Schwulst  

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Schwulst (von mhd. swulst zu swëllen „Anschwellung“) war ursprünglich der Ausdruck für eine Schwellung oder für das Geschwollene. Das Adjektiv schwulstig, dem das heutige schwülstig entspricht, wurde im Frühneuhochdeutschen schon von Luther in der übertragenen Bedeutung für aufgeblasene Worte verwendet. Der Begriff ist in der übertragenen Bedeutung von „stilistischer Aufgeblasenheit“ besonders seit dem 18. Jahrhundert in der Rhetorik und Poetik nachgewiesen. Im engeren Sinne bezeichnet Schwulst ein Merkmal des manieristisch übersteigerten Einflusses der Rhetorik auf die Dichtung, wie er sich ab dem Ende des 16. Jahrhunderts aus unterschiedlichen Ursachen und in durchaus heterogenen Erscheinungsformen auf die europäischen Literaturen ausgewirkt hat.

Contents

Wortgeschichte

Herkunft und Verwendungen

Das Wort wird im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm analog zu Geschwulst als Femininum geführt.<ref>Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854–1960. Bd. 15, Sp. 2751</ref> Seine Bedeutung im medizinischen Sinne deckt sowohl Tumor als auch Ödem ab und bezeichnet damit die unterschiedlichen Formen der innerlichen und äußerlichen Schwellungen. Andere Belege verwenden es auch für den Bauch der Schwangeren.<ref name="DWB2">Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854–1960. Bd. 15, Sp. 2752</ref>

Johann Christoph Adelungs Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart (1774–86) unterscheidet „die Schwulst“ als Körperschwellung und „den Schwulst“ als „eine Art des Stolzes, da man sich in einem hohem Grade mehrerer Vorzüge mit Worten und Geberden rühmet, als man wirklich besitzet; in welchem Verstande doch das Beywort schwülstig üblicher ist“.<ref>Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. Leipzig 1774–86. Bd. 3, Sp. 1759</ref> Hier zeigt sich bereits, dass der heutige Sprachgebrauch von „Schwulst“ und „schwülstig“ das im übertragenen Sinne Aufgeblasene und Vordergründige meint, eine Formulierung, die pars pro toto von der Eigenschaft auf den Ausdruck deutet.

Im übertragenen Sinn als Metonymie etwa der „stolzgeschwellten Brust“ sind damit auch Stolz und Aufgeblasenheit an sich gemeint; diese Wortbedeutung findet sich bei Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Gotthold Ephraim Lessing.<ref name="DWB2"/> Auch der Barockdichter Daniel Caspar von Lohenstein hatte das Wort zuvor selbst in seinem Ibrahim Bassa (1689) benutzt, jedoch in der Bedeutung einer anschwellenden Welle.<ref name="DWB2"/>

Verwandte Prägungen sind „Schwülstel“ und „Schwulstfresser“<ref name="DWB2"/> für einen adipösen Menschen, „schwulsterig“ und „schwülsterig“<ref name="DWB2"/> für eine sichtbare Schwellung. Ein „Schwülstling“ galt als jemand, der sich schwülstig ausdrückt.<ref name="DWB2"/> Luther wandte das Wort zwar als „auffgeblasen“<ref name="DWB2"/> in seiner Sprache um, seine Bibelübersetzung nutzt es allerdings an zwei Stellen:

  • „Ich will euch heimsuchen mit Schrecken, Schwulst und Fieber.“ (3. Mose 26,16)
  • „Der Herr wird dich schlagen mit Schwulst, Fieber, Hitze, Brunst, Dürre, giftiger Luft und Gelbsucht und wird dich verfolgen, bis er dich umbringe.“ (5. Mose 28,22)

Negative Konnotation

Schwulst und vor allem das gebräuchlichere Adjektiv „schwülstig“ haben meist eine abwertende Bedeutung. Eine vermehrt pejorative Verwendung des Begriffs setzte mit dem Wandel der Stilnormen in den 1730er Jahren ein. Insbesondere kritisierte Johann Christoph Gottsched in seiner Critischen Dichtkunst (1730) Schwulst als eine extreme Form der stilistischen Ausarbeitung und führte als Gegenargumente unter anderem die aus der humanistischen Tradition stammenden Forderungen nach Deutlichkeit und Klarheit, aber schlicht auch die Kategorie des Geschmacks an; hierbei verarbeitete er Tendenzen der zeitgenössischen Rhetorik und Ästhetik. Er kennzeichnete Schwulst als Verfallserscheinung und verglich diese mit dem Hellenismus und der römischen Kaiserzeit, wobei er auch moralische Kategorien miteinbezog. Eine positive Sicht des Schwulstes blieb nach Gottsched selten. Versuche in diese Richtung unternahmen Moses Mendelssohn und August Wilhelm Schlegel.

Der Philosoph Karl Popper benutzte in seinem polemischen Brief Wider die großen Worte<ref>Karl R. Popper: Wider die großen Worte. nicht autorisiert veröffentlicht in: DIE ZEIT Nr. 39 vom 24. September 1971, S. 8 </ref> den Begriff abwertend, indem er die Sprache des dialektischen Philosophen Hegel und seiner Nachfolger als Schwulst bezeichnete.

Innerhalb der Literatur befreiten erst die Darstellungen des 20. Jahrhunderts durch eine vorurteilsfreie Betrachtung von Gongorismus und Schwulststil im wissenschaftlichen Kontext den Begriff wieder von seiner abfälligen Einschätzung. Er gilt seither als ein authentischer Ausdruck der frühbarocken Weltsicht. In der Umgangssprache ist die negative Konnotation jedoch nach wie vor erhalten.

Schwulst als Stilphänomen

Im übertragenen Sinn wird der Begriff auch für eine dem Inhalt unangemessene und übertrieben ausgeschmückte und ausführliche Sprech-, Denk- und Schreibweise verwendet. Wann welche Stilebene angemessen sei, versucht Johann Georg Krünitz mit folgendem Beispiel zu erklären:

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Die übermäßige Ausschmückung („ornatus“ in der Rhetorik) wurde in Frankreich auch als „Phöbus“, im englischsprachigen Raum als „Bombast“ bezeichnet. Schwulst kann jederzeit entstehen, wird aber insbesondere der minderwertigen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts zugeschrieben.

