sie zu, nimmt ihre linke Hand und drückt auf den weißen, schwarz tamburierten Handschuh einen Kuß. Er sagt leise:)

Ich danke Ihnen.

Die junge Frau.

Alfred — Alfred I


Der junge Herr.

Kommen Sie, gnädige Frau.... Kommen Sie, Frau Emma....

Die junge Frau« 

Lassen Sie mich noch eine Weile — bitte ....

oh bitte sehr, Alfred! (Sie steht noch immer an der Tür).

Der junge Herr (steht tot ihr, hfilt ihre Hand).

Die junge Frau.

Wo bin ich denn eigentlich?

Der junge Herr«  Bei mir.

Die junge Frau.

Dieses Haus ist schrecklich, Alfred.

Der junge Herr.

Warum denn? Es ist ein sehr vornehmes Haus.

Die junge Frau.

Ich bin zwei Herren auf der Stiege begegnet.

Reigen. 4


Der junge Herr. Bekannte?

Die junge Frau.

Ich weiß nicht Es ist möglich.

Der junge Herr.

Pardon, gnädige Frau — aber Sie kennen doch Ihre Bekannten.

Die junge Frau.

Ich habe ja gar nichts gesehen.

Der junge Herr.

Aber wenn es selbst Ihre besten Freunde waren, — sie können ja Sie nicht erkannt haben. Ich selbst . . . wenn ich nicht wüßte, daß Sie es sind .... dieser Schleier — .

Die junge Frau. Es sind cwei.

Der junge Herr.

Wollen Sie nicht ein bischen näher? .... Und Ihren Hut legen Sie doch wenigstens ab !


Die junge Frau.

Was fallt Ihnen ein, Alfred? Ich habe Ihnen gesagt : Fünf Minuten .... Nein, länger nicht .... ich schwöre Ihnen —

Der junge Herr. Also den Schleier —

Die junge Frau. Es sind zwei.

Der junge Herr.

Nun ja, beide Schleier — ich werde Sie doch wenigstens sehen dürfen.

Die junge Frau.

Haben Sie mich denn lieb, Alfred?

Der junge Herr (tief verletzt). Emma — Sie fragen mich

Die junge Frau«  Es ist hier so heiß.

Der junge Herr.

Aber Sie haben ja Ihre Pelzmantille an — Sie werden sich wahrhaftig verkühlen.

4*


JkJkd


Die junge Frau (tritt endlich int Zimmer, wirft sich auf den Fauteuil).

Ich bin totmüd\


Der junge Herr.

Erlauben Sie : (Er nimmt ihr die Schleier ab; nimmt die Nadel ans ihrem Hut, legt Hut, Nadel, Schleier beiseite).

Die junge Frau (lädt es geschehen).

Der junge Herr (steht vor ihr, schüttelt den Kopf).

Die junge Frau. Was haben Sie?

Der junge Herr.

So schon waren Sie noch nie.

Die junge Frau. Wieso?

Der junge Herr.

Allein .... allein mit Ihnen — Emma —

(Er läßt sich neben ihrem Fauteuil nieder, auf ein Knie, nimmt ihre beiden Hände nnd bedeckt sie mit Küssen).



»▲▲A


Die junge Frau.

Und jetzt .... lassen Sie mich wieder gehen. Was Sie von mir verlangt haben, hab' ich getan.

Der junge Herr (läßt seinen Kopf auf ihren Schoß sinken).

Die junge Frau.

Sie haben mir versprochen, brav zu sein.

Der junge Herr. Ja.

Die junge Frau.

Man erstickt in diesem Zimmer.

Der junge Herr (steht auf).

Noch haben Sie Ihre Mantille an.

Die junge Frau.

Legen Sie sie zu meinem Hut

Der junge Herr (nimmt ihr die Mantille ab und legt de gleichfalls auf den Divan).

Die junge Frau.

Und jetzt — adieu —


Der junge Herr.

Emma — ! — Emma! —

Die junge Frau.

Die fünf Minuten sind längst vorbei.

Der junge Herr. Noch nicht einel —

Die junge Frau.

Alfred, sagen Sie mir einmal ganz genau, wie spät es ist.

Der junge Herr.

Es ist punkt viertel sieben.

Die junge Frau.

Jetzt sollte ich längst bei meiner Schwester sein.

Der junge Herr.

Ihre Schwester können Sie oft sehen ....

Die junge Frau.

Oh Gott, Alfred, warum haben Sie mich dazu verleitet.


Der junge Herr.

Weil ich Sie .... anbete, Emma.

Die junge Prau.

Wie vielen haben Sie das schon gesagt?

Der junge Herr.

Seit ich Sie gesehen, niemandem.

Die junge Frau.

Was bin ich für eine leichtsinnige Person I Wer mir das vorausgesagt hätte... noch vor acht Tagen... noch gestern...

Der junge Herr.

Und vorgestern haben Sie mir ja schon ver- sprochen. ..

Die junge Frau.

Sie haben mich so gequält. Aber ich habe es nicht tun wollen. Gott ist mein Zeuge — ich habe es nicht tun wollen. . . Gestern war ich fest entschlossen... Wissen Sie, daß ich Ihnen gestern Abends sogar einen langen Brief geschrieben habe?


Der junge Herr.

Ich habe keinen bekommen.

Die junge Frau.

Ich habe ihn wieder zerrissen. Oh, ich hätte Ihnen lieber diesen Brief schicken sollen.

Der junge Herr.

Es ist doch besser so.

Die junge Frau.

Oh nein, es ist schändlich... von mir. Ich begreife mich selber nicht. Adieu, Alfred, lassen Sie mich.

Der junge Herr (umfaßt sie und bedeckt ihr Gesicht mit

heißen Küssen).

Die junge Frau.

So. . . halten Sie Ihr Wort. . .

Der junge Herr.

Noch einen Kuß — noch einen.

Die junge Frau.

Den letzten. (Er küßt de; sie erwidert den Kuß; ihre Lippen bleiben lange aneinandergeschlossen.)



ttt


Der junge Herr.

Soll ich Ihnen etwas sagen, Emma? Ich weiß jetzt erst, was Glück ist.

Die junge Frau (sinkt in ein Fanteuil surück).

Der junge Herr (setzt sich auf die Lehne, schlingt einen Ann leicht um ihren Nacken).

....oder vielmehr ich weiß jetzt erst, was Glück sein konnte.

Die junge Frau (seufet tief auf).

Der junge Herr (küßt sie wieder).

Die junge Frau.

Alfred, Alfred, was machen Sie aus mirl

Der junge Herr.

Nicht wahr — es ist hier gar nicht so un- gemütlich. . • Und wir sind ja hier so sichert Es ist doch tausendmal schöner als diese Rendezvous im Freien. • •

Die junge Frau.

Oh, erinnern Sie mich nur nicht daran.


Der junge Herr.

Ich werde auch daran immer mit tausend Freuden denken. Für mich ist jede Minute, die ich an Ihrer Seite verbringen durfte, eine süße Erinnerung.

Die junge Frau.

Erinnern Sie sich noch an den Industriellen- ball?

Der junge Herr.

Ob ich mich daran erinnere...? Dabin ich ja während des Soupers neben Ihnen gesessen, ganz nahe neben Ihnen. Ihr Mann hat Champagner. . .

Die junge Prau (sieht ihn klagend an).

Der junge Herr.

Ich wollte nur vom Champagner reden. Sagen Sie, Emma, wollen Sie nicht ein Glas Cognac trinken?

Die junge Prau.

Einen Tropfen, aber geben Sie mir vorher ein Glas Wasser.



Der junge Herr.

Ja... Wo ist denn nur — ach ja... (Er

schlägt die Portiere zurück und geht ins Schlafzimmer).

Die junge Frau (sieht ihm nach).

Der junge Herr (kommt zurück mit einer Karaffe Wasser und zwei Trinkgläsern).

Die junge Frau.

Wo waren Sie denn?

Der junge Herr.

Im. . . Nebenzimmer. (Schenkt ein Glas Wasser ein).

Die junge Frau.

Jetzt werde ich Sie etwas fragen, Alfred — und schworen Sie mir, daß Sie mir die Wahrheit sagen werden.

Der junge Herr. Ich schwöre. —

Die junge Frau« 

War in diesen Räumen schon jemals eine

andere Frau?


Der junge Herr.

Aber Emma — dieses Haus steht schon zwanzig Jahre 1 —

Die junge Frau.

Sie wissen, was ich meine, Alfred... Mit Ihnen! Bei Ihnen!

Der junge Herr.

Mit mir — hier — Emma! — Es ist nicht schon, daß Sie an so etwas denken können« 

Die junge Frau.

Also Sie haben .... wie soll ich. . • • Aber nein, ich will Sie lieber nicht fragen. Es ist besser, wenn ich nicht frage. Ich bin ja selbst schuld. Alles rächt sich.

Der junge Herr.

Ja, was haben Sie denn? Was ist Ihnen denn? Was rächt sich?

Die junge Frau.

Nein, nein, nein, ich darf nicht zum Bewußt- sein kommen. . . Sonst müßte ich vor Scham in die Erde sinken.


Der junge Herr (nut der Karaffe Waascr in der Hand, schüttelt traurig den Kopf).

Emma, wenn Sie ahnen konnten, wie weh' Sie mir tun« 

Die junge Frau (schenkt sich ein Glas Cognac ein).

Der junge Herr.

Ich will Ihnen etwas sagen, Emma. Wenn Sie sich schämen, hier zu sein — wenn ich Ihnen also gleichgiltig bin — wenn Sie nicht fühlen, daß Sie für mich alle Selig- keit der Welt bedeuten so geh'n Sie

lieber. —

Die junge Frau.

Ja, das werd' ich auch tun.

Der junge Herr (sie bei der Hand fassend).

Wenn Sie aber ahnen, daß ich ohne Sie nicht leben kann, daß ein Kuß auf Ihre Hand für mich mehr bedeutet, als alle Zärtlichkeiten, die alle Frauen auf der ganzen Welt .... Emma, ich bin nicht wie die anderen jungen Leute, die den Hof machen können — ich bin vielleicht zu naiv .... ich ....


Die junge Frau.

Wenn Sie aber doch sind wie die anderen jungen Leute?

Der junge Herr.

Dann wären Sie heute nicht da — denn Sie sind nicht wie die anderen Frauen.

Die junge Frau. Woher wissen Sie das?

Der junge Herr (hat sie zum Divan gezogen, sich nahe neben sie gesetzt).

Ich habe viel über Sie nachgedacht. Ich weiß, Sie sind unglücklich.

Die junge Frau (erfreut). Ja-

Der junge Herr.

Das Leben ist so leer, so nichtig — und dann, — so kurz -- so entsetzlich kurzl Es gibt nur e i n Glück .... einen Menschen finden, von dem man geliebt wird —

Die junge Frau (hat eine kandierte Birne vom Tisch genommen, nimmt sie in den Mund).


Der junge Herr.

Mir die Hälfte I (Sie reicht sie ihm mit den Lippen).

Die junge Frau (faßt die Hände des jungen Herrn, die sich su ▼erirren drohen).

Was tun Sie denn, Alfred .... Ist das Ihr

Versprechen.

Der junge Herr (die Birne rerschluckend, dann kühner).

Das Leben ist so kurz.

Die junge Frau (schwach).

Aber das ist ja kein Grund —

Der junge Herr (mechanisch). Oh ja.

Die junge Frau (schwächer).

Schauen Sie Alfred, und Sie haben doch versprochen, brav. . . . Und es ist so hell ....

Der junge Herr.

Komm', komm', du einzige, einzige ....

(Er hebt sie vom DWan empor).

Die junge Frau.

Was machen Sie denn?



Der junge Herr.

Da d'rin ist es gar nicht hell.

Die junge Frau.

Ist denn da noch ein Zimmer?

Der junge Herr (rieht sie mit).

Ein schönes .... und ganz dunkel.

Die junge Frau.

Bleiben wir doch lieber hier.

Der junge Herr (bereits mit ihr hinter der Portiere, im Schlafzimmer, nestelt ihr die Taille auf).

Die junge Frau.

Sie sind so oh Gott, was machen Sie

aus mirl — Alfred I

Der junge Herr.

Ich bete dich an, Emma!

Die junge Frau.

So wart' doch, wart' doch wenigstens . . . . (Schwach.) Geh* .... ich ruf dich dann.


I ^


Der junge Herr.

Laß mir dich — laß dir mich (er verspricht

sich) .... laß . . • . mich — dir — helfen.

Die junge Frau,

Du zerreißt mir ja alles.

Der junge Herr.

Du hast kein Mieder an?

Die junge Frau.

Ich trag* nie ein Mieder. Die Odilon trägt auch keines. Aber die Schuh' kannst du mir aufknopfeln.

Der junge Herr (knöpfelt die Schuhe auf, küßt ihre Füfle).

Die junge Frau (ist ins Bett geschlüpft). Oh mir ist kalt.

Der junge Herr.

Gleich wird's warm werden.

Die junge Frau (leise lechend).

Glaubst du?

Reiten. *


Der junge Herr (unangenehm ber&nrt, ftr lieh).

Das hätte sie nicht sagen sollen. (Entkleidet

fich im Dunkel).

Die junge Frau (wirtlich). Komm, komm, kommt

Der junge Herr (dadurch wieder in beuerer Stimmung).

Gleich

Die junge Frau« 

Fs riecht hier so nach Veilchen.

Der junge Herr.

Das bist du selbst . ... Ja (ra ihr) du selbst

Die junge Frau. Alfred .... Alfred! U!

Der junge Herr. Emma • • • •

Der junge Herr.

Ich habe dich offenbar zu lieb .... ja ... .

ich bin wie von Sinnen.


Die junge Frau


Der junge Herr.

Die ganzen Tage über bin ich schon wie verrückt. Ich hab es geahnt.

Die junge Frau. Mach 1 dir nichts draus.

Der junge Herr.

Oh gewiß nicht. Es ist ja geradezu selbst- verständlich, wenn man ....

Die junge Frau.

Nicht .... nicht • . . . Du bist nervös. Be- ruhige dich nur ....

Der junge Herr. Kennst du Stendhal?

Die junge Frau. Stendhal?

Der junge Herr.

Die psychologie de l'amour.


Die junge Frau« 

Nein, warum fragst du mich?

Der junge Herr.

Da kommt eine Geschichte drin vor, die sehr bezeichnend ist.

Die junge Frau.

Was ist das für eine Geschichte?

Der junge Herr.

Das ist eine ganze Gesellschaft von Kavallerieoffizieren zusammen —

Die junge Frau. So.

Der junge Herr.

Und die erzählen von ihren Liebesabenteuern. Und jeder berichtet, daß ihm bei der Frau, die er am meisten, weißt du, am leiden- schaftlichsten geliebt hat .... daß ihn die, daß er die — also kurz und gut, daß es jedem bei dieser Frau so gegangen ist, wie jetzt mir.


Die junge Frau. Ja.

Der junge Herr.

Das ist sehr charakteristisch.

Die junge Frau. Ja.

Der junge Herr.

Es ist noch nicht aus. Ein einziger be- hauptet .... es sei ihm in seinem ganzen Leben noch nicht passiert, aber, setzt Stend- hal hinzu — das war ein berüchtigter Bramarbas.

