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Reigen

After the performance of Reigen in Berlin in 1920 both of the directors, Maximilian Sladek und Gertrud Eysoldt were arrested

German text

1921 Reigen von Arthur Schnitzler führte zum größten Theaterskandal des frühen 20. Jahrhunderts. Das Stück schildert in zehn erotischen Dialogen die „unerbittliche Mechanik des Beischlafs“ und zeichnet ein Bild der Moral in der Gesellschaft des Fin de siècle. Wenige Stunden vor der Berliner Uraufführung am 23. Dezember 1920 wurde die Vorstellung vom preußischen Kultusministerium verboten und den Direktoren sechs Wochen Haft angedroht, die Premiere fand dennoch statt. Am 22. Februar 1921 kam es zu Ausschreitungen, nachdem ein hoher Beamter der Berliner Polizei eine systematische Hetze gegen die Aufführungen initiiert hatte. Am 22. Februar gab es organisierte Tumulte in der Aufführung und eine johlende Saalschlacht. Abkommandierte völkische Beobachter, die meisten von ihnen im jugendlichen Alter, warfen Stinkbomben. Theaterleiter und Darsteller wurden in der Folge wegen „unzüchtiger Handlungen“ im sogenannten Reigen-Prozess vor Gericht gestellt, nach dem Schnitzler ein Aufführungsverbot für das Stück verhängte, das bis zum 1. Januar 1982 in Kraft war. Bei der Vorstellung in Wien stürmten am 7. Februar 1921 Demonstranten die Vorstellung und riefen „Nieder mit dem Reigen!“ und „Man schändet unsere Weiber!“, die Vorstellung musste abgebrochen werden. Am 16. Februar warfen Zuschauer Stinkbomben und 600 Demonstranten stürmten das Haus, zertrümmerten die Glasscheiben, drangen ins Parkett und in die Logen ein, von wo aus sie Stühle und Teer-Eier auf die Zuschauer warfen. Die Bühnenarbeiter beendeten den Tumult durch Einsatz der Feuerwehrschläuche.

German text

Nach der Uraufführung in Berlin wurden die beiden Direktoren des Kleinen Schauspielhauses, Maximilian Sladek und Gertrud Eysoldt, der Regisseur Hubert Reusch sowie die DarstellerInnen Elvira Bach, Fritz Kampers, Vera Skidelsky, Victor Schwanneke, Robert Forster-Larrinaga, Blanche Dergan, Tillo, Madeleine, Rieß-Sulzer, Delius und Copony wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" vor Gericht gestellt. Der Prozess fand vom 5.-18. November 1921 in Berlin statt.

Die Zeugin Elise Gerken (Mitglied des "Volksbundes für Anstand und gute Sitte") sagte in der Verhandlung aus: „Ich habe viele Leute, ältere und jüngere, Männer und Frauen, gesprochen, die das Stück gesehen hatten, und ich fand von ihnen das Urteil bestätigt, das ich aus der Lektüre gewonnen hatte, daß auch die dezenteste Darstellung der Schauspieler nicht imstande ist, den Schmutz und die Gemeinheit des Werkes abzumildern und seiner Unsittlichkeit zu entkleiden. Nach meinem Eindruck, den ich auch am Sonntag in der Gerichtsvorstellung verstärkt fand, wird hier zehnmal der Akt, die innigste Vereinigung von Mann und Frau dargestellt, in seiner rohesten und gemeinsten Form, entkleidet von all den ethischen Momenten, von all den idealen Momenten, die sonst diesen Verkehr zwischen Mann und Frau aus dem Tierischen ins Menschliche erheben. Die zehnmal sich prostituierenden Weiber in diesem Stück geben sich, z. T. nach wenigen Minuten, einem ihnen nicht einmal dem Namen nach bekannten Manne hin, sie bieten sich selbst an. Besonders scharf gekennzeichnet wird der ganze Vorgang auch dadurch, daß nach dem Akt der Mann sich fast jedesmal in einer zynischen Brutalität von dem Weibe, das ihm eben willig war, abwendet und sie zum Teil zurückstößt – ein Zeichen dafür, daß hier von Liebe oder von irgendwelchen seelischen Beziehungen gar nicht die Rede ist!"

Andere Zeugen kritisierten eine "Verherrlichung des Ehebruchs", nahmen Anstoss an der "Aussprache über die nervösen Störungen des jungen Mannes" und kritisierten insbesondere die Tatsache, dass die junge Frau an ein und demselben Tag Ehebruch begeht und danach mit ihrem Ehemann schläft (obwohl dies aus dem Text nicht abzuleiten ist), und dass der Rhythmus der Musik während des Fallen der Vorhangs "Beischlafbewegungen" wiedergegeben habe.