Der Schwulststil in der deutschen Barockliteratur

Seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wird der Begriff Schwulst vor allem auf unterschiedliche literarische Phänomene des späten Barockzeitalters übertragen. Zum Verständnis des bis in die Gegenwart negativ konnotierten Stilbegriffs, der nicht wie „Euphuismus“, „Konzettismus“ oder „Marinismus“ auf literaturimmanente Titel, Begriffe oder Namen zurückgeht, sondern allein die äußere Erscheinungsform anzeigt, muss die Entwicklung der deutschen Literatur beleuchtet werden. Darin zeigt sich auch, dass der Schwulststil kein einheitliches Phänomen war, sondern in unterschiedlichsten Ausformungen eines gemeinsamen Prinzips auftrat.

Rhetorik und Dichtung

Das Verständnis von Inhalt und Ausdruck wandelte sich in der europäischen Gelehrtenliteratur der Renaissance grundlegend. Während die spätmittelalterliche Scholastik noch nach dem aristotelischen Stilvorbild schwergängige, aber präzise formulierte Texte produziert hatte, rückten im 15. Jahrhundert die rhetorischen Mittel ins Interesse der Schriftsteller, darunter vornehmlich Pathosformeln, Allegorien und bildhafte Symbolformeln.<ref name="Villwock1">Jörg Villwock: Rhetorik und Poetik: theoretische Grundlagen der Literatur. S. 98. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 98–120</ref> Textgattungen wie Lehrdichtung oder Drama wurden unter dem Einfluss von Francesco Petrarca und dessen Zeitgenossen langsam den Regeln der normativen Poetik entzogen. Dies ging mit der stetigen Emanzipation von Philosophie und Literatur gegenüber der bisher vorherrschenden Theologie einher. Das Verhältnis von Pragmatik und ästhetischer Gestaltung kehrte sich allmählich um; nicht mehr Sein und Denken bestimmten den Ausdruck. Vielmehr nahm die Rhetorik am Ende des Prozesses selbst in Anspruch, die Richtschnur für philosophische Teilgebiete wie Ontologie und Logik zu sein.<ref name="Villwock1"/>

[[Bild:Julius Caesar Scaliger.JPG|thumb|upright|right|Julius Caesar Scaligers Poetik legte den Grundstein für die Verbindung von Rhetorik und Dichtung]] Den wichtigsten und am meisten beachteten Beitrag zu einer Neubewertung im Geist des Humanismus leistete Julius Caesar Scaliger mit seinen 1561 posthum erschienenen Poetices libri septem. Er maß die Dichtung noch an den Zweckkategorien docere („belehren“), delectare („erfreuen“) und movere („bewegen“), hob aber die grundsätzliche Unterscheidung von Rhetorik und Dichtung hinsichtlich der ästhetischen wie auch didaktischen Ziele der Literatur auf.<ref name="Villwock2">Jörg Villwock: Rhetorik und Poetik: theoretische Grundlagen der Literatur. S. 99. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 98–120</ref> Die Tragödie erfuhr in seiner Poetik eine Umdeutung; hatte Aristoteles allein ihr die Katharsis als Wirkungszweck zugebilligt, so erweiterte Scaliger diese Möglichkeit – immer unter dem vorherrschenden Motiv des docere, der moralischen Belehrung – auf alle Dichtung.

Die Festschreibung des Unterschieds von Tragödie und Komödie im Sinne Scaligers ist für lange Zeit die Regel geblieben; er glich die Herkunft der Tragödie aus dem „Edlen“ bzw. der Komödie aus dem „Gemeinen“ der Struktur der damaligen Ständegesellschaft an, unternahm also eine Gattungsunterscheidung im sozialen Kontext der dramatischen Figuren. Scaligers Ansatz für diese Ordnung der Dramenformen beruhte auf seiner rhetorischen Interpretation des Mimesis-Begriffs. Dessen Wirklichkeitsbezug ist somit unter der Perspektive des Wahrscheinlichen zu sehen, d. h. nicht das Sein wird nachgeahmt, sondern dessen mögliche Erscheinungsformen.<ref name="Villwock2"/> Der Zweck war eine höhere suggestive Kraft auf den Zuschauer und Leser. Dieser ästhetische Ansatz herrschte während des gesamten Barockzeitalters, nicht nur im Drama, sondern auch in der sich entwickelnden Oper.

Vorbilder und Einflüsse

Im Gegensatz zu Italien und Spanien fand die Renaissance in der deutschen volkssprachlichen Dichtung nur wenig Widerhall. Die Wahrnehmung sozialer, politischer und wissenschaftlicher Umbrüche im Wandel zur Neuzeit blieben vor allem auf Universitäten und Fürstenhöfe beschränkt. Noch bis ans Ende des 16. Jahrhunderts hatte sich das Frühneuhochdeutsche nicht endgültig als Literatursprache durchgesetzt. Erst nach der Reformation wandten sich humanistische Autoren dem Deutschen als Schriftsprache zu, spalteten aber die Leserschaft in ein höfisch-gelehrtes und ein bürgerlich-volkstümliches Lager.<ref name="Grimm1">Gunter E. Grimm: Die Suche nach der eigenen Identität. Deutsche Literatur im 16. und 17. Jahrhundert. S. 326 f. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 326–369</ref> Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges erschwerten den Anschluss an die zeitgenössischen europäischen Entwicklungen zusätzlich.

Der eigentliche Zeitrahmen des barocken Schwulsts umfasst dabei etwa die Spanne zwischen Hofmannswaldaus Übersetzung von Giovanni Battista Guarinis Schäferdichtung Il pastor fido und Barthold Heinrich Brockes als letztem Ausläufer. Für den Transport des Schwulsts formten sich geeignete Textsorten aus, so etwa der Staatsroman oder der heroisch-galante Roman, der höfische Lebensart und Heldentum in eines zu bringen versuchte.