Die junge Frau. So. —

Der junge Herr.

Und doch verstimmt es einen, das ist das Dumme, so gleichgiltig es eigentlich ist.

Die junge Frau.

Freilich. Überhaupt weißt du ... . du hast mir ja versprochen, brav zu sein.


Der junge Herr.

Geh', nicht lachen, das bessert die Sache nicht.

Die junge Frau.

Aber nein, ich lache ja nicht. Das von Stendhal ist wirklich interessant. Ich habe immer gedacht, daß nur bei älteren .... oder bei sehr .... weißt du, bei Leuten, die viel gelebt haben ....

Der junge Herr.

Was fallt dir ein. Das hat damit gar nichts zu tun. Ich habe übrigens die hübscheste Geschichte aus dem Stendhal ganz ver- gessen. Da ist einer von den Kavallerie- offizieren, der erzählt sogar, daß er drei Nächte oder gar sechs .... ich weiß nicht mehr, mit der Frau zusammen war, die er durch Wochen hindurch verlangt hat — desir£e — verstehst du — und die haben alle diese Nächte hindurch nichts getan als vor Glück geweint . . . . beide

Die junge Frau. Beide?


Der junge Herr.

Ja. Wundert dich das? Ich find' das so begreiflich — gerade wenn man sich liebt.

Die junge Frau.

Aber es gibt gewiß viele, die nicht weinen*

Der junge Herr (nervös).

Gewiß .... das ist ja auch ein exceptio- neller Fall.

Die junge Frau.

Ah — ich dachte, Stendhal sagte, alle Kavallerieoffiziere weinen bei dieser Ge- legenheit.

Der junge Herr.

Siehst du, jetzt machst du dich doch lustig.

Die junge Frau,

Aber was fallt dir einl Sei doch nicht kindisch, Alfred!

Der junge Herr.

Es macht nun einmal nervSs . ... Dabei habe ich die Empfindung, daß du ununter-



brochen daran denkst Das geniert mich erst recht.

Die junge Frau« 

Ich denke absolut nicht daran.

Der junge Herr.

Oh ja. Wenn ich nur überzeugt wäre, daß du mich liebst.

Die junge Frau.

Verlangst du noch mehr Beweise?

Der junge Herr.

Siehst du . . . immer machst du dich lustig.

Die junge Frau.

Wieso denn? Komm', gib mir dein süßes Kopferl.

Der junge Herr. Ach, das tut wohl.

Die junge Frau. Hast du mich lieb?


Der junge Herr« 

Oh, ich bin ja so glücklich.

Die junge Frau.

Aber du brauchst nicht auch noch zu weinen« 

Der junge Herr (rieh von Ihr entfernend, hSchit irritiert).

Wieder, wieder. Ich hab dich ja so ge- beten

Die junge Frau.

Wenn ich dir sage, daß du nicht weinen sollst. ••

Der junge Herr.

Du hast gesagt: Auch noch zu weinen.

Die junge Frau.

Du bist nervös, mein Schatz.

Der junge Herr. Das weiß ich.

Die junge Frau.

Aber du sollst es nicht sein. Es ist mir


sogar lieb, daß es ... . daß wir sozusagen als gute Kameraden . . .

Der junge Herr.

Schon wieder fängst du an.

Die junge Frau.

Erinnerst du dich denn nicht! Das war eines unserer ersten Gespräche. Gute Kame- raden haben wir sein wollen; nichts weiter.

Oh, das war schon das war bei meiner

Schwester, im Jänner auf dem großen Ball, während der Quadrille .... Um Gottes- willen, ich sollte ja längst fort sein .... meine Schwester erwartet mich ja — was

werd' ich ihr denn sagen Adieu,

Alfred —

Der junge Herr.

Emma — I so willst du mich verlassen!

Die junge Frau. Ja — so! —

Der junge Herr.

Noch fünf Minuten ....


Die junge Frau.

Gut Noch fünf Minuten. Aber du mußt mir versprechen .... dich nicht zu rühren? ... Ja? ... Ich will dir noch einen Kuß

zum Abschied geben Pst .... ruhig

. . . . nicht rühren, hab ich gesagt, sonst steh ich gleich auf, du mein süßer . . . süßer • . •

Der junge Herr.

Emma .... meine ange


Die junge Frau. Mein Alfred —

Der junge Herr.

Ah, bei dir ist der Himmel.

Die junge Frau.

Aber jetzt muß ich wirklich fort.

Der junge Herr.

Ach, laß deine Schwester warten.

Die junge Frau.

Nach Haus muß ich. Für meine Schwester



ist's längst zu spät. Wie viel Uhr ist es denn eigentlich?

Der junge Herr« 

Ja, wie soll ich das eruieren?

Die junge Frau.

Du musst eben auf die Uhr sehen.

Der junge Herr.

Meine Uhr ist in meinem Gilet

Die junge Frau. So hol' sie.

Der junge Herr (steht mit einem mächtigen Ruck auf).

Acht.

Die junge Frau (erhebt sich rasch).

Um Gotteswillen .... Rasch, Alfred, gib mir meine Strümpfe. Was soll ich denn nur sagen? Zu Hause wird man sicher schon auf mich warten • • . acht Uhr ....

Der junge Herr.

Wann seh' ich dich denn wieder?


Die junge Frau. Nie.

Der junge Herr« 

Emma! Hast du mich denn nicht mehr lieb?

Die junge Frau.

Eben darum. Gib mir meine Schuhe.

Der junge Herr.

Niemals wieder? Hier sind die Schuhe.

Die junge Frau.

In meinem Sack ist ein Schuhknöpfler. Ich bitt' dich, rasch ....

Der junge Herr.

Hier ist der Knopfler.

Die junge Frau.

Alfred, das kann uns beide den Hals kosten.

Der junge Herr (höchst unangenehm berührt). Wieso?


Die junge Frau.

Ja, was soll ich denn sagen, wenn er mich fragt: Woher kommst du?

Der junge Herr. Von der Schwester.

Die junge Frau.

Ja, wenn ich lügen könnte*

Der junge Herr.

Na, du mußt es eben tun.

Die junge Frau.

Alles für so einen Menschen. Ach, komm her .... laß dich noch einmal küssen. (Sie

umarmt um.) — Und jetzt laß mich allein,

geh' ins andere Zimmer. Ich kann mich nicht anziehen, wenn du dabei bist.

Der junge Herr (geht in den Salon, wo er sich ankleidet Er ißt etwas von der Bäckerei, trinkt ein Glas Cognac).

Die junge Frau (ruft nach einer Weile).

Alfred 1


Der junge Herr, Mein Schatz.

Die junge Frau.

Es ist doch besser, daß wir nicht geweint haben.

Der junge Herr (nicht ohne Stolz llchelnd).

Wie kann man so frivol reden? —

Die junge Frau.

Wie wird das jetzt nur sein — wenn wir uns zufallig wieder einmal in Gesellschaft begegnen?

Der junge Herr.

Zufallig — einmal .... Du bist ja morgen sicher auch bei Lobheimers?

Die junge Frau. Ja Du auch?

Der junge Herr.

Freilich. Darf ich dich um den Kotillion bitten?


Die junge Frau.

Oh, ich werde nicht hinkommen. Was glaubst du denn? — Ich würde ja . . . (sie tritt völlig

angekleidet in den Salon, nimmt eine Chokoladebäckerei)

in die Erde sinken.

Der junge Herr.

Also morgen bei Lobheimer, das ist schon.

Die junge Frau.

Nein, nein .... ich sage ab ; bestimmt —

Der junge Herr.

Also übermorgen .... hier.

Die junge Frau. Was fallt dir ein?

Der junge Herr. Um sechs ....

Die junge Frau.

Hier an der Ecke stehen Wagen, nicht wahr? —

Der junge Herr.

Ja, so viel du willst. Also übermorgen hier


um sechs. So sag' doch ja, mein geliebter Schatz.

Die junge Frau.

.... Das besprechen wir morgen beim Ko- tillion.

Der junge Herr (umarmt sie). Mein Engel.

Die junge Frau.

Nicht wieder meine Frisur ruinieren.

Der junge Herr.

Also morgen bei Lobheimers und über- morgen in meinen Armen.

Die junge Frau. Leb wohl ....

Der junge Herr (plötxlich wieder besorgt).

Und was wirst du — ihm heut sagen? —

Die junge Frau.

Frag 9 nicht .... frag 9 nicht .... es ist zu schrecklich. — Warum hab* ich dich so

Reifen. 6


lieb! — Adieu. — Wenn ich wieder Men- schen auf der Stiege begegne, trifft mich der Schlag. — Pah! —

Der junge Herr (küßt ihr noch einmal die Hand).

Die junge Frau (geht).

Der junge Herr (bleibt allein zurück. Dann setzt er sich auf den Diyan. Er lächelt vor sich hin und sagt su sich selbst).

Also jetzt hab' ich ein Verhältnis mit einer anständigen Frau.




DIE WISSE FRAU UND DER EHENflNN



Ein behagliches Schlafgemach. Es ist halb elf Uhr Nachts. Die Frau liegt zu Bette und liest Der Gatte tritt eben, im Schlafrock, ins Zimmer.

Die junge Frau (ohne aufzuschauen).

Du arbeitest nicht mehr?

Der Gatte.

Nein. Ich bin zu müde. Und außerdem . . .

Die junge Frau. Nun? —

Der Gatte.

Ich hab' mich an meinem Schreibtisch plötz- lich so einsam gefühlt. Ich habe Sehnsucht nach dir bekommen.

Die junge Frau (schaut auf). Wirklich?


Der Gatte (setzt sich zu ihr aufs Bett).

Lies heute nicht mehr. Du wirst dir die Augen verderben.

Die junge Frau (schlagt das Buch zu).

Was hast du denn?

Der Gatte.

Nichts, mein Kind. Verliebt bin ich in dich ! Das weißt du ja !

Die junge Frau.

Man konnte es manchmal fast vergessen.

Der Gatte.

Man muß es sogar manchmal vergessen.

Die junge Frau, Warum?

Der Gatte.

Weil die Ehe sonst etwas unvollkommenes wäre. Sie würde .... wie soll ich nur sagen .... sie würde ihre Heiligkeit ver- lieren.


Die junge Frau. Oh

Der Gatte.

Glaube mir — es ist so ... . Hätten wir in den fünf Jahren, die wir jetzt miteinan- der verheiratet sind, nicht manchmal ver- gessen, daß wir ineinander verliebt sind — wir wären es wohl gar nicht mehr.

Die junge Frau. Das ist mir zu hoch.

Der Gatte.

Die Sache ist einfach die: wir haben viel- leicht schon zehn oder zwölf Liebschaften

miteinander gehabt Kommt es dir

nicht auch so vor?

Die junge Frau.

Ich hab' nicht gezählt! —

Der Gatte.

Hätten wir gleich die erste bis zum Ende durchgekostet, hätte ich mich von Anfang an meiner Leidenschaft für dich willenlos


hingegeben, es wäre uns gegangen wie den Millionen von anderen Liebespaaren. Wir wären fertig miteinander.

Die junge Frau.

Ah .... so meinst du das?

Der Gatte.

Glaube mir — Emma — in den ersten Tagen unserer Ehe hatte ich Angst, daß es so kommen würde.

Die junge Frau, Ich auch.

Der Gatte.

Siehst du? Hab' ich nicht recht gehabt? Darum ist es gut, immer wieder für einige Zeit nur in guter Freundschaft miteinander hinzuleben.

Die junge Frau. Ach so.

Der Gatte.

Und so kommt es, daß wir immer wieder


neue Flitterwochen miteinander durchleben können, da ich es nie drauf ankommen lasse, die Flitterwochen....

Die junge Frau.

Zu Monaten auszudehnen.

Der Gatte.

Richtig.

Die junge Frau.

Und jetzt scheint also wieder

eine Freundschaftsperiode abgelaufen zu sein — ?

Der Gatte (sie zärtlich an sich drückend).

Es dürfte so sein.

Die junge Frau.

Wenn es aber... «bei mir anders wäre.

Der Gatte.

Es ist bei dir nicht anders. Du bist ja das klügste und entzückendste Wesen, das es gibt. Ich bin sehr glücklich, daß ich dich gefunden habe.


Die junge Frau.

Das ist aber nett, wie du den Hof machen kannst — von Zeit zu Zeit.

Der Gatte (hat sich auch zu Bett begeben).

Für einen Mann, der sich ein bischen in der Welt umgesehen hat — geh', leg den Kopf an meine Schulter — der sich in der Welt umgesehen hat, bedeutet die Ehe eigentlich etwas viel geheimnisvolleres als für euch junge Mädchen aus guter Fami- lie. Ihr tretet uns rein und. .. .wenigstens bis zu einem gewissen Grad unwissend ent- gegen, und darum habt ihr eigentlich einen viel klareren Blick für das Wesen der Liebe als wir.

Die junge Frau (lachend). Oh!

Der Gatte.

Gewiß. Denn wir sind ganz verwirrt und unsicher geworden durch die vielfachen Erlebnisse, die wir notgedrungen vor der Ehe durchzumachen haben. Ihr hört ja


viel und wißt zu viel und lest ja wohl eigentlich auch zu viel, aber einen rechten Begriff von dem, was wir Männer in der Tat erleben, habt ihr ja doch nicht. Uns wird das, was man so gemeinhin die Liebe nennt, recht gründlich widerwärtig gemacht; denn was sind das schließlich für Geschöpfe, auf die wir angewiesen sind!

Die junge Frau.

Ja, was sind das für Geschöpfe?

Der Gatte (küßt sie auf die Stirn).

Sei froh, mein Kind, daß du nie einen Einblick in diese Verhältnisse erhalten hast Es sind übrigens meist recht bedauernswerte Wesen — werfen wir keinen Stein auf sie.

Die junge Frau.

Bitt' dich — dieses Mitleid — Das kommt mir da gar nicht recht angebracht vor.

Der Gatte (mit schöner Milde).

Sie verdienen es. Ihr, die ihr junge Mädchen aus guter Familie wart, die ruhig unter Obhut euerer Eltern auf den Ehrenmann warten


92


konntet, der euch zur Ehe begehrt; — ihr kennt ja das Elend nicht, das die meisten von diesen armen Geschöpfen der Sünde in die Arme treibt.

Die junge Frau.

So verkaufen sich denn alle?

Der Gatte.

Das mochte ich nicht sagen. Ich mein' ja auch nicht nur das materielle Elend. Aber es gibt auch — ich mochte sagen — ein sittliches Elend; eine mangelhafte Auf- fassung für das, was erlaubt, und insbe- sondere für das, was edel ist.

Die junge Frau.

Aber warum sind die zu bedauern? — Denen geht's ja ganz gut?

Der Gatte.

Du hast sonderbare Ansichten, mein Kind. Du darfst nicht vergessen, daß solche Wesen von Natur aus bestimmt sind, immer tiefer und tiefer zu fallen. Da gibt es kein Auf- halten.


Die junge Frau (sich an ihn schmiegend).

Offenbar fallt es sich ganz angenehm.

Der Gatte (peinlich berührt).

Wie kannst du so reden, Emma. Ich denke doch, daß es gerade für euch, anständige Frauen, nichts Widerwärtigeres geben kann, als alle diejenigen, die es nicht sind.