Nach fünftägiger Verhandlung, bei der auch zahlreiche angesehene Literaturwissenschaftler, Theaterleute und Publizisten wie Alfred Kerr, Ludwig Fulda, Felix Hollaender, Georg Witkowski und Herbert Ihering als Sachverständige gehört wurden, erfolgten Freisprüche, da die Aufführung in keiner Weise "obszön oder anstößig" gewesen sei. Die Schauspieler hätten sich „höchster Dezenz befleißigt“. In der Urteilsbegründung führte das Gericht aus:

„Das Stück verfolgt, wie das Gericht aus der Beweisaufnahme feststellt, einen sittlichen Gedanken. Der Dichter will darauf hinweisen, wie schal und falsch das Liebesleben sich abspielt. Er hat nach Auffassung des Gerichts, nicht die Absicht gehabt. Lüsternheit zu erwecken. (...) Die Sprache des Buches ist fein und leicht. Die Charaktere werden mit wenigen scharfen Strichen vorzüglich gezeichnet. Die dramatischen Verwicklungen sind mit psychologischer Feinheit entwickelt. Die Handlung wird in jedem Bilde bis unmittelbar vor den Beischlaf durchgeführt, der in dem Buche durch Gedankenstriche angedeutet wird. Darauf setzt die Handlung wieder ein, die die Wirkung des geschlechtlichen Rausches skizziert. Die geschlechtliche Beiwohnung selbst wird nicht beschrieben. Sie tritt vollkommen zurück, sie ist dem Dichter nur Mittel zum Zweck."

Der Prozeß fand ein großes Echo in literarischen und künstlerischen Kreisen: Es ging dabei um mehr als nur darum, ob es sich bei „Reigen“ um Kunst oder Unmoral handelte, es ging letzten Endes um die politische Frage, ob der Staat in Kunst hineinreden dürfe. Als der Prozess mit Freispruch endete, wurde ein für das fortschrittliche Theater der 1920er Jahre wichtiger Präzedenzfall geschaffen.

"Wir wissen, daß auf der Bühne sehr häufig ein Kuß, eine Umarmung sozusagen als symbolischer Ersatz für den tatsächlichen Geschlechtsakt eintritt, und wir haben uns gewöhnt, dies als durchaus erlaubt und als vereinbar mit unseren künstlerischen und sittlichen Grundsätzen hinzunehmen. Es wäre unmöglich, alle die Szenen aufzuzählen, in denen der Dichter unter einem Kuß eigentlich etwas anderes versteht als den Kuß selbst, es wäre unmöglich, alle diejenigen Aktschlüsse aufzuzählen, die auf das, was sich sofort nach gefallenem Vorhang im Sinne des Stücks zu begeben hat, hinzuweisen und ebenso gibt es eine Fülle von Fällen, in denen der Vorhang sich hebt, sofort nach dem im Sinne des Stückes zwischen zwei auf der Szene befindlichen Personen eine Liebesumarmung stattgefunden hat (Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche"). Entweder ist nun dies verletzend oder es ist nicht verletzend. Es ist aber nicht einzusehen, warum es in einem Fall verletzend sein soll und im andern wieder nicht, insbesondere aber ist nicht zu begreifen, warum es Sinnlichkeit erregend oder sittenverderbend wirken soll, wenn es sich um ein künstlerisch minder wertvolles, als wenn es sich um ein wertvolles handelt. (...) Ist der "Reigen" ein künstlerisch minderwertiges Werk, so dürfte man ihn natürlich nicht aufführen, eben weil er künstlerisch minderwertig ist, denn jene anderen Eigenschaften, die Ihr an ihm verurteilt, teilt er mit hundert anderen. (...) Sämtliche Einwürfe, die gegen die Aufführung des "Reigen" erhoben werden, müßten gegen eine ganze Fülle von anderen erhoben werden." --Arthur Schnitzler zum Reigen. in: Reigen, Erinnerungen an einen Skandal. Darmstadt 1982.

Emil Orlik zeichnete während der Prozessverhandlungen 14 Lithographien "Aus dem Reigen-Process 1921", die in Berlin im Verlag Neue Kunsthandlung 1921 gedruckt wurden.

Der Sender SWF produzierte 1960 eine Hörspiel-Dokumentation "Der Reigenprozeß - oder: Die Kunst, Anstoß zu nehmen" (Regie: Fritz Schröder-Jahn) mit Willy Maertens (Theaterdirektor Maximilian Sladek), Edith Heerdegen (Gertrud Eysoldt), Gustl Bayrhammer (Schauspieler Fritz Kampers), Heinz Schimmelpfennig (Schauspieler Victor Schwanneke), Willy Trenk-Trebitsch (Alfred Kerr), Eric Schildkraut (Emil Orlik) u.a.

1967 wurde Roger Vadim, Regisseur der Reigen-Verfilmung La Ronde in Italien vor Gericht gebracht und sogar Arthur Schnitzler noch posthum angeklagt.

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