Eine weitere Eigenart des barocken Schwulsts war der Umfang, den dafür typische Publikationen annehmen konnten. Daniel Caspar von Lohensteins 1689/90 postum erschienener Schlüsselroman Großmütiger Feldherr Arminius umfasst allein im Inhaltsverzeichnis mehr als hundert, das Gesamtwerk über dreitausend Quartseiten. Noch in den so genannten sprechenden Titeln, die etwa seit dem Humanismus mit dem sich etablierenden Buchdruck in die Gestaltungshoheit der Dichter gelangten, spiegelt sich das Streben nach Umfang wider. Beispielhaft hierfür ist Johann Michael Moscheroschs Wunderliche vnd Wahrhafftige Gesichte Philanders von Sittewalt. In welchen Aller Welt Wesen / aller Mänschen Händel / mit jhren Natürlichen Farben / der Eitelkeit / Gewalts / Heucheley vnd Thorheit / bekleidet: öffentlich auff die Schauw geführet / als in einem Spiegel dargestellet / vnd von Männiglichen gesehen werden.

Die Rolle der Sprachgesellschaften

thumb|upright|right|Martin Opitz, Schöpfer der ersten deutschen Poetik Im Zentrum der Sprach- und Dichtungstheorie stand die Sprachpflege, die von den Sprachgesellschaften betrieben wurde und in Justus Georg Schottelius’ Abhandlung Ausführliche Arbeit von der teutschen Haubtsprache (1663) in die erste wissenschaftliche Arbeit über die neuhochdeutsche Sprache mündete. Die Suche nach fremden Vorbildern fand ihr Ziel in der – nicht selten unreflektierten – Übernahme von Vers- oder Gattungsformen anderer Literaturen, die fortan als Norm galten. Trotz ihres heute vordergründig erscheinenden Sprachpurismus, dessen Forderungen sich in der Textproduktion kaum unmittelbar niederschlugen, trat doch der Wille hervor, eine eigenständige nationale Sprache und Literatur zu schaffen.<ref name="Grimm2">Gunter E. Grimm: Die Suche nach der eigenen Identität. Deutsche Literatur im 16. und 17. Jahrhundert. S. 352 f. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 326–369</ref> Ohne das ideelle Wirken der Sprachpfleger hätte sich die junge Hochsprache nicht gegen die Vielfalt der gesprochenen Dialekte und die Literatursprachen Latein und Französisch behaupten können, auch nicht gegen die Verwahrlosung der Sprache durch den Einfall der Kriegsarmeen.<ref name="DTV3">Horst Dieter Schlosser: dtv-Atlas zur deutschen Literatur. 3. Auflage. München 1983, S. 113</ref>

Die Gelehrtenliteratur des 17. Jahrhunderts entwickelte demnach ihr Stilideal nicht im europäischen Vergleich, sondern nach den Vorbildern der lateinischen Rhetorik.<ref name="Grimm1"/> Eine erste Poetik der neuhochdeutschen Dichtung entwickelte Martin Opitz erst 1617 im Buch von der Deutschen Poeterey nach dem Vorbild Julius Caesar Scaligers, die systematisch genug war, um eine nachhaltige Wirkung auf die gesamte Literatur zu hinterlassen<ref name="DTV3"/>, auch auf die volkstümliche Dichtung, die unter dem Einfluss des Konflikts zwischen Reformation und Gegenreformation ihre Ausdrucksmittel steigerte.<ref name="DTV1">Horst Dieter Schlosser: dtv-Atlas zur deutschen Literatur. 3. Auflage. München 1983, S. 111</ref> Opitz’ Poetik zog allein in den Jahren 1640–45 zehn Arbeiten über die deutsche Versdichtung nach sich.<ref name="DTV3"/> Beachtenswert sind in diesem Zusammenhang August Buchners viel beachtete, posthum gedruckte Werke Kurzer Weg-Weiser zur deutschen Tichtkunst (1663) und Anleitung zur deutschen Poeterey (1665). Buchner nimmt direkt Bezug auf die Sprache seiner Zeitgenossen und fordert:

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thumb|upright|right|August Buchner, der Sprachpfleger Indessen war Opitz’ Poeterey auch eine eklektische Zusammenstellung von Literaturlehren gewesen, die er im außerdeutschen Sprachraum vorgefunden hatte; viele seiner Ratschläge waren wenig überdacht und dienten eher der Systematisierung als der Reformation einer deutschen Literatur. Er wandte sich gegen das Lateinische als Literatursprache, übernahm aber die antike Rhetorik; er gab unbekümmert das Volkslied und dessen bis ins Mittelalter reichende Tradition auf, übernahm aber die französische Gattungspoetik als formales Vorbild für eine erneuerte Literatur.<ref name="DTV5">Horst Dieter Schlosser: dtv-Atlas zur deutschen Literatur. 3. Auflage. München 1983, S. 115</ref> Besonders die Tragödie blieb in seinem Standesdenken weiter dem höfischen Publikum vorbehalten, so dass Lessing erst 1755 mit Miss Sara Sampson ein bürgerliches Trauerspiel verfassen konnte.

Die von Opitz empfohlenen Stilmittel waren einerseits der Alexandriner, den er dem Knittelvers vorzog, andererseits ein anschauliches und gepflegtes Deutsch<ref name="DTV5"/> – das aber in der barocken Ästhetik die Anschaulichkeit nur zu leicht übertrieb. Hierzu zählen nicht zuletzt Stilelemente in den Texten der Vertreter der Zweiten Schlesischen Dichterschule wie z. B. Daniel Caspar von Lohenstein, Andreas Gryphius, David Schirmer oder Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau.