Die junge Frau.

Freilich, Karl, freilich. Ich hab's ja auch nur so gesagt. Geh', erzähl' weiter. Es ist so nett, wenn du so red'st. Erzähl' mir 'was.

Der Gatte.

Was denn? —

Die junge Frau.

Nun, — von diesen Geschöpfen.

Der Gatte.

Was fallt dir denn ein?

Die junge Frau.

Schau, ich hab' dich schon früher, weißt du, ganz im Anfang hab' ich dich immer


gebeten, du sollst mir aus deiner Jugend 'was erzählen.

Der Gatte.

Warum interessiert dich denn das?

Die jnnge Frau.

Bist du denn nicht mein Mann? Und ist das nicht geradezu eine Ungerechtigkeit, daß ich von deiner Vergangenheit eigentlich gar nichts weiß? —

Der Gatte.

Du wirst mich doch nicht für so ge- schmacklos halten, daß ich — Genug, Emma das ist ja wie eine Ent- weihung.

Die junge Frau.

Und doch hast du .... wer weiß wie viel andere Frauen gerade so in den Armen gehalten, wie jetzt mich.

Der Gatte.

Sag' doch nicht »Frauenc Frau bist du.



Die junge Frau.

Aber eine Frage mußt du mir beantworten

. . . sonst .... sonst . . • . ist's nichts mit den

Flitterwochen.

Der Gatte.

Du hast eine Art, zu reden .... denk' doch, daß du Mutter bist .... daß unser Mäderl da drin liegt. . .

Die junge Frau (an ihn sich schmiegend).

Aber ich möcht' auch einen Buben.

Der Gatte.

Emma!

Die junge Frau.

Geh', sei nicht so . • . freilich bin ich deine Frau .... aber ich mochte auch ein bissei «... deine Geliebte sein.

Der Gatte.

Möchtest du?. ...

Die junge Frau.

Also — zuerst meine Frage.


Der Gatte (gefügig). Nun?

Die junge Frau.

War . • . . eine verheiratete Frau — unter

ihnen?

Der Gatte.

Wieso? — wie meinst du das?

Die junge Frau. Du weißt schon.

Der Gatte (leicht beunruhigt).

Wie kommst du auf diese Frage?

Die junge Frau.

Ich mochte wissen, ob es ... . das heißt — es gibt solche Frauen .... das weiß ich. Aber ob du . . .

Der Gatte (ernst).

Kennst du eine solche Frau?

Die junge Frau.

Ja, ich weiß das selber nicht


97


Der Gatte.

Ist unter deinen Freundinen vielleicht eine solche Frau?

Die junge Frau.

Ja wie kann ich das mit Bestimmtheit behaupten — oder verneinen?

Der Gatte.

Hat dir vielleicht einmal eine deiner Freundinen . . . . Man spricht über gar manches, wenn man so — die Frauen unter sich — hat dir eine gestanden — ?

Die junge Frau (unsicher). Nein.

Der Gatte.

Hast du bei irgend einer deiner Freundinen den Verdacht, daß sie

Die junge Frau.

Verdacht oh Verdacht.

Der Gatte. Es scheint.


Die junge Frau.

Gewiß nicht Karl, sicher nicht. Wenn ich mir's so überlege — ich trau* es doch keiner zu.

Der Gatte.

Keiner?

Die junge Frau.

Von meinen Freundinen keiner.

Der Gatte.

Versprich mir etwas, Emma.

Die junge Frau.

Nun.

Der Gatte.

Daß du nie mit einer Frau verkehren wirst, bei der du auch den leisesten Verdacht

hast, daß sie kein ganz tadelloses

Leben führt.

Die junge Frau.

Das muß ich dir erst versprechen?


Der Gatte.

Ich weiß ja, daß du den Verkehr mit solchen

Frauen nicht suchen wirst. Aber der Zufall

konnte es fügen, daß du Ja, es ist

sogar sehr häufig, daß gerade solche Frauen, deren Ruf nicht der beste ist, die Gesell- schaft von anstandigen Frauen suchen, teils um sich ein Relief zu geben, teils aus einem

gewissen.... wie soll ich sagen aus

einem gewissen Heimweh nach der Tugend.

Die junge Frau. So.

Der Gatte.

Ja. Ich glaube, daß das sehr richtig ist, was ich da gesagt habe. Heimweh nach der Tugend. Denn, daß diese Frauen alle eigentlich sehr unglücklich sind, das kannst du mir glauben.

Die junge Frau. Warum?

Der Gatte.

Du fragst, Emma? — Wie kannst du denn

7*


nur fragen? — Stell' dir doch vor, was diese Frauen für eine Existenz führen! Voll Lüge, Tücke, Gemeinheit und voll Gefahren.

Die junge Frau.

Ja freilich. Da hast du schon Recht.

Der Gatte.

Wahrhaftig — sie bezahlen das bischen Glück das bischen

Die junge Frau. Vergnügen.

Der Gatte.

Warum Vergnügen? Wie kommst du darauf, das Vergnügen zu nennen?

Die junge Frau.

Nun, — etwas muß es doch sein — ! Sonst täten sie's ja nicht.

Der Gatte.

Nichts ist es ein Rausch.


Die junge Frau (nachdenklich).

Ein Rausch.

Der Gatte.

Nein, es ist nicht einmal ein Rausch. Wie immer — teuer bezahlt, das ist gewiß I

Die junge Frau.

Also du hast das einmal mitgemacht —

nicht wahr?

Der Gatte.

Ja, Emma. — Es ist meine traurigste Er- innerung.

Die junge Frau.

Wer ist's? Sag'! Kenn' ich sie?

Der Gatte.

Was fällt dir denn ein?

Die junge Frau.

Ist's lange her? War es sehr lang, bevor du mich geheiratet hast?

Der Gatte.

Frag' nicht. Ich bitt' dich, frag' nicht.


Die junge Frau. Aber Karl!

Der Gatte. Sie ist tot.

Die junge Frau. Im Ernst?

Der Gatte.

Ja es klingt fast lächerlich, aber ich

habe die Empfindung, daß alle diese Frauen jung sterben.

Die junge Frau.

Hast du sie sehr geliebt?

Der Gatte.

Lügnerinnen liebt man nicht

Die junge Frau. Also warum ....

Der Gatte.

Ein Rausch ....


Die junge Frau. Also doch?



  • , ,tt' dich. Alles

g l hab' ich nur 3 liebt nur, wo


> r *


Sit man sich in jich dich nicht

Ol glaube, dann yerhaupt nicht




I


^Uhönt


Oh


Die junge Frau.

Weißt du, woran ich heute denken muß?

Der Gatte.

Woran, mein Schatz?

Die junge Frau.

An .... an ... . an Venedig.

Der Gatte.

Die erste Nacht ....

Die junge Frau.

i a . . . . so . . • •

Der Gatte.

Was denn — ? So sag's dochl

Die junge Frau.

So lieb hast du mich heuf.

Der Gatte.

Ja, so lieb.

Die junge Frau.

Ah .... Wenn du immer ....


Der Gatte (in ihren Armen).

Wie?

Die junge Frau«  Mein Karll

Der Gatte.

Was meintest du? Wenn ich immer

Die junge Frau. Nun ja.

Der Gatte.

Nun, was war' denn, wenn ich immer . . . ?

Die junge Frau.

Dann wüßt' ich eben immer, daß du mich

lieb hast.

Der Gatte.

Ja. Du mußt es aber auch so wissen. Man ist nicht immer der liebende Mann, man muß auch zuweilen hinaus ins feindliche Leben, muß kämpfen und streben I Das vergiß nie, mein Kind! Alles hat seine Zeit in der Ehe — das ist eben das Schone. Es gibt


nicht viele, die sich noch nach fünf Jahren an — ihr Venedig erinnern.

Die junge Frau. Freilich!


Der Gatte. Und jetzt .


gute Nacht, mein Kind.


Die junge Frau. Gute Nacht!




DER SATTE UND DAS SÜSSE MÄDEL



Ein Kabinet particulier im Riedhof. Behagliche, mafiige

Eleganz. Der Gasofen brennt. —

Der Gatte. Das süße Mädel.

Auf dem Tisch sind die Reste einer Mahlzeit zu sehen;

Obersschaumbaisers, Obst, Käse. In den Weingläsern ein

ungarischer weißer Wein.

Der Gatte (raacht eine Havannazigarre, er lehnt in der Ecke des Divans).

Das SÜße Mädel (sitzt neben ihm auf dem Sessel und löffelt aus einem Baiser den Obersschaum heraus, den sie mit Behagen schlürft).

Der Gatte.

Schmeckt's?

Das SÜße Mädel (läßt sich nicht stören).

Oh!

Der Gatte.

Willst du noch eins?


HS

Das süße Mädel.

Nein, ich hab' so schon zu viel gegessen.

Der Gatte.

Du hast keinen Wein mehr. (Er schenkt ein.)

Das süße Mädel.

Nein aber schaun' S', ich laß ihn ja

eh stehen.

Der Gatte.

Schon wieder sagst du Sie.

Das süße MädeL

So? — Ja wissen S', man gewohnt sich halt so schwer.

Der Gatte. Weißt du.

Das süße Mädel. Was denn?

Der Gatte.

Weißt du, sollst du sagen; nicht wissen S'. — Komm setz' dich zu mir.



111


Das süße MädeL

Gleich. . . . bin noch nicht fertig.

Der Gatte (steht auf, stellt sich hinter den Sessel und umarmt daß süße Mädel, indem er ihren Kopf zm sich wendet).

Das süße Mädel. Na, was ist denn?

Der Gatte.

Einen Kuß möcht' ich haben.

Das Süße Mädel (giebt ihm einen Kuß).

Sie sind. ... oh pardon, du bist ein kecker Mensch.

Der Gatte.

Jetzt fällt dir das ein?

Das süße Mädel.

Ah nein, eingefallen ist es mir schon früher.... schon auf der Gassen. — Sie müssen —

Der Gatte. Du mußt.


Das süße Mädel.

Du mußt dir eigentlich was schönes von mir denken.

Der Gatte.

Warum denn?

Das süße Mädel.

Daß ich gleich so mit Ihnen ins chambre separäe gegangen bin.

Der Gatte.

Na, gleich kann man doch nicht sagen.

Das süße MädeL

Aber Sie können halt so schön bitten.

Der Gatte.

Findest du?

Das süße MädeL

Und schließlich, was ist denn dabei?

Der Gatte. Freilich.


Das süße Mädel.

Ob man spazieren geht oder —

Der Gatte.

Zum spazieren gehen ist es auch viel zu kalt.

Das süße Mädel.

Natürlich ist zu kalt gewesen.

Der Gatte.

Aber da ist es angenehm warm; was? (Er hat sich wieder niedergesetzt, umschlingt das süße Mädel und sieht sie an seine Seite.)

Das süße Mädel (schwach).

Na.

Der Gatte.

Jetzt sag* einmal .... Du hast mich schon früher bemerkt gehabt, was?

Das süße MädeL

Natürlich. Schon in der Singerstraßen.

Der Gatte.

Nicht heut, mein' ich. Auch vorgestern und

Reigen. 8


vorvorgestern, wie ich dir nachgegangen bin.

Das süße Mädel.

Mir geh'n gar viele nach.

Der Gatte.

Das kann ich mir denken. Aber ob du mich

bemerkt hast.

Das süße Mädel.

Wissen S' .... ah ... . weißt, was mir neulich passiert ist? Da ist mir der Mann von meiner Cousine nachgestiegen in der Dunkeln und hat mich nicht 'kennt.

Der Gatte.

Hat er dich angesprochen?

Das süße Mädel.

Aber was glaubst denn? Meinst, es ist jeder

so keck wie du?

Der Gatte.

Aber es kommt doch vor.

Das süße Mädel. Natürlich kommt's vor.


ttr


Der Gatte.

Na, was machst du da?

Das süße Mädel.

Na, nichts — Keine Antwort geh 9 ich halt.

Der Gatte.

Hm .... mir hast du aber eine Antwort gegeben.

Das süße Mädel.

Na sind S* vielleicht bös'?

Der Gatte (küßt sie heftig).

Deine Lippen schmecken nach dem Obers- schaum.

Das süße Mädel.

Oh, die sind von Natur aus süß.

Der Gatte.

Das haben dir schon viele gesagt?

Das süße Mädel.

Viele !I Was du dir wieder einbildest!


Der Gatte.

Na, sei einmal ehrlich. Wie viele haben den Mund da schon geküßt?

Das süße Mädel.

Was fragst mich denn? Du möchtest mir'a ja doch nicht glauben, wenn ich dir's sag*!

Der Gatte.

Warum denn nicht?

Das süße Mädel. Rat' einmal

Der Gatte.

Na, sagen wir, — aber du darfst nicht bös' sein?

Das süße Mädel.

Warum sollt' ich denn bös' sein?

Der Gatte.

Also ich schätze . . . . zwanzig.

Das Süße Mädel (sich von ihm losmachend).

Na — warum nicht gleich hundert?


Der Gatte.

Ja, ich hab' eben geraten.

Das süße Mädel.

Da hast du aber nicht gut geraten.

Der Gatte. Also zehn.

Das süße Mädel (beleidigt).

Freilich. Eine, die sich auf der Gassen anreden

läßt und gleich mitgeht ins chambre separ6e 1

Der Gatte.

Sei doch nicht so kindisch. Ob man auf der Straßen herumläuft oder in einem Zimmer sitzt .... Wir sind doch da in einem Gast- haus. Jeden Moment kann der Kellner her- einkommen — da ist doch wirklich gar nichts dran ....

Das süße Mädel.

Das hab' ich mir eben auch gedacht.

Der Gatte.

Warst du schon einmal in einem chambre separ6e ?


Das süße Mädel.

Also, wenn ich die Wahrheit sagen soll: ja.

Der Gatte.

Siehst du, das gefallt mir, daß du doch wenigstens aufrichtig bist.

Das süße Mädel

Aber nicht so — wie du dir's wieder denkst. Mit einer Freundin und ihrem Bräutigam bin ich im chambre separ6e gewesen, heuer im Fasching einmal.

Der Gatte.

Es war 9 ja auch kein Malheur, wenn du ein- mal — mit deinem Geliebten —

Das süße Mädel.

Natürlichatte (kommt nach ein paar Sekunden an ihr).

Ihr seid wirklich sonderbare Geschöpfe,

ihr. • • • Weiber. (Er wird wieder zärtlich an ihrer Seite.)

Das süße Mädel

Geh* nicht es ist auch schon so

spät« —

Der Gatte.

Also jetzt hör' mir einmal zu. Reden wir


einmal im Ernst miteinander. Ich möchf dich wieder sehen, öfter wiedersehen.

Das süße Mädel Is wahr?

Der Gatte.

Aber dazu ist notwendig. . . . also verlassen muß ich mich auf dich können. Aufpassen kann ich nicht auf Dich.

Das süße Mädel

Ah, ich pass' schon selber auf mich auf.

Der Gatte.

Du bist. ... na also, unerfahren kann man ja nicht sagen — aber jung bist du — und — die Manner sind im allgemeinen ein gewissenloses Volk.