Die materialen und formalen Erscheinungsformen

Generell sind beim Schwulststil zwei Ausprägungen unterscheidbar, die materiale und die formale.<ref name="Grimm3">Gunter E. Grimm: Die Suche nach der eigenen Identität. Deutsche Literatur im 16. und 17. Jahrhundert. S. 355. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 326–369</ref> Beide fußen auf der Technik der Amplifikation, die auf unterschiedlichen Gestaltungsebenen realisiert wurde.

thumb|upright|left|Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen verband Inhalt und Form Der materiale Schwulst ist eine Erscheinung in Werk und Werkidee. Auch die extrem umfangreichen Prosawerke der Zeit verfügten noch über traditionelle Erzählstrukturen wie z. B. Handlungsschichten oder chronologisch geordnete Episoden, die nun durch immer neue Nebenhandlungen und Einschübe ausgeweitet wurden. Ein Roman wie Lohensteins Arminius, der aus dem Geist der Polymathie, dem Ideal einer umfassenden Bildung heraus angelegt wurde, enthielt so ein breites Spektrum an Sachwissen, das in gelehrten Disputationen von der Erzählung abschweift und dem Leser einen Überfluss an Wissenschaftlichem und Unwissenschaftlichem darbietet. Joseph von Eichendorff nannte den Roman später eine „tollgewordene Enzyklopädie“.<ref name="Grimm4">Gunter E. Grimm: Die Suche nach der eigenen Identität. Deutsche Literatur im 16. und 17. Jahrhundert. S. 357. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 326–369</ref> Diese Kritik entstand jedoch erst im Zuge der Aufklärung; die Zeitgenossen schätzten den Autor dafür hoch.

Auch die überbordende Stofffülle eines Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, der mit dem Simplicissimus Teutsch (1668) den bekanntesten Schelmenroman des deutschen Barock verfasst hat, ist materialer Schwulst. Grimmelshausen behält ebenso die Form eines in sich geschlossenen Werks im Auge, insbesondere im Simplicissimus, der mannigfaltige Quellen verbindet. Volksbücher, Schwanksammlungen und Sagen fließen zusammen mit enzyklopädischen Schriften der Zeit, aus denen der Autor fast wörtlich zitiert; daneben sind Eberhard von Wassenbergs Teutscher Florus, ein Geschichtswerk über den Dreißigjährigen Krieg, und Georg Philipp Harsdörffers Prosawerke Ausgangsmaterialien für ihn. Der Erzähler wendet Montagetechniken an, um die Fülle der Bilder und Motive einzubetten.

Im materialen Schwulst wird die Haltung des Euphuismus widergespiegelt, die ein Weltbild zwischen den Polen Vernunft und Affekt entwirft und zeitpolitische Bezüge einnimmt.<ref name="Grimm4"/> Eine ethisch begründete Rationalität steht bei diesen Autoren im Vordergrund, selbst da, wo z. B. Johann Beer im Narrenroman Der Berühmte Narren-Spital (1681 anonym erschienen) die Häufung skatologischer Ausdrücke als quasi-therapeutisches Sprachmittel gegen „die zeitlichen Verdrüßlichkeiten“ einsetzt.<ref>Italo Michele Battafarano: Literarische Skatologie als Therapie der Melancholie: Johann Beers „Der Berühmte Narren-Spital“. S. 372 ff. In: Ders.: Glanz des Barock. Forschungen zur deutschen als europäischer Literatur. Bern 1994. S.370–391</ref>

thumb|upright|Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, der Manierist des barocken Schwulsts Der formal-künstlerische Schwellprozess, wie ihn z. B. Johann Klaj und Harsdörffer initiierten, geht auf die romanischen Literaturen zurück. Harsdörffer war in direkten Kontakt mit italienischen Dichtern gekommen. Ihren Manierismus, den Concetti-Stil, die überfrachtete Sprache mitsamt ihrer Lautmalerei, ihrer Stilfiguren- und Tropenfülle übernahm er in seine Poesie. Die Dichtung erweckte bald den Eindruck, bloß eine Häufung ausgefeilter Stilmittel zu sein, mehr Künstlichkeit als Kunst.<ref name="Grimm3"/> Auch neue Wortprägungen brachte der Stil, um die sprachliche Empfindsamkeit zu erweitern. Als Beispiele seien Hoffmannswaldaus Kompositionen „donnerhart“ (eine Synästhesie), „hochmächtiggroß“ oder „heiligsüß“ genannt<ref>Zit. nach: Werner König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. München 1978. S. 106</ref>, letztere für die zeitgenössischen Leser stark pleonastisch, da seit dem Mittelalter süeze als fest stehende Chiffre für die Heiligkeit Gottes stand.

[[Bild:Herzemblem Cramer 1642.jpg|thumb|upright|left|Radicabor: Daniel Cramers Emblem (1642) vereint die Sinnfelder Biene, Rose und Herz zur Allegorese des Heils]] Wie in allen anderen Künsten suchten die Dichter ihre Stilmittel systematisch zu ordnen. René DescartesAffektenlehre Les Passions de l’âme („Die Leidenschaften der Seele“) war 1649 erschienen, ein Jahr später verfasste der Theoretiker Athanasius Kircher die Musurgia universalis. Die Versuche dieser Zeit zielen darauf, eine große Menge an Sprach-Bild-Zeichen (Biene, Blume, Schifffahrt, Sonne, Hell-Dunkel-Gegensatz, Farb-<ref>Sibylle Rusterholz: Klarlichte Dunkelheiten. S. 244. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 225–264</ref> und Zahlensymbolik<ref>Sibylle Rusterholz: Klarlichte Dunkelheiten. S. 248. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 225–264</ref> usw.) und ihre Zusammenhänge zunächst systematisch zu ordnen. Die überlieferte Rhetorik blieb dabei jedoch nicht in ihrer ursprünglichen Gestalt, sie wuchs zu einem zweiten Sprachcode, der aus den gegebenen Bedeutungen entstand, indem die Bildbedeutungen vielfach ausgeweitet und ihre Bezugsebenen verschränkt wurden. Als Beispiel sei die schon bei Angelus Silesius erscheinende Bienen-Metaphorik genannt: die in der Mythologie als Seelentier bekannte Biene, die auf der Rosenblüte sitzt, wird erst durch die Kenntnis mehrerer Symbolzusammenhänge (Biene → Seele des Menschen, Rosenblüte → Wunden Jesu, Trank → Blut Jesu) zu einem Heilszeichen.<ref>Louise Gnädiger: Rosenwunden. S. 105. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 97–133</ref> Die Absicht dieser Symbolverwendung und der Bildlogik lag also darin, eine ontologische Durchdringung der Wirklichkeit zu schaffen, d. h. eine höhere Offenbarung auszusprechen. Ganz im Sinne des Schwulstgedankens dienten die Metaphernhäufung und die Wechselbeziehungen von Text- und Bildbestandteilen der rhetorischen Konkretisierung.

Die klassische Definition der Allegorie als continuata metaphora („fortgesetzte Metaphern“) wurde dazu an vielen Stellen aufgebrochen, wenn unterschiedliche Metaphern innerhalb eines Werks denselben Inhalt beschreiben oder dieselbe Metapher in diesem Werk ihren Sinngehalt und -zusammenhang auf engem Raum verändert.<ref>Peter Rusterholz: Der Liebe und des Staates Schiff. S. 273 f. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 265–189</ref> Diese von Johann Jakob Breitinger in Bezug auf Hoffmann von Hoffmannswaldau „gantz figürlich und hieroglyphisch“<ref>Johann Jakob Breitinger: Joh. Jac. Breitingers critische Abhandlung von der Natur, den Absichten und dem Gebrauche der Gleichnisse. 1740. Zit. nach Peter Rusterholz: Der Liebe und des Staates Schiff. S. 274. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 265–189</ref> genannte Schreibweise zeigt einerseits den Einfluss der „italienischen Poeten“, d. h. den Marinismus; andererseits enthüllt die Reaktion, wie sehr die negative Haltung gegenüber dem Schwulst bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem Unverständnis der Meta-Metaphorik beruht.

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thumb|upright|right|Catharina Regina von Greiffenbergs Figurengedicht erschließt sich unmittelbar durch die Form Einen genauen Eindruck von der Vielschichtigkeit der Allegorese und zugleich von der Rolle des Lesers vermittelt die barocke Emblematik. Ihre in nachbarocker Zeit noch bekannten Motive wie z. B. der Pelikan oder das durchbohrte Herz, das seinen Ursprung in der Herz-Jesu-Verehrung der spätmittelalterlichen Mystiker hatte, erschlossen sich dem Leser leicht, solange sie im „herkömmlichen“ Kontext auftraten, und sind auch heute noch trotz mancher Bedeutungsverengungen verständlich. Erscheint das Bild aber ins Gegenteil verwandelt als pectoris arcus, d. h. als „Pfeilschuss des Herzens“, das vom Pfeilschuss getroffen mit umgekehrten Flügeln selbst dem Himmel zufliegt,<ref>Urs Herzog: Lyrik und Emblematik. S. 81 f. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 65–95</ref> so gibt es den mimetischen Kontext auf und erscheint zum Paradox verkehrt, das einen zumindest in die hermetische Denkweise eingeweihten Leser erfordert, um überhaupt eine rhetorische Wirkung zu entfalten.

Als einfachere, sinnfällige Form wurde das seit der Antike bekannte Figurengedicht wiederbelebt. Die typografische Gestaltung erfreute sich großer Beliebtheit. Sigmund von Birken, der Reformator des Pegnesischen Blumenordens, empfahl in seiner Poetik Teutsche Rede-bind- und Dicht-Kunst (1679) im Kapitel De variis Carminum generibus („Über die unterschiedlichen Arten von Gedichten“) zu Catharina Regina von Greiffenbergs Figurengedicht Über den gekreuzigten Jesus:

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Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der bereits im Mittelalter aus religiösen Gründen kultivierte Memento-mori-Gedanke. Wie er in der Barockepoche erschien, hatte er im Sinne der Paradoxie von Mk 8,35 („Denn wer sein Leben will behalten, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verlieret um meinet- und des Evangeliums willen, der wird’s behalten“) auch das dichterische Verhältnis zur Sprache ausgeweitet<ref>Alois M. Haas : Geistlicher Zeitvertreib. Friedrich Spees Echogedichte. S. 21. In: Martin Bircher/Alois M. Haas (Hrsgg.): Deutsche Barocklyrik. Gedichtinterpretationen von Spee bis Haller. Bern 1973. S. 11–47</ref>, das in Teilen der Schwulstdichtung eine Ästhetik des Hässlichen schuf. In drastischen Wendungen wird das Abstoßende geschildert.

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Genauso findet diese Ästhetik Eingang in die geistliche Dichtung, um z. B. Leiden und Tod Christi oder die Vorstellung von der Hölle in einer noch größeren Intensität darzustellen, als es die barocken Mystiker vermocht hatten. Zugleich ist die Deutlichkeit von Vanitas- und Leidensmotiven eine künstlerische Verarbeitung der Zeitgeschichte, wie sie in Gryphius’ Tragödie Ermordete Majestät oder Carolus Stuardus König von Gross Brittannien (1657) genauso vorkam wie in seinem umfangreichen lyrischen Werk.

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thumb|upright|Athanasius Kircher, der Poetiker der Metaphern-Maschine In seinen extremen Ausformungen gerät der Schwulst zu einem artifiziellen Leerlauf, wofür Kircher in seiner Ars Magna Sciendi (1669) das Modell einer Metaphern-Maschine<ref name="Grimm3"/> entwarf: eine normative Regelpoetik, die vom Entwurf der Handlung bis zum gezielten Einsatz greller Effekte eine Anleitung zur Literaturproduktion sein will. Quirinus Kuhlmann gab an, Prosawerke auf Kirchners Direktiven verfasst zu haben.<ref>Marian Szyrocki: Die deutsche Literatur des Barock. Stuttgart 1979. S. 258</ref> Gerade diese übermäßige Theatralik und Realitätsferne forderte später die Kritiker der Aufklärung heraus.<ref name="Grimm3"/> Die Umständlichkeit des Ausdrucks hatte auch den Vorteil, hinter den Sprachbildern einen erotischen Nebensinn verstecken zu können. Der an Giambattista Marino geschulte Schäferdichter Hans Aßmann Freiherr von Abschatz übte dies – trotz vordergründiger Distanzierung davon – bis zur kaum verhüllten Obszönität aus.<ref>Marian Szyrocki: Die deutsche Literatur des Barock. Stuttgart 1979. S. 223</ref>

Insgesamt erscheint der materiale Ansatz traditioneller als der formale.<ref name="Grimm4"/> Er wird in der späteren Wahrnehmung weniger mit der negativen Konnotation des Schwulstbegriffs in Verbindung gebracht. Gleichwohl war der formale Schwulst die eigentliche Verbindung von Rhetorik und Poesie, wie sie auch Scaligers Intention entsprach.