Das süße MädeL Oh jehl

Der Gatte. t

Ich mein' das nicht nur in moralischer Hin- sicht. — Na, du verstehst mich sicher. —


Das süße MädeL

Ja, sag' mir, was glaubst du denn eigentlich

von mir?

Der Gatte.

Also — wenn du mich lieb haben willst — nur mich — so können wir's uns schon ein- richten — wenn ich auch für gewöhnlich in Graz wohne. Da wo jeden Moment wer hereinkommen kann, ist es ja doch nicht das rechte.

Das Süße Mädel (schmiegt sich an ihn).

Der Gatte.

Das nächste Mal • • • werden wir wo anders zusammen sein, ja?

Das süße Mädel. Ja.

Der Gatte.

Wo wir ganz ungestört sind.

Das süße MädeL Ja.



Der Gatte (umfangt sie heiß).

Das andere besprechen wir im Nachhaus- fahren. (Steht auf, öffnet die Thür.) Kellner . . • . die Rechnung!



Reigen.


10



DAS SÜSSE HfiDEi UND DER DICHTER



Ein kleines Zimmer, mit behaglichem Geschmack ein- gerichtet Vorhänge, welche das Zimmer Halbdunkel machen. Rote Stores, Großer Schreibtisch, auf dem Papiere und Bücher herumliegen. EinPianino an der Wand.

Das süße MSdeL Der Dichter. Sie kommen eben zusammen herein. Der Dichter schließt zu.

Der Dichter.

So, mein Schatz (küßt sie).

Das süße Mädel (mit Hut und Mamille).

Ah! Da ist aber schön! Nur sehen tut man

nichts I

Der Dichter.

Deine Augen müssen sich an das Halb- dunkel gewöhnen. — Diese süßen Augen

(küßt sie auf die Augen).

Das süße Mädel

Dazu werden die süßen Augen aber nicht- Zeit genug haben.


^150

Der Dichter. Warum denn?

Das süße Mädel

Weil ich nur eine Minuten dableib'.

Der Dichter.

Den Hut leg* ab, ja?

Das süße Mädel

Wegen der einen Minuten?

Der Dichter (nimmt die Nadel ans ihrem Hut and legt den Hat fort).

Und die Mantille —

Das süße Mädel.

Was willst denn? — Ich muß ja gleich wieder fortgehen.

Der Dichter.

Aber du mußt dich doch auaruh'nl Wir sind ja drei Stunden gegangen.

Das süße Mädel Wir sind gefahren.


Der Dichter.

Ja nach Hans — aber in Weidling am Bach sind wir doch drei volle Stunden herumge- laufen. Also setz' dich nur schön nieder, mein Kind .... wohin du willst; — hier an den Schreibtisch; — aber nein, das ist nicht bequem. Setz' dich auf den Divan. —

So. (Er drückt rie nieder.) Bist du Sehr müd\ SO

kannst du dich auch hinlegen. So. (Er legt sie auf den Divan.) Da das Kopf erl auf den Polster.

Das süße Mädel (lachend).

Aber ich bin ja gar nicht müd' I

Der Dichter.

Das glaubst du nur. So — und wenn du schläfrig bist, kannst du auch schlafen. Ich werde ganz still sein. Übrigens kann ich dir ein Schlummerlied vorspielen von

mir .... (Geht zum Pianino).

Das süße Mfidel

Von dir?

Der Dichter. Ja.


Das süße Mädel.

Ich hab' 'glaubt, Robert, du bist ein Doktor.

Der Dichter.

Wieso? Ich hab' dir doch gesagt, daß ich

Schriftsteller bin.

Das süße Mädel.

Die Schriftsteller sind doch alle Dokters.

Der Dichter.

Nein; nicht alle. Ich z. B. nicht. Aber wie kommst du jetzt darauf.

Das süße Mädel.

Na, weil du sagst, das Stück, was du da spielen tust, ist von dir.

Der Dichter.

Ja . . . vielleicht ist es auch nicht von mir. Das ist ja ganz egal. Was? Überhaupt wer's gemacht hat, das ist immer egal. Nur schön muß es sein — nicht wahr?

Das süße Mädel.

Freilich .... schön muß es sein — das ist

die Hauptsach'! —


Der Dichter.

Weißt du, wie ich das gemeint hab'?

Das süße MädeL Was denn?

Der Dichter.

Na, was ich eben gesagt hab\

Das süße Mädel (schläfrig). Na freilich.

Der Dichter (steht auf; zu ihr, ihr das Haar streichelnd)

Kein Wort hast du verstanden.

Das süße Mädel.

Geh', ich bin doch nicht so dumm.

Der Dichter.

Freilich bist du so dumm. Aber gerade darum hab' ich dich lieb. Ah, das ist so schön, wenn ihr dumm seid. Ich mein' in der Art wie du.

Das süße Mädel.

Geh', was schimpfst denn?


Der Dichter.

Engel, kleiner. Nicht wahr, es liegt sich gut auf dem weichen, persischen Teppich?

Das süße Mädel.

Oh ja. Geh', willst nicht weiter Klavier spielen?

Der Dichter.

Nein, ich bin schon lieber da bei dir. (Streichelt sie.)

Das süße Mädei.

Geh', willst nicht lieber Licht machen?

Der Dichter.

Oh nein .... Diese Dämmerung tut ja so wohl. Wir waren heute den ganzen Tag wie in Sonnenstrahlen gebadet. Jetzt sind wir sozusagen aus dem Bad gestiegen und schlagen .... die Dämmerung wie einen Badmantel (lacht) ah nein — das muß anders gesagt werden . . . . Findest du nicht?

Das süße Mädel. Weiß nicht.


Der Dichter (»ich leicht von ihr entfernend).

Göttlich, diese Dummheit 1 (Nimmt ein Notizbnch und schreibt ein paar Worte hinein.)

Das süße Mädel

Was machst denn? (Sich nach ihm umwendend.)

Was schreibst dir denn auf?

Der Dichter (leise).

Sonne, Bad, Dämmerung, Mantel .... so ... .

(steckt das Notizbnch ein. Laut). Nichts .... Jetzt

sag' einmal, mein Schatz, möchtest du nicht etwas essen oder trinken?

Das süße Mädel.

Durst hab' ich eigentlich keinen. Aber Appetit.

Der Dichter.

Hm .... mir war* lieber, du hättest Durst. Cognac hab' ich nämlich zu Haus, aber Essen müßte ich erst holen.

Das süße Mädel.

Kannst nichts holen lassen?


Der Dichter.

Das ist schwer, meine Bedienerin ist jetzt nicht mehr da — na wart' — ich geh' schon selber .... was magst du denn?

Das süße Mädel.

Aber es zahlt sich ja wirklich nimmer aus, ich muß ja so wie so zu Haus.

Der Dichter.

Kind, davon ist keine Rede. Aber ich werd' dir 'was sagen: wenn wir weggeh'n, geh'n wir zusammen wohin nachtmahlen.

Das süße Mädel.

Oh nein. Dazu hab' ich keine Zeit. Und dann, wohin sollen wir denn? Es könnt' uns ja 'wer Bekannter seh'n.

Der Dichter.

Hast du denn gar so viel Bekannte?

Das süße Mädel.

Es braucht uns ja nur Einer zu seh'n, ist's Malheur schon fertig.


Der Dichter.

Was ist denn das für ein Malheur?

Das süße Mädel.

Na, was glaubst, wenn die Mutter 'was hört ....

Der Dichter.

Wir können ja doch irgend wohin gehen, wo uns niemand sieht, es gibt ja Gasthäuser mit einzelnen Zimmern.

Das Süße Mädel (singend).

Ja, beim Souper im chambre separ6e!

Der Dichter.

Warst du schon einmal in einem chambre separ^e?

Das süße Mädel.

Wenn ich die Wahrheit sagen soll — ja.

Der Dichter.

Wer war der Glückliche?

Das süße Mädel.

Oh das ist nicht, wie du meinst .... ich


war mit meiner Freundin und ihrem Bräu- tigam. Die haben mich mitgenommen.

Der Dichter.

So. Und das soll ich dir am End' glauben?

Das süße Mädel.

Brauchst mir ja nicht zu glauben I

Der Dichter (nah bei ihr).

Bist du jetzt rot geworden? Man sieht nichts mehr ! Ich kann deine Züge nicht mehr aus- nehmen. (Mit seiner Hand berührt er ihre Wangen.) Aber auch so erkenn' ich dich.

Das süße Mädel.

Na, pass' nur auf, daß du mich mit keiner andern verwechselst.

Der Dichter.

Es ist seltsam, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie du aussiehst.

Das süße Mädel Dank' schön 1


Der Dichter (ernst).

Du, das ist beinah' unheimlich, ich kann mir dich nicht vorstellen — In einem ge- wissen Sinne hab' ich dich schon vergessen — Wenn ich mich auch nicht mehr an den Klang* deiner Stimme erinnern könnte .... was wärst du da eigentlich? — Nah und fern zugleich .... unheimlich.

Das süße Mädel.

Geh', was redst denn — ?

Der Dichter.

Nichts, mein Engel, nichts. Wo sind deine Lippen .... (Er küßt sie)

Das süße Mädel

Willst nicht lieber Licht machen?

Der Dichter.

Nein .... (Er wird sehr zärtlich.) Sag', ob du

mich lieb hast.

Das süße Mädel Sehr .... oh sehr!


Der Dichter.

Hast da schon irg-endwen so lieb gehabt wie mich?

Das süße Mädel

Ich hab' dir ja schon gesagt nein.

Der Dichter.

Aber .... (er seufzt).

Das süße Mädel.

Das ist ja mein Bräutigam gewesen.

Der Dichter.

Es war* mir lieber, du würdest jetzt nicht an ihn denken.

Das süße Mädel.

Geh' . . . was machst denn . . . schau . . .

Der Dichter.

Wir können uns jetzt auch vorstellen, daß wir in einem Schloß in Indien sind.

Das süße Mädel.

Dort sind s' gewiß nicht so schlimm wie du.


Der Dichter.

Wie blöd 1 Göttlich — Ah wenn du ahntest, was du für mich bist ....

Das süße Mädel.

Na?

Der Dichter.

Stoß' mich doch nicht immer weg; ich tu' dir ja nichts — vorläufig".

Das süße Mädel.

Du, das Mieder tut mir weh.

Der Dichter (einfach). Zieh's aus.

Das süße Mädel.

Ja. Aber du darfst deswegen nicht schlimm

werden.

Der Dichter. Nein.

Das SÜße Mädel (bat sich erhoben und zieht in der Dunkelheit ihr Mieder aus).

Reisen. 11


Der Dichter (der währenddessen auf dem Divan sitct).

Sag 9 , interessiert's dich's denn gax nicht, wie ich mit dem Zunamen heiß'?

Das süße Mädel

Ja, wie heißt du denn?

Der Dichter.

Ich werd' dir lieber nicht sagen, wie ich heiß 1 , sondern wie ich mich nenne.

Das süße Mädel.

Was ist denn da für ein Unterschied?

Der Dichter.

Na, wie ich mich als Schriftsteller nenne.

Das süße Mädel.

Ah, du schreibst nicht unter deinem wirk- lichen Namen?

Der Dichter (nah zu ihr).

Das süße Mädel

Ah .... g-eh! .... nicht.


Der Dichter.

Was einem da für ein Duft entgegensteig-t Wie SÜß. (Er küßt ihren Busen.)

Das süße Mädel.

Du zerreißt ja mein Hemd.

Der Dichter.

Weg* .... weg" .... alles das ist über- flüssig*.

Das süße Mädel. Aber Robertl

Der Dichter.

Und jetzt komm' in unser indisches Schloß.

Das süße Mädel.

Sag-* mir zuerst, ob du mich wirklich Heb hast.

Der Dichter.

Aber ich bete dich ja an. (Küßt sie heiß.) Ich bete dich ja an, mein Schatz, mein Früh- ling* . . . mein . . .


164


Das süße Mädel. Robert .... Robert


Der Dichter.

Das war überirdische Seligkeit . . . . Ich nenne mich ....

Das süße Mädel. Robert, oh mein Robert!

Der Dichter.

Ich nenne mich Biebitz.

Das süße Mädel.

Warum nennst du dich Biebitz?

Der Dichter.

Ich heiße nicht Biebitz — ich nenne mich so ... . nun, kennst du den Namen viel- leicht nicht?

Das süße MädeL

Neia.


Der Dichter.

Du kennst den Namen Biebitz nicht? Ah — göttlich 1 Wirklich? Du sagst es nur, &6 du ihn nicht kennst, nicht wahr?

Das süße Mädel.

Meiner Seel', ich hab' ihn nie gehört l

Der Dichter.

Gehst du denn nie ins Theater?

Das süße Mädel.

Oh ja — ich war erst neulich mit einem — weißt, mit dem Onkel von meiner Freundin und meiner Freundin sind wir in der Oper gewesen bei der Cavalleria.

Der Dichter.

Hm, also ins Burgtheater gehst du nie.

Das süße MädeL

Da krieg ich nie Karten geschenkt

Der Dichter.

Ich werde dir nächstens eine Karte schicken.


Das süße Mädel.

Oh ja! aber nicht vergessen! Zu 'was Lustigem

aber.

Der Dichter.

Ja lustig- zu 'was Traurigem willst

du nicht geh'n?

Das süße Mädel. Nicht gern.

Der Dichter.

Auch wenn's ein Stück von mir ist?

Das süße Mädel.

Geh' — ein Stück von dir? Du schreibst

für's Theater?

Der Dichter.

Erlaube, ich will nur Licht machen. Ich habe dich noch nicht gesehen, seit du meine Geliebte bist. — Engel 1 (Er «ündet eine Kerze an.)

Das süße Mädel.

Geh', ich schäm' mich ja. Gib mir wenigstens eine Decke.


Der Dichter.

Später! (Er kommt mit dem Licht xu ihr, betrachtet sie lang.)

Das Süße Mädel (bedeckt ihr Gesicht mit den Händen).

Geh', Robertl

Der Dichter.

Du bist schön, du bist die Schönheit, du bist vielleicht sogar die Natur, du bist die heilige Einfalt.

Das süße Mädel.

Oh weh, du tropfst mich ja an I Schau, was gibst denn nicht achtl

Der Dichter (stellt die Kerse weg).

Du bist das, was ich seit lange gesucht habe. Du liebst nur mich, du würdest mich auch lieben, wenn ich Schnittwarencommis wäre. Das tut wohl. Ich will dir gestehen, daß ich einen gewissen Verdacht bis zu diesem Moment nicht losgeworden bin. Sag' ehrlich, hast du nicht geahnt, daß ich Biebitz bin?


Das süße Mädel.

Aber geh', ich weiß gar nicht, was du von mir willst. Ich kenn' ja gar kein' Biebite.

Der Dichter.

Was ist der Ruhm! Nein, vergiß, was ich gesagt habe, vergiß sogar den Namen, den ich dir gesagt hab\ Robert bin ich und will ich für dich bleiben. Ich hab' auch nur gescherzt. (Leicht) Ich bin ja nicht Schrift- steller, ich bin Commis und am Abend spiel' ich bei Volkssängern Klavier.

Das süße Mädel.

Ja, jetzt kenn' ich mich aber nicht mehr aus nein, und wie du einen nur an- schaust. Ja, was ist denn, ja was hast denn?

Der Dichter.

Es ist sehr sonderbar — was mir beinah' noch nie passiert ist, mein Schatz, mir sind die Tränen nah. Du ergreifst mich tief. Wir wollen zusammen bleiben, ja? Wir werden einander sehr lieb haben.


Das süße Mädel.

Du, ist das wahr mit den Volkssängern?

Der Dichter.

Ja, aber frag-' nicht weiter. Wenn du mich lieb hast, frag' überhaupt nichts. Sag', kannst du dich auf ein paarWochen ganz frei machen ?

Das süße Mädel. Wieso ganz frei?

Der Dichter.

Nun, vom Hause weg?

Das süße Mädel.

Aber II Wie kann ich dasl Was möcht' die Mutter sagen? Und dann, ohne mich ging' ja alles schief zu Haus.

Der Dichter.

Ich hatte es mir schön vorgestellt, mit dir zusammen, allein mit dir, irgendwo in der Einsamkeit draußen, im Wald, in der Natur

ein paarWochen zu leben. Natur in der

Natur. Und dann, eines Tages Adieu — von einander gehen, ohne zu wissen, wohin.


Das süße Mädel.

Jetzt redst schon vom Adieusagen! Und ich hab' gemeint, daß du mich so gern hast.

Der Dichter.

Gerade darum — (Beugt «ich zu ihr und küßt sie auf die Stirn.) Du SÜßeS GeSchopf!

Das süße Mädel.

Geh', halt mich fest, mir ist so kalt.

Der Dichter.

Es wird Zeit sein, daß du dich anklei- dest. Warte, ich zünde dir noch ein paar Kerzen an.

Das süße Mädel (erhebt sich). Nicht herschauen.

Der Dichter.

Nein. (Am Fenster.) Sag' mir, mein Kind, bist du glücklich?

Das süße MädeL Wie meinst das?


Der Dichter.

Ich mein' im allgemeinen, ob du glücklich bist?

Das süße Mädel.

Es könnt' schon besser gehen.

Der Dichter.

Du mißverstehst mich. Von deinen häus- lichen Verhältnissen hast du mir ja schon genug erzählt. Ich weiß, daß du keine Prinzessin bist. Ich mein', wenn du von alledem absiehst, wenn du dich einfach leben spürst. Spürst du dich überhaupt leben?

Das süße Mädel.

Geh', hast kein' Kamm?

Ber Dichter (geht zum Toilettetisch, gibt ihr den Kamm, betrachtet das süße Mädel).

Herrgott, siehst du so entzückend aus!

Das süße Mädel.

Na ... . nicht!

Der Dichter.

Geh', bleib' noch da, bleib' da, ich hol' 'was

zum Nachtmahl und ....


Das süße Mädel.

Aber es ist ja schon viel zu spät.

Der Dichter.

Es ist noch nicht neun.

Das süße Mädel.

Na, sei so gut, da muß ich mich aber tummeln.

Der Dichter.

Wann werden wir uns denn wiedersehen?

Das süße Mädel.

Na, wann willst mich denn wiedersehen?

Der Dichter. Morgen.

Das süße Mädel

Was ist denn morgen für ein Tag?

Der Dichter.

Samstag.

Das süße Mädel.

Oh da kann ich nicht, da muß ich mit meiner

kleinen Schwester zum Vormund.


Der Dichter.

Also Sonntag .... hm .... Sonntag .... am Sonntag .... jetzt werd' ich dir 'was erklären. — Ich bin nicht Biebitz, aber Biebitz ist mein Freund. Ich werd' dir ihn einmal vorstellen. Aber Sonntag ist das Stück von Biebitz ; ich werd' dir eine Karte schicken und werde dich dann vom Theater abholen. Du wirst mir sagen, wie dir das Stück gefallen hat; ja?

Das süße Mädel.

Jetzt, die G'schicht* mit dem Biebitz — da bin ich schon ganz blöd.

Der Dichter.

Völlig werd' ich dich erst kennen, wenn ich weiß, was du bei diesem Stück empfunden hast.

Das süße Mädel.

So ... t ich bin fertig.

Der Dichter. Komm', mein Schätzt

(Sic geben.)



DER DICHTER UND DIE 5CHAU5PIELERIN



Ein Zimmer in einem Gasthof auf dem Land.

Es ist ein Frühlingsabend; über den Wiesen und 'Hügeln

liegt der Mond; die Fenster stehen offen.

Große Stille.

Der Dichter und die Schauspielerin treten ein; wie sie

hereintreten, verloscht das Licht, das der 4 Dichter in der

Hand hält

Dichter, Oh ... .

Schauspielerin. Was ist denn?

Dichter.

Das Licht. — Aber wir brauchen keins. Schau', es ist ganz hell. Wunderbar!

Schauspielerin (sinkt am Fenster plötzlich nieder, mit gefalteten Händen).

Dichter.

Was hast du denn?

Reigen. 12


Schauspielerin (schweigt).

Dichter (zu ihr hin).

Was machst du denn?

Schauspielerin (empört).

Siehst du nicht, daß ich bete? —

Dichter.

Glaubst du an Gott?

Schauspielerin.

Gewiß, ich bin ja kein blasser Schurke.

Dichter. Ach sol

Schauspielerin.

Komm' doch zu mir, knie dich neben mich hin. Kannst wirklich auch einmal beten. Wird dir keine Perle aus der Krone fallen.

Dichter (kniet neben sie hin und umfaßt sie).

Schauspielerin.

Wüstling I — (Erhebt sich.) Und weißt du auch, zu wem ich gebetet habe?


Dichter« 

Zu Gott, nehm* ich an.

Schauspielerin. (Großer Hohn.) Jawohl! zu dir hab' ich gebetet.

Dichter.

Warum hast du denn da zum Fenster hinaus- geschaut?

Schauspielerin.

Sag* mir lieber, wo du mich da hingeschleppt hast, Verführer I

Dichter.

Aber Kind, das war ja deine Idee. Du wolltest ja auf's Land — und gerade hieher.

Schauspielerin.

Nun, hab' ich nicht recht gehabt?

Dichter.

Gewiß; es ist ja entzückend hier. Wenn man bedenkt, zwei Stunden von Wien — und die völlige Einsamkeit. Und was für eine Gebend !

Vi*


Schauspielerin.

Was? Da könntest du wohl mancherlei dichten, wenn du zufällig Talent hättest.

Dichter.

Warst du hier schon einmal?

Schauspielerin.

Ob ich hier schon war? Hai Hier hab' ich jahrelang* gelebt I

Dichter. Mit wem?

Schauspielerin.

Nun, mit Fritz natürlich.

Dichter. Ach sol

Schauspielerin.

Den Mann hab' ich wohl angebetet! —

Dichter.

Das hast du mir bereits erzählt.


Schauspielerin.

Ich bitte — ich kann auch wieder gehen, wenn ich dich langweile!

Dichter.

Du mich langweilen? .... Du ahnst ja gar nicht, was du für mich bedeutest .... Du bist eine Welt für sich .... Du bist das Göttliche, du bist das Genie .... Du bist .... Du bist eigentlich die heilige Einfalt .... Ja, Du .... Aber du solltest jetzt nicht von Fritz reden.

Schauspielerin.

Das war wohl eine Verirrung! Na! —

Dichter.

Es ist schön, daß du das einsiehst*

Schauspielerin.

Komm, her, gib mir einen Kuß!

Dichter (kaflt sie).

Schauspielerin.

Jetzt wollen wir uns aber eine gute Nacht

sagen! Leb' wohl, mein Schatz!


Dichter.

Wie meinst du das?

Schauspielerin« 

Nun, ich werde mich schlafen legen!

Dichter.

Ja, — das schon, aber was das gute Nacht sagen anbelangt .... Wo soll denn ich übernachten?

Schauspielerin.

Es gibt gewiß noch viele Zimmer in diesem Haus.

Dichter.

Die anderen haben aber keinen Reiz für mich. Jetzt werd' ich übrigens Licht machen, meinst du nicht?

Schauspielerin. Ja.

Dichter (rundet das Lieht an, Jas auf dem Nacht- kastchen steht).

Was für ein hübsches Zimmer .... und




fromm sind die Leute hier. Lauter Heiligen- bilder .... Es wäre interessant, eine Zeit unter diesen Menschen zu verbringen .... doch eine andre Welt. Wir wissen eigent- lich so wenig von den andern.

Schauspielerin.

Rede keinen Stiefel und reiche mir lieber

diese Tasche vom Tisch herüber.

Dichter.

Hier, meine Einzige!

Schauspielerin (nimmt aus dem Täschchen ein kleines, gerahmtes Bildchen, stellt es auf das Nachtkästchen).

Dichter. Was ist das?

Schauspielerin.

Das ist die Madonna.

Dichter.

Die hast du immer mit?

Schauspielerin.

Die ist doch mein Talisman. Und jetzt geh',

Robert!


Dichter« 

Aber was sind das für Scherze? Soll ich dir nicht helfen?

Schauspielerin« 

Nein, du sollst jetzt geh'n.

Dichter.

Und wann soll ich wiederkommen?

Schauspielerin. In zehn Minuten.

Dichter (küßt sie). Auf Wiedersehen!

Schauspielerin« 

Wo willst du denn hin?

Dichter.

Ich werde vor dem Fenster auf und ab- gehen. Ich liebe es sehr, nachts im Freien herumzuspazieren. Meine besten Gedanken kommen mir so. Und gar in deiner Nähe, von deiner Sehnsucht sozusagen umhaucht .... in deiner Kunst webend.


Schauspielerin.

Du redest wie ein Idiot ....

Dichter (schmerzlich).

Es gibt Frauen, welche vielleicht sagen würden . . . . wie ein Dichter.

Schauspielerin.

Nun geh' endlich. Aber fang' mir kein Ver- hältnis mit der Kellnerin an. —

Dichter (geht).

Schauspielerin (kleidet sich ans. Sie hört, wie der Dichter über die Holztreppe hinuntergeht und hört jetzt seine Schritte unter dem Fenster. Sie geht, sobald sie ausge- kleidet ist, zum Fenster, sieht hinunter, er steht da; sie ruft flüsternd hinunter). Komm' !

Dichter (kommt rasch herauf; stürzt zu ihr, die sich unterdessen ins Bett gelegt und das Licht ausgelöscht hat; er sperrt ab).

Schauspielerin.

So, jetzt kannst du dich zu mir setzen und mir 'was erzählen.


Dichter (setzt sich zu ihr aufs Bett).

Soll ich nicht das Fenster schließen? Ist dir nicht kalt?

Schauspielerin, Oh nein!

Dichter,

Was soll ich dir denn erzählen?

Schauspielerin.

Nun, wem bist du in diesem Moment untreu?

Dichter.

Ich bin es ja leider noch nicht.

Schauspielerin.

Nun, tröste dich, ich betrüge auch jemanden.

Dichter.

Das kann ich mir denken.

Schauspielerin.

Und was glaubst du, wen?


Dichter.

Ja Kind, davon kann ich keine Ahnung 1 haben.

Schauspielerin«  Nun, rate.

Dichter.

Warte .... Na, deinen Direktor.

Schauspielerin.

Mein Lieber, ich bin keine Choristin.

Dichter.

Nun, ich dachte nur.

Schauspielerin. Rate noch einmal.

Dichter.

Also du betrügst deinen Kollegen . . . Benno —

Schauspielerin.

Ha! Der Maxin liebt ja überhaupt keine Frauen .... weißt du das nicht? Der Mann hat ja ein Verhältnis mit seinem Briefträger!


Dichter.

Ist das möglich 1 —

Schauspielerin.

So gib mir lieber einen Kußl

Dichter (umschlingt sie).

Schauspielerin.

Aber was tust du denn?

Dichter.

So quäl' mich doch nicht so.

Schauspielerin.

Höre, Robert, ich werde dir einen Vorschlag machen. Leg' dich zu mir ins Bett.

Dichter.

Angenommen 1

Schauspielerin.

Komm' schnell, komm' schnell!

Dichter.

Ja ... . wenn es nach mir gegangen wäre, war* ich schon längst .... Hörst du ... .


Schauspielerin. Was denn?

Dichter.

Draußen zirpen die Grillen.

Schauspielerin.

Du bist wohl wahnsinnig, mein Kind, hier gibt es ja keine Grillen.

Dichter.

Aber du hörst sie doch.

Schauspielerin.

Nun' so komm, endlich!

Dichter.

Da bin ich. (Zu ihr.)

Schauspielerin.

So, jetzt bleib' schon ruhig liegen

Pst nicht rühren.

Dichter.

Ja, was fällt dir denn ein?


Schauspielerin.

Du möchtest wohl gerne ein Verhältnis mit mir haben?

Dichter.

Das dürfte dir doch bereits klar sein.

Schauspielerin.

Nun, das möchte wohl mancher . . . •

Dichter.

Es ist aber doch nicht zu bezweifeln, daß in diesem Moment ich die meisten Chancen habe.

Schauspielerin.

So komm', meine Grille! Ich werde dich von nun an Grille nennen.

Dichter. Schön . . . .

Schauspielerin« 

Nun, wen betrüg' ich?


Dichter.

Wen? .... Vielleicht mich ....

Schauspielerin.

Mein Kind, du bist schwer gehirnleidend.

Dichter.

Oder einen den du selbst nie gesehen

einen, den du nicht kennst, einen —

der für dich bestimmt ist und den du nie finden kannst. . • .

Schauspielerin.

Ich bitte dich, rede nicht so märchenhaft blöd.

Dichter.

.... Ist es nicht sonderbar,. . . . auch du — und man sollte doch glauben. — Aber nein, es hieße dir dein bestes rauben, wollte man dir komm', komm' komm' —

Schauspielerin.

Das ist doch schöner, als in blödsinnigen Stücken spielen.... was meinst du?


Dichter.

Nun, ich mein', es ist gut, daß du doch zuweilen in vernünftigen zu spielen hast.

Schauspielerin.

Du arroganter Hund meinst gewiß wieder das deine?

Dichter. Jawohl !

Schauspielerin (ernst).

Das ist wohl ein herrliches Stück I

Dichter. Nun alsol

Schauspielerin.

Ja, du bist ein großes Genie, Robert!

Dichter.

Bei dieser Gelegenheit könntest du mir übrigens sagen, warum du vorgestern ab- gesagt hast. Es hat dir doch absolut gar nichts gefehlt.


Schauspielerin.

Nun, ich wollte dich ärgern.

Dichter.

Ja warum denn? Was hab' ich dir denn

getan?

Schauspielerin« 

Arrogant bist du gewesen.

Dichter. Wieso?

Schauspielerin.

Alle im Theater finden es. .

Dichter. So.

Schauspielerin.

Aber ich hab' ihnen gesagt : Der Mann hat wohl ein Recht, arrogant zu sein.

Dichter.

Und was haben die anderen geantwortet?

Rri&en. 13


Schauspielerin.

Was sollen mir denn die Leute antworten?

Ich rede ja mit keinem.

Dichter. Ach so.

Schauspielerin.

Sie möchten mich am liebsten alle vergiften. Aber das wird ihnen nicht gelingen.

Dichter.