Schwulststile in anderen europäischen Literaturen

Der Schwulststil tritt in Deutschland erst als Spätentwicklung innerhalb der europäischen Barockliteraturen auf.<ref name="DTV1"/> Er wurde zuvor in vielen europäischen Literaturen des Zeitalters realisiert, wobei er auf jene beschränkt blieb, die die klassisch-antike Poetik und Rhetorik in der neulateinischen Dichtung der Renaissance verarbeitet hatten; große Teile der slawischen Literaturen, allen voran die russische, blieben in der kirchenslawischen Tradition, so dass die Literatur bis zum beginnenden 18. Jahrhundert in einem anachronistisch verlängerten Mittelalter verharrte.<ref>Dragoljub-Dragan Nedeljković: Die russische Literatur: nichtverwirklichte Renaissance und Zeitalter des Barocks. (Deutsch von Heide Zimmermann) S. 402. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 402–428</ref> Selbst das verspätete „Moskauer Barock“ lehnte die extremen Ausdrucksmöglichkeiten, Themen des Grauens und der Hässlichkeit, Tod und Qual, vollkommen ab.<ref>Dragoljub-Dragan Nedeljković: Die russische Literatur: nichtverwirklichte Renaissance und Zeitalter des Barocks. (Deutsch von Heide Zimmermann) S. 425. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 402–428</ref> Lediglich in der polnischen Dichtung zeichnete sich nach den Vorbildern Jan Kochanowski und Mikołaj Sęp Szarzyński in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Neigung zum Manierismus ab<ref>Marian Szyrocki: Vom Goldenen Zeitalter der polnischen Dichtung bis zu ihrem Niedergang. S. 447. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 429–456</ref>, die heute weitgehend unbekannte Poeten wie Kasper Miaskowski oder Stanisław Grochowski zu schwulstähnlichen Sprachmitteln führte.<ref>Marian Szyrocki: Vom Goldenen Zeitalter der polnischen Dichtung bis zu ihrem Niedergang. S. 448. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 429–456</ref> Auch die kroatische Literatur hatte unter dem starken Einfluss der venezianischen Seemacht die italienische Renaissance, insbesondere Petrarca, rezipiert und entwickelte Ansätze zum Manierismus; sie traten vor allem in der Komödie hervor.<ref>Zoran Kravar: Kroatische Literatur im 16. und 17. Jahrhundert. S. 459. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 457–472</ref> Vergleichbare Stilentwicklungen finden sich hier jedoch nicht.

Gemeinsam ist allen Schwulststilen die Übertreibung und Verzerrung bis ins Bizarre, das dem Leser späterer Epochen gekünstelt, maßlos übertrieben und aufgeblasen – eben schwülstig – vorkommt. Jedoch sind Mittel und Zweck der Hyperbolisierung in formaler und inhaltlicher Hinsicht sehr unterschiedlich und haben auch unterschiedliche Wirkungen erzielt.

Gongorismus und Kultismus im spanischen Siglo de Oro

Der Gongorismus bzw. Kultismus (span. estilo culto, culteranismo oder cultismo „gebildeter Stil“) ist das die gesamte Barockliteratur am meisten beeinflussende Stilphänomen des Zeitalters. Es prägte die spanische Literatur im Siglo de Oro als Teil seiner Nationalkultur, die sich ungeachtet der Renaissance als eigentliche Neuinterpretation mittelalterliche Ideale verstand.<ref>Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 302. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref> Die Literatur ist dabei als Bestandteil der gesamten Kultur zu sehen. Sie stand unter italienischem Einfluss. Dieser wurde weniger in der vorwiegend von Mystik und Erasmismus geprägten geistlichen Literatur oder in der Volksdichtung eines Lope de Vega sichtbar als in der lyrischen Dichtung. Poeten wie Juan Boscán Almogaver und Garcilaso de la Vega führten Stoffe und Formen der Renaissance ein. Sie etablierten den Endecasillabo und das Terzett, schließlich das Sonett.<ref>Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 314. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref>

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Luis de Góngora …

thumb|upright|right|… und Francisco de Quevedo, die Antipoden des Siglo de Oro Ausgehend vom Manierismus in Architektur und Malerei entwickelte das spanische Barock den Gongorismus zu einer reichen Blüte, die noch in ihren Nachwirkungen auf das 20. Jahrhundert nachdrücklicher, pathetischer, „barocker“ als vergleichbare europäische Literaturen erscheint.<ref name="Cantarino1">Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 304. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref> Das barocke Stilverständnis, das Einzelne nur im Zusammenhang mit dem Ganzen zu sehen, wurde hier zuerst zur Meisterschaft geführt. Gerade für die Dichtung, die z. B. in der Ästhetisierung des Hässlichen die Gestaltung aus dem Gegensätzlichen entdeckte, entstanden hier neue Sichtfelder, die die Chiaroscuromanier der zeitgenössischen Maler nachahmten.<ref name="Cantarino1"/> Mit dem Libro de erudición poética (1611) verfasste Luis Carrillo eine Poetik, die die bisherigen praktischen Ansätze der Sevillaner Dichterschule um Fernando de Herrera systematisch ausbaute. Sie wurde rasch als maßgebliche Schrift anerkannt.

Die Schreibweise begriff sich selbst als aristokratische Geisteshaltung und wandte sich bewusst gegen das allgemeine Publikum und dessen Geschmack.<ref name="Franzbach1">Martin Franzbach: Geschichte der spanischen Literatur im Überblick. Stuttgart 1993. S. 132</ref> Nach Luis de Góngoras „dunklen“, verrätselten Dichtungen, die sich in Europa rasch als Stilvorbild ausbreiteten, schuf der Gongorismus damit die stärkste Ausprägung von Schwulst, zu der u. a. die Schriften des Nationaldichters Miguel de Cervantes zählen.