Denke jetzt nicht an die anderen Menschen. Freue dich lieber, daß wir hier sind und sage mir, daß du mich lieb hast.

Schauspielerin.

Verlangst du noch weitere Beweise?

Dichter.

Bewiesen kann das überhaupt nicht werden.

Schauspielerin.

Das ist aber großartig I Was willst du denn noch?


Dichter.

Wie vielen hast du es schon auf diese Art beweisen wollen hast du alle geliebt?

Schauspielerin.

Oh nein. Geliebt hab' ich nur einen.

Dichter (umarmt iic).

Mein. . ..

Schauspielerin« 

Fritz.

Dichter.

Ich heiße Robert. Was bin denn ich für dich, wenn du jetzt an Fritz denkst?

Schauspielerin.

Du bist eine Laune.

Dichter.

Gut, daß ich es weiß.

Schauspielerin.

Nun sag*', bist du nicht stolz?

13*


Dichter.

Ja, weshalb soll ich denn stolz sein?

Schauspielerin« 

Ich denke, daß du wohl einen Grund dazu hast

Dichter.

Ach deswegen.

Schauspielerin.

Jawohl, deswegen, meine blasse Grille 1 — Nun, wie ist das mit dem Zirpen? Zirpen sie noch?

Dichter.

Ununterbrochen. Hörst du's denn nicht?

Schauspielerin.

Freilich hör* ich. Aber das sind Frösche, mein Kind.

Dichter.

Du irrst Dich; die quake*.


Schauspielerin. Gewiß quaken sie.

Dichter.

Aber nicht hier, mein Kind, hier wird gezirpt.

Schauspielerin« 

Du bist wohl das eigensinnigste, was mir je untergekommen ist Gib mir einen Kuß, mein Frosch I

Dichter.

Bitte sehr, nenn' mich nicht so. Das macht mich direkt nervös.

Schauspielerin.

Nun, wie soll ich dich nennen.

Dichter.

Ich hab' doch einen Namen: Robert

Schauspielerin.

Ach, das ist zu dumm.

Dichter.

Ich bitte dich aber, mich einfach so zu nennen,

wie ich heiße.



Schauspielerin.

Also Robert, gib mir einen Kuß . . . Ah! (Sie küßt ihn.) Bist du jetzt zufrieden, Frosch? Hahahaha.

Dichter.

Würdest du mir erlauben, mir eine Zigarette anzuzünden?

Schauspielerin. Gib mir auch eine.

Er nimmt die Zigarettentasche rom Nachtkästchen, ent- nimmt ihr swei Zigaretten, zündet beide an, gibt ihr eine.

Schauspielerin.

Du hast mir übrigens noch kein Wort über meine gestrige Leistung gesagt.

Dichter.

Über welche Leistung?

Schauspielerin«  Nun.

Dichter.

Ach so. Ich war nicht im Theater.


Schauspielerin.

Du beliebst wohl zu scherzen.

Dichter.

Durchaus nicht. Nachdem du vorgestern abgesagt hast, habe ich angenommen, daß du auch gestern noch nicht im Vollbesitze deiner Kräfte sein würdest und da hab' ich lieber verzichtet.

Schauspielerin.

Du hast wohl viel versäumt.

Dichter. So.

Schauspielerin.

Es war sensationell. Die Menschen sind blaß geworden.

Dichter.

Hast du das deutlich bemerkt?

Schauspielerin.

Benno sagte: Kind, du hast gespielt wie eine Gottin.


"AAA


Dichter.

Hm! ..... Und vorgestern noch so krank.

Schauspielerin.

Jawohl; ich war es auch. Und weißt du warum? Vor Sehnsucht nach dir.

Dichter.

Früher hast du mir erzählt, du wolltest mich ärgern und hast darum abgesagt.

Schauspielerin.

Aber was' weißt du von meiner Liebe zu dir. Dich läßt das ja alles kalt. Und ich bin schon Nächtelang im Fieber gelegen, vierzig Grad!

Dichter.

Für eine Laune ist das ziemlich hoch.

Schauspielerin.

Laune nennst du da«5? Ich sterbe vor Liebe zu dir und du nennst ea Laune — ?!



201


Dichter.

Und Fritz . . . .?

Schauspielerin« 

Fritz? Rede mir nicht von dieseir

Galeerensträfling! —




DIE SCHAUSPIELERIN


UND DER GRflE



Das Schlafzimmer der Schauspielerin. Sehr üppig ein«  gerichtet. Es ist zwölf Uhr mittags; die Rouleaux sind noch herunter gelassen; auf dem Nachtkästchen brennt eine Kerze, die Schauspielerin liegt noch in ihrem Himmel- bett. Auf der Decke liegen sahireiche Zeitungen. Der Graf tritt ein in der Uniform eines Dragonerrittmeisters. Er bleibt an der Tür stehen. —

Schauspielerin. Ah, Herr Graf.

Grau

Die Frau Mama hat mir erlaubt, sonst war 9 ich nicht —

Schauspielerin.

Bitte, treten Sie nur naher.

Graf.

Küß' die Hand. Pard#n — wenn aas v#n der Straßen hereinkommt .... ich aeh 9



nämlich noch rein gar nichts. So .... da wären wir ja (am Bett): Küß die Hand.

Schauspielerin.

Nehmen Sie Platz, Herr Graf.

Graf.

Frau Mama sagte mir, Fräulein sind un- päßlich .... Wird doch hoffentlich nichts ernstes sein.

Schauspielerin.

Nichts ernstes? Ich bin dem Tode nahe gewesen 1

Graf.

Um Gotteswillen, wie ist denn das mög- lich?

Schauspielerin.

Es ist jedenfalls sehr freundlich, daß Sie sich zu mir bemühen.

Graf.

Dem Tode nahe ! Und gestern Abend haben

Sie noch gespielt wie eine Göttin.


Schauspielerin.

Es war wohl ein großer Triumph.

Graf.

Kolossal! .... Die Leute waren auch alle hingerissen. Und von mir will ich gar nicht reden.

Schauspielerin.

Ich danke für die schönen Blumen.

Graf.

Aber bitt' Sie Fräulein.

Schauspielerin (mit den Augen auf einen großen Blumenkorb weisend, der auf einem kleinen Tischchen auf dem Fenster steht).

Hier stehen sie.

Graf.

Sie sind gestern förmlich überschüttet worden mit Blumen und Kränzen.

Schauspielerin.

Das liegt noch alles in meiner Garderobe.

Nur Ihren Korb habe ich mit nach Hause

Gebracht


Graf (küßt ihr die Hand).

Das ist lieb von Ihnen.

Schauspielerin (nimmt die seine plotxlich und küßt sie).

Gral

Aber Fräulein.

Schauspielerin.

Erschrecken Sie nicht, Herr Graf, das ver- pflichtet Sie zu g-ar nichts.

Graf.

Sie sind ein sonderbares Wesen .... rätsel- haft könnte man fast sagen. — (Pause).

Schauspielerin.

Das Fräulein Birken ist wohl leichter auf- zulösen.

Graf.

Ja die kleine Birken ist kein Problem, ob- zwar .... ich kenne sie ja auch nur ober- flächlich.

Schauspieleria. Ha!


Graf.

Sie können mir's glauben. Aber Sie sind ein Problem. Danach hab' ich immer Sehn- sucht gehabt. Es ist mir eigentlich ein großer Genuß entgangen, dadurch, daß ich Sie gestern .... das erste Mal spielen gesehen habe.

Schauspielerin. Ist das möglich?

Graf.

Ja. Schauen Sie, Fräulein, es ist so schwer mit dem Theater. Ich bin gewöhnt, spät

zu dinieren also wenn man dann

hinkommt, ist's beste vorbei. Ist's nicht wahr?

Schauspielerin.

So werden Sie eben von jetzt an früher


Graf.

Ja, ich hab' auch schon daran gedacht. Oder gar nicht Es ist ja wirklich kein Ver- gnügen, das Dinieren.

Rdrm. 14.


Schauspielerin.

Was kennen Sie jugendlicher Greis eigent- lich noch für ein Vergnügen?

Graf.

Das frag' ich mich selber manchmal ! Aber ein Greis bin ich nicht. Es muß einen anderen Grund haben.

Schauspielerin. Glauben Sie?

Graf.

Ja. Der Lulu sagt beispielsweise, ich bin ein Philosoph. Wissen Sie, Fräulein, er meint, ich denk' zu viel nach.

Schauspielerin.

Ja ... . denken, das ist las Unglück.

Graf.

Ich hab' zu viel Zeit, d'rum denk' ich nach. Bitt' Sie, Fräulen, schauen S', ich hab' mir gedacht, wenn s' mich nach Wien trans- ferieren, wird's besser. Da gibt's Zerstreuung,



Anregung. Aber es ist im Grund doch nicht anders als da oben.

Schauspielerin.

Wo ist denn das da oben?

Graf.

Na, da unten, wissen S* Fräulein, in Ungarn, in die Nester, wo ich meistens in Garnison war.

Schauspielerin.

Ja, was haben Sie denn in Ungarn gemacht?

Graf.

Na, wie ich sag*, Fräulein, Dienst.

Schauspielerin.

Ja warum sind Sie denn so lang in Ungarn geblieben?

Graf.

Ja, das kommt so.

Schauspielerin.

Da muß man ja wahnsinnig werden.

14*


Graf.

Warum denn? Zu tun hat man eigentlich mehr wie da. Wissen S' Fräulein, Rekruten ausbilden, Remonten reiten .... und dann ist's nicht so arg mit der Gegend, wie man sagt. Es ist schon ganz was schönes, die Tiefebene — und so ein Sonnenuntergang, es ist schade, daß ich kein Maler bin, ich hab' mir manchmal gedacht, wenn ich ein Maler war', tat' ich's malen. Einen haben wir gehabt beim Regiment, einen jungen Splany, der hat's können. — Aber was er- zähl' ich Ihnen da für fade G'schichten, Fräulein.

Schauspielerin.

Oh bitte, ich amüsiere mich königlich.

Graf.

Wissen S' Fräulein, mit Ihnen kann man plaudern, das hat mir der Lulu schon g'sagt, und das isf s, was man selten find't.

Schauspielerin.

Nun freilich, in Ungarn.



Graf.

Aber in Wien grad' so ! Die Menschen sind aberall dieselben ; da wo mehr sind, ist halt das Gedrängt größer, das ist der ganze Unterschied. Sagen S' Fräulein, haben Sie die Menschen eigentlich gern? •

Schauspielerin.

Gern — ?? Ich hasse siel Ich kann keine seh'n! Ich seh' auch nie jemanden. Ich bin immer allein, dieses Haus betritt niemand.

Graf.

Seh'n S', das hab' ich mir gedacht, daß Sie eigentlich eine Menschenfeindin sind. Bei der Kunst muß das oft vorkommen. Wenn man so in den höheren Regionen .... na, Sie haben 's gut, Sie wissen doch wenigstens, warum Sie leben 1

Schauspielerin.

Wer sagt Ihnen das? Ich habe keine Ahnung, wozu ich lebel

Graf.

Ich bitt' Sie, Fräulein, — berühmt — geleiert —


Schauspielerin.

Ist das vielleicht ein Glück?

Graf.

Glück? Bitt' Sie Fräulein, Glück giebt's nicht. Überhaupt gerade die Sachen, von denen am meisten g*redt wird, giebt's nicht . . • z. B. Liebe. Das ist auch so 'was.

Schauspielerin.

Da haben Sie wohl recht.

Graf.

Genuß .... Rausch .... also gut, da läßt sich nichts sagen .... das ist 'was sicheres. Jetzt genieße ich, .... gut, weiß ich, ich genieß'. Oder ich bin berauscht, schön. Das ist auch sicher. Und ist's vorbei, so ist es halt vorbei.

Schauspielerin (groß). Es ist vorbei!

Graf.

Aber sobald man sich nicht, wie soll ich mich denn ausdrücken, sobald man sich nicht dem Moment hingiebt, also an später


denkt oder an früher . ... na, ist es doch gleich aus. Später .... ist traurig .... früher ist ungewiß .... mit einem Wort .... man wird nur konfus. Hab' ich nicht recht?

Schauspielerin (nickt mit großen Angen).

Sie haben wohl den Sinn erfaßt.

Graf.

Und sehen S', Fräulein, wenn einem das einmal klar geworden ist, ist's ganz egal, ob man in Wien lebt oder in der Pußta oder in Steinamanger. Schaun S' zum Bei- spiel .... wo darf ich denn die Kappen hinlegen? So, ich dank' schön .... wovon haben wir denn nur gesprochen?

Schauspielerin. Von Steinamanger.

Graf.

Richtig. Also wie ich sag', der Unterschied ist nicht groß. Ob ich am Abend im Kasino sitz' oder im Klub, ist doch alles eins.


AAA« 


Schauspielerin.

Und wie verhält sich denn das mit der Liebe?

Graf.

Wenn man d'ran glaubt, ist immer eine da, die einen gern' hat.

Schauspielerin.

Zum Beispiel das Fräulein Birken.

Graf.

Ich weiß wirklich nicht, Fräulein, warum Sie immer auf die kleine Birken zu reden kommen.

Schauspielerin.

Das ist doch Ihre Geliebte.

Graf.

Wer sagt denn das?

Schauspielerin.

Jeder Mensch weiß das.


Graf.

ß

Nur ich nicht, es ist merkwürdig.

Schauspielerin.

Sie haben doch ihretwegen ein Duell ge- habt!

Graf.

Vielleicht bin ich sogar tot geschossen worden und hab's gar nicht bemerkt.

Schauspielerin.

Nun, Herr Graf, Sie sind ein Ehrenmann. Setzen Sie sich näher.

Graf.

Bin so frei.

Schauspielerin.

Hierher (sie sieht ihn an sich, fährt ihm mit der Hand durch die Haare). Ich hab' gewußt, daß Sie heute kommen werden 1

Graf. Wieso denn?


Schauspielerei.

Ich hab' es bereits gestern im Theater gewußt.

Graf.

Haben Sie mich denn von der Bühne aus gesehen?

Schauspielerin.

Aber Mann ! Haben Sie denn nicht bemerkt, daß ich nur für Sie spiele?

Graf.

Wie ist das denn möglich?

Schauspielerin.

Ich bin ja so geflogen, wie ich Sie in der ersten Reihe sitzen sahl

Graf.

Geflogen? Meinetwegen? Ich hab' keine Ahnung gehabt, daß Sie mich bemerken 1

Schauspielerin.

Sie können einen auch mit Ihrer Vornehm- heit zur Verzweiflung bringen.



Graf.

Ja Fräulein . . • •

Schauspielerin.

Ja Fräulein"! ... So schnallen Sie doch wenigstens Ihren Säbel abl

Graf.

Wenn es erlaubt ist. (Schnallt ihn ab, lehnt ihn ans Bett).

Schauspielerin.

Und gib mir endlich einen Kuß.

Graf (küßt sie, sie läßt ihn nicht los).

Schauspielerin.

Dich hätte ich auch lieber nie erblicken sollen.

Graf.

Es ist doch besser sol —

Schauspielerin.

Herr Graf, Sie sind ein Poseurl


Graf.

Ich — warum denn?

Schauspielerin.