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Kennzeichen des Gongorismus sind auf der Wortebene die häufige Verwendung von – teilweise seltenen und schwer verständlichen – Fremdwörtern, Neologismen und überladenen Stilfiguren, geschraubten und spitzfindigen Wortspielen, Umschreibungen, überladenen Bildern<ref name="Franzbach1"/> und nicht selten esoterischen Chiffren, zahlreichen rhetorischen Figuren wie Anapher und Epipher und die Neigung zur antithetischen Zuspitzung. Er zielt damit auf eine akribische Durchformung von Poesie und Prosa im Großen wie im Kleinen. Der Satzbau und die Grammatik nähern sich ebenfalls dem Latein an, was besonders in den späteren Strömungen nichtromanischer Sprachen wie im Englischen oder Deutschen zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten führt. Zudem setzten gongoristische Dichter gerade den verschachtelten Satzbau und freie Wortstellungen als künstlerische Mittel ein, weshalb die zeitgenössische Kritik früh einsetzte. Die Gegnerschaft zwischen Góngora, dem Kunstdichter, und dem Volksdichter Lope de Vega entzündete sich daran.<ref name="Cantarino2">Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 315. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref>

Francisco de Quevedo, selbst zwar ein Konzettist, aber wie Grimmelshausen als Erzähler dem formalen Schwulst abgeneigt und ein persönlicher Feind Góngoras, parodierte diese Sprachexperimente in einem „Rezept“ als beißende Satire auf die Schwulstpoetik.

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Andere Dichter wie Díaz de Rivas, Salcedo Coronel oder Salazar Mardones<ref name="Franzbach2">Martin Franzbach: Geschichte der spanischen Literatur im Überblick. Stuttgart 1993. S. 133</ref> verteidigten Góngora in einem für das 17. Jahrhundert einzigartigen Kunststreit, der die Grenzen der ernsthaften Literaturkritik verließ und schließlich zu einer heftig geführten Polemik mit öffentlichen Beleidigungen ausartete.<ref name="Neuschäfer2">Hans-Jörg Neuschäfer (Hrsg.): Spanische Literaturgeschichte. 3. Auflage, Stuttgart/Weimar 2006. S. 120</ref>

So wie der deutsche Schwulst später die sozialen Umbrüche der Kriegszeit verarbeiten sollte, ist auch der Kultismus als Reaktion auf den politischen Niedergang Spaniens im Lauf des 17. Jahrhunderts deutbar.<ref name="Cantarino1"/> Er war im Wesentlichen eine Flucht vor der Realität in ein Ideal von Schönheit und Perfektion<ref name="Cantarino2"/>, eine Form von L’art pour l’art. Der Gongorismus kam zwar in den folgenden Jahrhunderten in Verruf und mit ihm Góngora selbst, doch fand er in spanischsprachigen Schriftstellern wie Federico García Lorca, Gerardo Diego, Rafael Alberti und Rubén Darío im 20. Jahrhundert neue Wertschätzung, Nachahmung und seine volle Rehabilitation.

Marinismus im italienischen Barock und Konzettismus in Spanien

Der Marinismus (ital. marinismo), der nach Giambattista Marino benannt wurde und auf dessen Hauptwerke Adone (1623) und La strage degli innocenti (1633) zurückgeht, fand neben dem Schöpfer und Vorbild in Claudio Achillini einen bekannten Nachahmer. Er fand in ganz Europa Resonanz und mündete in den spanisch-italienischen Konzettismus.

Prägend für den marinistischen Stil ist zunächst weniger die sprachliche Ausuferung als der inhaltliche Aspekt, die Verwendung der Antithetik in einer gesteigerten Form. Er entwirft nach dem Vorbild der Silbernen Latinität, vor allem nach Ovid, dessen Phantastik Marino beeindruckte<ref>Giuseppe Petronio: Geschichte der italienischen Literatur. (Deutsch von Ursula Wagner-Kuon und Sonja Ott) Tübingen/Basel 1993. Bd. 2. S. 65</ref>, eine „Poetik des Wunderbaren“<ref>Giuseppe Petronio: Geschichte der italienischen Literatur. (Deutsch von Ursula Wagner-Kuon und Sonja Ott) Tübingen/Basel 1993. Bd. 2. S. 57</ref>, die mit der aristotelischen Poetik und Petrarca<ref>Manfred Hardt: Geschichte der italienischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Düsseldorf/Zürich 1996. S. 147</ref> bricht, da er Metaphern, Vergleiche und Allegorien vollkommen unterschiedlicher, sogar disparater Wirklichkeitsbereiche zusammenbringt und durch die gesuchte Analogie eine überraschende, einprägsame neue Weltsicht erzeugt.<ref>Giuseppe Petronio: Geschichte der italienischen Literatur. (Deutsch von Ursula Wagner-Kuon und Sonja Ott) Tübingen/Basel 1993. Bd. 2. S. 58</ref> Die aristotelische Sicht, die später Johann Christoph Gottsched zu seinem negativen Urteil bringen sollte, wird hier bis an die Grenzen geführt oder bewusst überschritten. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem concetto, der geistreichen Pointe, die die intellektuelle Schärfe des Dichters beweist.