Was glauben Sie, wie glucklich war* mancher,

wenn er an Ihrer Stelle sein dürfte!

Graf.

Ich bin sehr glücklich.

Schauspielerin.

Nun, ich dachte, es gibt kein Glück. Wi«  schaust du mich denn an? Ich glaube Sie haben Angst vor mir, Herr Graf!

Graf.

Ich sag*s ja, Fräulein, Sie sind ein Problem.

Schauspielerin.

Ach laß' du mich in Frieden mit der Philo- sophie .... komm' zu mir. Und jetzt bitt' mich um irgend 'was .... du kannst alles haben, was du willst. Du bist zu schön.

Graf.

Also ich bitte um die Erlaubnis (ihre Haad


küssend), daß ich heute abends wiederkommen darf.

Schauspielerin.

Heut Abend .... ich spiele ja.

Graf.

Nach dem Theater.

Schauspielerin.

Um was anderes bittest du nicht?

Graf.

Um alles andere werde ich nach dem Theater bitten.

Schauspielerin (verletzt).

Da kannst du lange bitten, du elender Poseur.

Graf.

Ja schauen Sie, oder schau, wir sind doch bis jetzt so aufrichtig miteinander gewesen . . . Ich fände das alles viel schöner am Abend nach dem Theater • • • gemütlicher als jetzt,


AAA a


wo . • . ich hab' immer so die Empfindung, als könnte die Thür aufgeh'n ....

Schauspielerin« 

Die geht nicht von außen auf« 

Graf.

Schau' ich find', man soll sich nicht leicht- sinnig von vornherein 'was verderben, was möglicherweise sehr schön sein könnte.

Schauspielerin. Möglicherweise! . . . .

Graf.

In der Früh', wenn ich die Wahrheit sagen soll, find' ich die Liebe gräßlich.

Schauspielerin.

Nun — du bist wohl das irrsinnigste, was mir je vorgekommen ist !

Graf.

Ich red' ja nicht von beliebigen Frauen- zimmern .... schließlich im allgemeinen isf s ja egal. Aber Frauen wie du . . . nein,



du kannst mich hundertmal einen Narren heißen. Aber Frauen wie du ... . nimmt man nicht vor dem Frühstück zu sich. Und so ... . weißt . ... so ... .

Schauspielerin.

Gott, was bist du süßl

Graf.

Siehst du das ein, was ich gesagt hab\ nicht wahr. Ich stell mir das so vor —

Schauspielerin.

Nun, wie stellst du dir das vor?

Graf.

Ich denk' mir ich wart' nach dem

Theater auf dich in ein' Wagen, dann fahren wir zusammen also irgendwohin soupieren —

Schauspielerin.

Ich bin nicht das Fräulein Birken.

Graf.

Das hab' ich ja nicht gesagt. Ich find' nur, zu allem g'hört Stimmung. Ich komm' immer


erst beim Souper in Stimmung. Das ist dann das schönste, wenn man so vom Souper zusamm' nach Haus fahrt, dann ....

Schauspielerin. Was ist dann?

Graf.

Also dann . . . liegt das in der Entwicklung der Dinge.

Schauspielerin.

Setz' dich doch näher. Näher.

Graf (lieh aufs Bett setsend).

Ich muß schon sagen, aus den Polstern kommt so ein • • . Reseda ist das — nicht?

Schauspielerin.

Es ist sehr heiß hier, findest du nicht?

Graf (neigt sich und küflt Ihren Hals).

Schauspielerin.

Oh, Herr Graf, das ist ja gegen Ihr Pro- gramm.


Graf.

Wer sagt denn das? Ich hab' kein Programm,

Schauspielerin (sieht ihn an sich).

Graf.

Es ist wirklich heiß.

Schauspielerin.

Findest du? Und so dunkel, wie wenn's

Abend War* (reißt ihn an sich.) Es ist

Abend .... es ist Nacht .... Mach' die Augen zu, wenn's dir zu licht ist. Komm ! . • • Komm I . . . .

Graf (wehrt sich nicht mehr).

Schauspielerin

Nun, wie ist das jetzt mit der Stimmung, du Poseur?

Graf.

Du bist ein kleiner Teufel.

Schauspielerin,

Was ist das für ein Ausdruck?

Reigen. 15


Graf.

Na, also ein Engel.

Schauspielerin.

Und du hättest Schauspieler werden sollen I Wahrhaftig! Du kennst die Frauen I Und weißt du, was ich jetzt tun werde?

Graf.

Nun?

Schauspielerin.

Ich werde dir sagen, daß ich dich nie wieder- sehen will*

Graf.

Warum denn?

Schauspielerin.

Nein, nein. Du bist mir zu gefahrlich I Du machst ja ein Weib toll. Jetzt stehst du plötzlich vor mir, als war 9 nichts gescheh'n.

Graf. Aber


Schauspielerin.

Ich bitte sich zu erinnern, Herr Graf, ich bin soeben Ihre Geliebte gewesen.

Graf.

Ich werd's nie vergessen!

Schauspielerin.

Und wie ist das mit heute Abend?

Grafl

Wie meinst du das?

Schauspielerin.

Nun — du wolltest mich ja nach dem Theater erwarten?

Graf.

Ja, also gut, zum Beispiel übermorgen.

Schauspielerin.

Was heißt das, übermorgen? Es war doch von heute die Rede.

Graf.

Das hätte keinen rechten Sinn.

15*


Schauspielerin. Du Greis I

Graf.

Du verstehst mich nicht recht. Ich mein' das mehr, was, wie soll ich mich ausdrücken, was die Seele anbelangt

Schauspielerin.

Was geht mich deine Seele an?

Graf.

Glaub' mir, sie gehört mit dazu. Ich halte das für eine falsche Ansicht, daß man das so voneinander trennen kann.

Schauspielerin.

Laß mich mit deiner Philosophie in Frieden. Wenn ich das haben will, lese ich Bücher.

Graf.

Aus Büchern lernt man ja doch nie.

Schauspielerin.

Das ist wohl wahr! Drum sollst du mich heut' Abend erwarten. Wegen der Seele werden wir uns schon einigen, du Schurke t



Grat

Also wenn du erlaubst, so werde ich mit meinem Wagen

Schauspielerin.

Hier in meiner Wohnung wirst du mich erwarten —

Graf.


Nach dem Theater.


Schauspielerin. Natürlich.

(Er fchnaUt den Säbel um.)

Schauspielerin.

Was machst du denn da?

Graf.

Ich denke, es ist Zeit, daß ich geh'. Für einen Anstandsbesuch bin ich doch eigentlich schon ein bissei lang' geblieben.

Schauspielerin.

Nun, heut abend soll es kein Anstands- besuch werden.



230


Graf. Glaubst du?

Schauspielerin.

Dafür laß nur mich sorgen. Und jetzt gieb mir noch einen Kuß, mein kleiner Philosoph. So, du Verführer, du .... süßes Kind, du Seelenverkäufer, Du Dtis .... du ....

(Nachdem sie ihn ein paarmal heftig geküßt, stoßt sie ihn

heftig von sich.) Herr Graf, es war mir eine große Ehre!

Graf.

Ich küß 1 die Hand, Fräulein! (Bm d« Xhir.)

Auf Wiederschaun*.

Schauspielerin. Adieu, Steinamanger !




DER QRflE UND DIE DIRNE



Morgen, gegen sechs Uhr. Ein ärmliches Zimmer; einfenstrig, die gelblich-schmatzigen Rouletten sind heruntergelassen. Verschlissene grünliche Vorhänge. Eine Kommode, auf der ein paar Photographien stehen und ein auffallend geschmackloser, billiger Damen- hut liegt. Hinter dem Spiegel billige japanische Fächer. Anf dem Tisch, der mit einem rotlichen Schutztuch über- zogen ist, steht eine Petroleumlampe, die schwach brenzlich brennt; papierener, gelber Lampenschirm, daneben ein Krug, in dem ein Rest von Bier ist, und ein halb geleertes Glas. Auf dem Boden neben dem Bett liegen unordentlich Frauenkleider, als wenn sie eben rasch abgeworfen worden wären. Im Bett liegt schlafend die Dirne ; sie atmet ruhig. — Auf dem Divan, völlig angekleidet, liegt der Graf, im Drapp-Überzieher; der Hut liegt zu Häupten des Divans auf dem Boden.

Graf (bewegt sich, reibt die Augen, erhebt sich rasch, bleibt sitzen, schaut- um sich).

Ja, wie bin ich denn .... Ah so ... . Also bin ich richtig mit dem Frauenzimmer nach

Haus .... (Er steht rasch auf, sieht ihr Bett.) Da

liegt &' ja ... . Was einem noch alles in meinem Alter passieren kann. Ich hab' keine


/ "r^ ^"^ "284


Idee, haben s' mich da heraufgetragen? Nein .... ich hab' ja geseh'n — ich komm in das Zimmer .... ja ... . da bin ich noch wach gewesen oder wach worden .... oder .... oder ist vielleicht nur, daß mich das Zimmer an was erinnert?. .. . Meiner Seel', na ja ... . gestern hab' ich's halt g'seh'n .... (sieht auf die Uhr) was ! gestern, vor ein paar Stunden. — Aber ich hab's g'wußt,

daß 'was passieren muß ich hab's

g 'spürt .... wie ich ang'fangen hab' zu trinken gestern, hab' ich's g'spürt, daß ....

Und was ist denn passiert? Also

nichts Oder ist was ? Meiner

Seel .... seit .... also seit zehn Jahren ist mir so 'was nicht vorkommen, daß ich nicht weiß .... Also kurz und gut, ich war halt b'soffen. Wenn ich nur wüßt', von wann an ... . Also das weiß ich noch ganz genau, wie ich in das Hurenkaffeehaus hinein bin mit dem Lulu und .... nein, nein .... vom Sacher sind wir ja noch weg'gangen .... und dann auf dem Weg ist schon .... Ja richtig, ich bin ja in meinem Wagen g'fahren mit'm Lulu .... Was zerbrich ich mir denn viel den Kopf. Ist ja egal. Schau'n wir,


daß wir weiterkommen, (steht auf. Die Lampe wackelt) Oh! (Sieht auf die Schlafende.) Die hat halt einen g'sunden Schlaf. Ich weiß zwar von gar nix — aber ich werd' ihr 's Geld aufs Nachtkastei legen .... und Servus ....

(Er steht vor ihr, sieht sie lange an.) Wenn man nicht Wüßt', was Sie ist ! (Betrachtet sie lang.) Ich

hab' viel kennt, die haben nicht einmal im Schlafen so tugendhaft ausg'seh'n. Meiner Seel\ . . . also der Lulu mocht' wieder sagen, ich philosophier', aber es ist wahr, der Schlaf macht auch schon gleich, kommt mir vor; — wie der Herr Bruder, also der Tod. . . . Hm, ich mocht' nur wissen, ob. . . . Nein, daran müßt' ich mich ja erinnern. . . . Nein, nein, ich bin gleich da auf den Divan hergefallen .... und nichts is g'schehn .... Es ist unglaublich, wie sich manchmal alle Weiber ähnlich schauen .... Na geh'n wir. (Er will gehen.) Ja richtig. (Er nimmt die Brief- tasche und ist eben daran eine Banknote heraus- zunehmen.)

Dirne (wacht auf).

Na.... wer ist denn in aller Früh — ?

(Erkennt ihn). Servus, Bubi I


Graf.

Guten Morgen. Hast gut g 'schlafen?

Dirne (reckt »ich).

Ah, komm her. Pussi geben.

Graf (beugt sich zu ihr herab, besinnt sich, wieder fort).

Ich haV grad' fortgehen wollen ....

Dirne. Fortgeh'n?

Graf.

Es ist wirklich die höchste Zeit

Dirne.

So willst du fortgeh'n?

Graf (fast verlegen).

So

Dirne.

Na, Servus; kommst halt ein anderesmal.

Graf.

Ja, grüß dich Gott. Na, willst nicht das Handerl geben?


Dirne (gibt die Hand au der Decke hervor).

Graf (nimmt die Hand and küßt de mechanisch, bemerkt es, lacht).

Wie einer Prinzessin. Übrigens, wenn man nur

Dirne.

Was schaust mich denn so an?

Graf.

Wenn man nur das Kopferl sieht, wie jetzt . . . . beim Aufwachen sieht doch eine jede unschuldig aus .... meiner Seel, alles mögliche könnt' man sich einbilden, wenn's nicht so nach Petroleum stinken möcht'. . . .

Dirne.

Ja, mit der Lampen ist immer ein G'frett« 

Graf.

Wie alt bist denn eigentlich?

Dirne.

Na, was glaubst?


Graf. Vierundzwanzig« 

Dirne.

Ja freilich*

Graf.

Bist schon älter?

Dirne.

Ins zwanzigste geh' i.

Graf.

Und wie lang bist du schon

Dirne.

Bei dem Geschäft bin i ein Jahr!

Graf.

Da hast du aber früh ang'fangen.

Dirne.

Besser zu früh als zu spät.

Graf (setzt sich aufs Bett).

Sag' mir einmal, bist du eigentlich glücklich?


^289]

Dirne, Was?

Graf.

Also ich mein', geht's dir gut?

Dirne.

Oh', mir geht's alleweil gut

Graf.

So .... Sag', ist dir noch nie eing'fallen, daß du was anderes werden konntest?

Dirne.

Was soll i denn werden?

Graf.

Also .... Du bist doch wirklich ein hüb- sches Mädel. Du konntest doch z. B. einen Geliebten haben.

Dirne.

Meinst vielleicht, ich hab 9 kein?

Graf.

Ja, das weiß ich — ich mein' aber einen,


weißt einen, der dich aushalt, daß du nicht mit einem jeden zu geh'n brauchst.

Dirne.

I geh* auch nicht mit ein' jeden. Gott sei Dank, das hab' i net notwendig, ich such' mir s' schon aus.

Graf (sieht sich im Zimmer um).

Dirne (bemerkt das).

Im nächsten Monat zieh'n wir in die Stadt, in die Spiegelgasse.

Graf.

Wir? Wer denn?

Dirne.

Na, die Frau, und die paar anderen Mädeln, die noch da wohnen.

Graf.

Da wohnen noch solche —

Dirne.

Da daneben .... hörst net .... das ist die Milli, die auch im Kaffeehaus g'wesen ist.


Graf.

Da schnarcht wen

Dirne« 

Das ist schon die Milli, die schnarcht jetzt

weiter 'n ganzen Tag bis um zehn auf d*

Nacht Dann steht s' auf und geht ins

Kaffeehaus.

Graf.

Das ist doch ein schauderhaftes Leben.

Dirne.

Freilich. Die Frau gift* sich auch genug. Ich bin schon um zwölfe Mittag immer auf der Gassen.

Graf.

Was machst denn um zwölf auf der Gassen?

Dirne.

Was werd' ich denn machen? Auf den Strich geh' ich halt.

Graf.

Ah SO .... natürlich .... (Steht auf, nimmt Reffen 16


die Brieftasche heraas, legt ihr eine Banknote auf das Nachtkastei.) Adieu !

Dirne.

Gehst schon .... Servus .... Komm bald

wieder. (Legt sich auf die Seite.) Graf (bleibt wieder stehen).

Du, sag' einmal, dir ist schon alles egal — was?

Dirne. Was?

Graf.

Ich mein', dir macht's gar keine Freud' mehr.

Dirne (gähnt).

Ein' Schlaf hab' ich.

Graf.

Dir ist alles eins ob einer jung ist oder alt oder ob einer ....

Dirne.

Was fragst denn?


Graf.

.... Also (plötzlich auf etwas kommend) meiner

Seel', jetzt weiß ich, an wen du mich er- innerst, das ist ....

Dirne.

Schau i wem gleich?

Graf.

Unglaublich, unglaublich, jetzt bitt 1 ich dich aber sehr, red 1 gar nichts, eine Minute wenigstens . . . (schaut sie an) ganz dasselbe G'sicht, ganz dasselbe G'sicht. (Er küßt sie

plötzlich auf die Augen).

Dirne. Na . ...

Grat

Meiner Seel', es ist schad', daß du .... nichts and'res bist .... Du konntest ja du in Glück machen I

Dirne.

Du bist g*rad wie der Franz.


Graf.

Wer ist Franz?

Dirne.

Na der Kellner von unser'm Kaffeehaus ....

Graf.

Wieso bin ich grad' so wie der Franz?

Dirne.

Der sagt auch alleweil, ich könnt' mein Glück machen und ich soll ihn heiraten.

Graf.

Warum tust du's nicht?

Dirne.

Ich dank' schon .... ich möcht' nicht hei- raten, nein, um keinen Preis. Später einmal vielleicht.

Graf.

Die Augen .... ganz die Augen . . . Der Lulu möcht' sicher sagen, ich bin ein Narr — aber ich will dir noch einmal die Augen


küssen . . . . so .... und jetzt grüß dich Gott, jetzt geh* ich.

Dirne* Servus ....

Graf (bei der Thür).

Du . . . sag 9 . . . wundert dich das gar nicht. • .

Dirne. Was denn?

Grat

Daß ich nichts von dir will.

Dirne.

Es gibt viel Männer, die in der Früh nicht aufgelegt sind.

Graf.

Na ja... (Für sich.) Zu dumm, daß ich will, sie soll sich wundern . . . Also Servus . . . (Er ist bei der Thfir.) Eigentlich ärger' ich mich. Ich weiß doch, daß es solchen Frauen- zimmern nur aufs Geld ankommt . . . was sag 9 ich — solchen ... es ist schön . . . daß


sie sich wenigstens nicht verstellt, das sollte einen eher freuen. . . Du — weißt, ich komm nächstens wieder zu dir.

Dirne (mit geschlossenen Augen).

Gut

Graf.

Wann bist du immer zu Haus?

Dirne.

Ich bin immer zu Haus. Brauchst nur nach der Leocadia zu fragen.

Graf.

Leokadia .... Schön — Also grüß dich Gott. (Bei der Thür.) Ich hab' doch noch immer den Wein im Kopf. Also das ist doch das Höchste ... ich bin bei so einer und hab' nichts getan, als ihr die Augen geküßt, weil sie mich ao wen erinnert hat ... (Wendet sich zu ihr.) Du, Leokadie, passiert dir das öfter, daß man so weggeht von dir?

Dirne. Wie denn?


Grat

So wie ich?

Dirne.

In der Früh?

Grat

Nein . ... ob schon manchmal wer bei dir war, — und nichts von dir wollen hat?

Dirne.

Nein, das ist mir noch nie g'scheh'n.

Graf.

Also, was meinst denn? Glaubst, du g'fallst mir nicht?

Dirne.

Warum soll ich dir denn nicht g'fallen? Bei der Nacht hab' ich dir schon gefallen.

Grat

Du g'fallst mir auch jetzt.

Dirne. /

Aber bei der Nacht hab' ich dir besser gefallen.


Graf.

Warum glaubst du das?

Dirne.

Na, was fragst denn so dumm?

Grat

Bei der Nacht ... ja, sag', bin ich denn nicht gleich am Divan hing'fallen?

Dirne.

Na freilich . . . mit mir zusammen.

Graf. Mit dir?

Dirne.

Ja, weißt denn du das nimmer?

Graf.

Ich hab' wir sind zusammen

ja ....

Dirne.

Aber gleich bist eing'schlafen.


Graf.

Gleich bin ich ... So ... Also so war

das!...

Dirne.

Ja, Bubi. Du mußt aber ein' ordentlichen Rausch g'habt haben, daß dich nimmer erinnerst« 

Grat

So. . . — Und doch. ... es ist eine entfernte Ähnlxhkeit. . . Servus. . . (Lauscht) Was ist denn los?

Dirne.

Das Stubenmäd'l ist schon auf. Geh', gib ihr was beim Hinausgehen. Das Tor ist auch offen, ersparst den Hausmeister.

Graf.

Ja. (Im Vorzimmer.) Also ... Es war' doch

schon gewesen, wenn ich sie nur auf die Augen geküßt hätt'. Das wäre beinahe ein Abenteuer gewesen ... Es war mir halt

nicht bestimmt. (Das Stubenmädel steht da, öffnet

die Thür.) Ah — da haben S'. . . Gute Nacht. —


111


Stubenmädchen. Guten Morgen.

Graf.

Ja freilich . . . guten Morgen Morgen.


guten



Don Hrtbur Scbnttzler erfäieiten im t>erla$ 5. ^tfdjer, Berlin:

Das Märcbetl. 2. Auflage. <&elf. M. 2-50

Hnatol. Jffuftricrt con IH. <Lofd?cH. <5clj. M. 4-—

Sterben, rtooeüe. 3. 21uffoge. <ge$. M. 2-—

LtebcleU Scfaufptei. $. Auflage. <5efj. M 2 —

Freiwild. Sc^aufpiel. (Sefj. M. 2-—

Die f rau des Hielten, noüeIlcttcn.^2lufl. (Sei*. M. 2 — Das Vermächtnis. SdpmfpieL 2. 2lufr. <Seij. M. 2-— Der grüne Kakadu. Z)ret<£inafter.3.2lufl. <6e^. M. 2 — Der Schleier der Beatrice, styrafeiei.

2. »nflagc <5cfi. M. 2-50

f rau Bertha 6ar(an. Homan. 3. Slufr. <5ef^ M. 3- Lcutnant GuftL Zloveüt. 8. 2lnfl. <5elj. M. 1 —

Lebendige Stunden. Vicv (Einafter. <&elf. M. 2 —


Raout Huertibcimcr:

Roten, die wir nicht erreichen.

M. 2-50, geb. IL 3*50.

„Hamburger fremdcnblatt":

Per „IDiener Perlag 11 , ber uns bereits bie "Ktnntnxs etiler 2ln3aljl mirflidj auter unb origineller Baader vermittelt Ijat, läßt mit [einen „Rofen, bie mir nicbt erreidjen", aber«  mats ein gebtegenes IDerf in bie (bffcntlid^fett hinaus* ge^en. Der <£xfityev biefer fuqen <3efa)ia>ten aus bem leben erfreut ffaS einer jrifebe unb Selbjiaubigfeit ber 21nfdjannng unb babei eines Stiles oon {o befindendem Het3, \>a% man btn 2lutor olmemeiters in bie erfte Heilte ber mobernen (Er^d^ler 311 ffeuen r^at.

„Berliner Nattonalzeitung" (Wdt am ZTContag):

...IDer HaonI 2iuernt}eimer, ber jebem auf literarifdfem (Sebtet Perfterten »oljl febon begegnet tfi, noa) nidjt fennt, ber follte biefen (Sefdjidjtenbanb 3um Vermittler einer 5n»eife(los fetjr gennfjreid?eu Befanntfa?aft madjen. 2Iuern» Reimers <8efa?iqten »erben alle olme Eusnalmie von einem feinen ßnmor unb einer nodj feineren Satire getragen. Der Didier fdjaut 0011 ty^er Watte auf ZPelt unb riteufdjeii fyerab

„Brünner 8ornitagezeitung"t

(Enblidf mieber ein Bad?, bas man olme jegtidje

rrtttfd?e Bebenfen bem lefenbem publifum empfehlen rann. 2Iuernbeimer s&lflt unfrretttg 30 btn beliebteren unb liebens» mürbigften XPtener Hopelltßen. Seine reiche unb originelle (Erflnbungsgabe wirb burd? ein ooflenbetes £ormtaIent unterfrufct

Raout Huernheimer: Renee*

Sieben Kapitel eine» fraueukbtn*.

„Vit Zdf't M. 2-—, geb. M. 8 —

3uernfteimer Ijat unter unferen jüngeren ben metßen unb ben edjteften IDifc. Seine Bosheit tfl gefunb unb bnrdjaus nidjt gallig. <£r fdjreibt munter nnb fterjt aud> fo in bie IPelt, unb in feinem (Erftltng, „Höfen, bie mir nta>t erreidjeu," fierft tdftt poefte. 3it glanjenben


(Einfallen fetyt es in „Hene>" nio>t. (gletdj bie 2!rt, n»ie fta) „Rente" einen IKann einfäugt, tu voll (Seift <£in gleid? übermütiges Kapitel ift bte fitanier, in ber fie iljre abgebanften liebljaber am (Larodtifdf perforat Die £ignr

Selbfl ifi bnrajans roa^r^aftta beobachtet, nnb feljr fdjJm, a bidjterifdj ift es, mit ans lex einen Setmfudft ber mfibe geliebten Jfran i^r eine neue 3ugenb nueberfebrt. Sie f|at mit einem Htaler geliebelt, ber nadj 3eim ZJaijren fommen nnb bann fie fyolen tpollte. <£in gufafl eroecrt ibr Erinnern, nnn blfiljt fte in nener Sdjöntyeit anf für einen Coten. €s geljt nidjt olme manage ^ricolität in oem BtiaMein ab«  ,ffir HToraliften tjt es aber aua> fanm gebadjt «Sefdjrteben ifi es mit einer großen Sidjertjeit nnb 5lnmut; es tft feint Kapi^e im Stil, nur eine erfiaunltdje DirtuofttÄt. ttlan erfennt roieber einmal, urie nalje XPienerifajes nnb Stantf* fifdjes mtteinanber oenpanbt ftnb unb freut fldj, Dies an einem Bfidjlein feftftellen 3» fömten, bas keinerlei <5aHi* 3tsmen, noaj Anlehnungen enthält.

„frankfurter Zeitung:"

<£tne bitterböfe, aber umnberljfibfajc Satire aus bem Jfraucn* unb aus bem IDtenerleben. 3 n btx Sadje bitterböse, in ber form umnberljfibfd?, bemt gallig wirb unfer 2lntor nidjt. <fcr er3ä^lt mit bem Iiebensnnlrbtgften (Sefidjt uon ber XPelt feine unartige (Sefdjtdjte. 2lnf bafo mit eten nidjt attyn oft ernfl nnb feterlidj ba3n breinfet^en muffen, fomntt 3uu>etlen nur nidjt all 311 häufig ein XPort u>ie tin £}ieb aus feinen Wcfyclnben lippen. €r roeig, ba% er mit <5ra$\e plaubern fann unb einen lofen HTunb t^at. €r freut ftd> beffeu, madjt von beiben ausgiebigen (Sebraudf nnb ber Sefer freut fidj mit ifym.

„diener Hbtndpoft",

Den Ieiber 3a^lreid?en Cypus Rente Ijat 2lnern« 

Reimer ht geiftreid?er, uornetjmer, »o^ler3ogener Ironie

fefigeljalteu <3nt gefe^ene Situationen, glän3enbe

(Einfälle, eine <£legan3 in Stil nnb don fdjliejjen fia) 3U einem Silbe moberner <5efellfdjafts3ufWnbe.

cont)«arfe: Standhafte JVTädcben

„Deutfcbe Zeitung: M. 2-—

<£inc bei grauen fonf! nidjt geroölmlidjc 33eobad>tungs«  gäbe unb Sdjärfe 3Ctdmen biefcs 8tid? aus. €ine rdjtlidje $rifa?e haftet bzn beiben tloücücn an unb madjt fie *u 5U)et prSdjtigcn Stürfen unferer Jjetmatliteratur.


„frätihifcbe Morgcnzcitung":

€in fefjr amfifantes Sud?, burdj nttb burd> lebens* »aljr. Die Perfajferin analyftcrt mit großer UTeifierfdjaft „Das Dienfhnabdjen ©ott Ijeute" unb ftcflt ftd) in bie erfte Kettle unfercr ß^äljlerinnen; in ber Dienftbotenliteratur mag „Stanbfyaftc Htäb^en" neben Klara Piebigs Homan „Das tägüdje Örob" genannt fein. Durd> bie Immorifhfdje Jf3rbung ift bei (Eoni Warf mana^es noa? mafjrer.

„Dte Zeltet

Die beiben <£r3äl}lnngen, bie btn Jnljalt bes Stiles bilben, fallen burd? ij^rc ^Jrifdje befonbers auf. (Eine Ijeitere, gleidjfam bcfdjipicbtigte SinnIidjPeit entivicfelt bie Por* atotge einfach unb mit Wärme. Die (gehalten fhtb mit traft, beinahe mit IHänulicbFeit angefaßt.


Kr


felix Satten:

Hie <2ktenlitöfei ter fllrinjefltn ämto*

Umf djlagjetdmung von €m\l (Mit. M. 2*—, geb. M. 3 —

Rofrat T>r. Max Burkhard, f treibt m 6er „Zeit"*

Die foeben im tDiencr Perlag erfajienene ttovtllo Saltens tft oon einer ganj imgeiüölmlidjen ^redjfjeit. Sie iji aber nid>t nur fred?, fte ift and? gut, bie ^Jredjfyeit ftnft nidjt.fjerab 3iir lüfternen &ott, fte ergebt ftd? jn Mutiger 3ronie. Parabasco, £?er3og von Hiaücnua, betritt, ba er nSdjtlidjcr* tpetle eben felbft oon einem £iebesabenteuer fommt, feine 3d?tpeßer Zinna, wie fte beimlidj ans einem Pf5rtdjen bes pala^o (Sembi Iwfdjt Da er fidf Äbeqengen mag, baft Ser junge (Seinbt fein 3artes Qjebeimnts nidjt fitr fta? allein behalten r^at r entfd?lie§t er fid? refolut, aQem ge» Reimen ©C3tfd>cl unb (Setriebe baburd? üo^ubauen, ba§ er eine (gcbcnftafel am pala«o (Sembi anbringen lägt, anf ber mit burren {Porten ber (Djfentlidjfeit mitgeteilt urirb, was prinjeftfn 2Inna in biefem ^aufe erlebt tjat. lPeld?e folgen biefe (Eat bes &et$oq>s hat, n>ie insbefonbere bas gute Polf bie prin3effiu als IDo Ijit&term oon Hiaoenna im Criumptftiig buraj bie Stabt führt unb ifjr angeflajts ber «Scbcnftafel eine begeiferte ^uloigung barbringt, unb mie 3um Sdjluß ber £jer3oa an fid> felbft erfahrt, meldte Hntsanipenbungen ein einfaches HTäbajen aus bem erhabenen Beifpiele ber rereljrten ^ürjrin 3tebt — bas mdge jeber in bem Bnd^lem Icfeu. <£s fönnte m ber beßen Seit ber Henaiffanee gefdjrieben fein.






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