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Damit ist der Marinismus eine typische Dichtungsform des 17. Jahrhunderts, die – wie später Kircher – Poesie als mechanisches System verstand. Die Kunst des Dichters bestand vor allem im Auffinden und Zuordnen rhetorischer Kategorien wie z. B. im Vergleich einer Königin mit einer Rose: Substantia (hoch wachsende Pflanze → erhabene Würde), Quantitas (rote Blütenblätter → Purpurmantel), Qualitas (Rosenduft → Anmut) usw. Je größer der Unterschied zwischen den gleichgesetzten Dingen war, je mehr verborgene Analogien der Dichter aufzuzeigen wusste, desto größer galt sein Verstand.<ref>Giuseppe Petronio: Geschichte der italienischen Literatur. (Deutsch von Ursula Wagner-Kuon und Sonja Ott) Tübingen/Basel 1993. Bd. 2. S. 59</ref> Affekt und Moral galten insbesondere Marino wenig zur Ausgestaltung des Themas, die Sprache wird ähnlich wie im materialen Schwulst des deutschen Barock zum Werkstoff für Amplifikationen, Aufzählungen und Variationen, Schattierungen des Wortklangs und der Wortspielerei. Dies geriet jedoch bei seinen Zeitgenossen weniger zu üppigem Wohlklang der Sprache, eher zu Wortanhäufungen<ref>Giuseppe Petronio: Geschichte der italienischen Literatur. (Deutsch von Ursula Wagner-Kuon und Sonja Ott) Tübingen/Basel 1993. Bd. 2. S. 66 f.</ref> epigonaler Nachahmer, die sich lediglich in Teilbereichen – Grausigem und Monströsem, exotischen Ländern oder Wundern aus Naturwissenschaft und Technik – ihre Themen suchten.<ref>Manfred Hardt: Geschichte der italienischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Düsseldorf/Zürich 1996. S. 411</ref> Die Bedeutung des Marinismus für die italienische Literatur darf dennoch nicht unterschätzt werden. Sonett, Kanzone und Madrigal, die Traditionen von Metrik und Dichtungssprache verdanken ihre weitere Entwicklung bis an die Schwelle zur Romantik der barocken Manier.

Der Konzettismus zeigt zwar eine ähnliche Technik bei Vergleich und Antithetik, doch in einer anderen Gewichtung von Rhetorik und Poetik, von Inhalt und Form; er ist in seiner Art, den Inhalt im Verhältnis zur Wirklichkeit zu begreifen, eigentlich keine Schreib-, sondern eine Denkmanier.<ref name="Cantarino3">Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 316 f. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref> Anders als im Gongorismus wird hier der Sinnzusammenhang von Inhalt und Form in Frage gestellt bzw. durch den indirekten Ausdruck verneint.<ref>Vicente Cantarino: Die spanische Literatur des Goldenen Zeitalters. (Deutsch von Peter Hahlbrock) S. 305. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 301–325</ref> Wichtigster Autor des Konzettimus war Francisco de Quevedo, einer der Meister des barocken Schelmenromans und der beißenden Satire auf die gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit. Die wichtigsten Theoretiker sind Emanuele Tesauro mit der Schrift Il cannochiale aristotelico („Das aristotelische Fernrohr“, 1654/70) und Baltasar Gracián, der stilistisch eine Synthese mit dem Gongorismus erreichte<ref>Hans Flasche: Geschichte der spanischen Literatur. Bern/München 1982. Bd. 2, S. 660</ref>. Gracián formulierte im Oráculo manual y arte de prudencia („Handorakel und Kunst der Weltklugheit“, 1647):

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Zwei wesentliche Merkmale erscheinen in dieser Erklärung, eine poetische Überformung des Religiösen, wie sie auch der Schwulst im deutschen Barock anstrebte, und eine Funktionalisierung des Rhetorischen zum Zweck größtmöglicher Wirkung – nicht mehr als poetische Nachahmung Gottes im Sinne Scaligers, sondern ganz auf den vordergründigen literarischen Wirkungserfolg bedacht. Die wichtigsten Regeln der Poesie werden verworfen, wenn sie die Ästhetisierung behindern.<ref name="Cantarino3"/> Die Dichtung gerät zur Dienerin der Rhetorik, das Verhältnis hat sich umgekehrt. Dieser Stil hat eine Anti-Poetik erschaffen, die formal die Grenzen der bisherigen Gattungen sprengt und inhaltlich inkonsequent zwischen Subjektivität und Objektivität schwankt, sich dem diskursiven Durchdenken entzieht und den Leser durch Gedankensprünge und die bewusste Verhüllung der Textintention im Unklaren zurücklässt.<ref>Jörg Villwock: Rhetorik und Poetik: theoretische Grundlagen der Literatur. S. 118. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 98–120</ref>

Auch der Konzettismus ist wie der Gongorismus als Reaktion auf eine gesellschaftliche Umordnung deutbar, doch mit wesentlich anderen Vorzeichen: Gracián sieht das Dichtersubjekt und damit den Menschen als nicht mehr fähig, die komplexen Zusammenhänge von Welt und Weltordnung zu begreifen und zu beschreiben. Eine unmittelbare Einsicht ist unmöglich, erst das Dechiffrieren des Textes führt zu einer Erkenntnis über die Menschenwelt, wie es Graciáns allegorischer Roman El Criticón („Das Kritikon“, 1651–1657) als Summe der konzettistischen Weltsicht ausführt: die Menschenwelt sei ein leicht zu entzifferndes Buch, das viele Rätsel aufgebe; die hermeneutische Anwendung der Rhetorik erst könne den verborgenen Sinn entdecken.<ref>Jörg Villwock: Rhetorik und Poetik: theoretische Grundlagen der Literatur. S. 119. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 98–120</ref> Jeder Realismus, jedes Nicht-Paradoxe sei stumpf.<ref name="Neuschäfer3">Hans-Jörg Neuschäfer (Hrsg.): Spanische Literaturgeschichte. 3. Auflage, Stuttgart/Weimar 2006. S. 98</ref>

Diese Denkweise kann in einer Epoche strategischer Intrigen auch als zeitkritisch-politisches Kalkül gelten. Gracián warf im Oráculo die Frage auf, ob das uneigentliche Sprechen überhaupt einen moralischen Unterschied bedeute, wenn Wahrheit und Lüge sich gegenseitig ersetzten und kaum noch zu unterscheiden seien.<ref name="Neuschäfer3"/> Er steht damit am Ende einer 50-jährigen Blütezeit des spanischen Romans, dessen Erzähltechnik sich unter dem Schwulst der konzettistischen Rhetorik nicht mehr entfalten konnte und versiegte.<ref>Hans-Jörg Neuschäfer (Hrsg.): Spanische Literaturgeschichte. 3. Auflage, Stuttgart/Weimar 2006. S. 124</ref>

Die Rederijkers im Goldenen Zeitalter der Niederlande

thumb|upright|Daniel Heinsius, der Poetiker und Kulturvermittler Das Goldene Zeitalter der Niederlande stellt eine untypische Situation innerhalb der europäischen Literaturgeschichte dar. Auch hier entwickelte sich wie in Spanien eine Kultur, die rasch aufblühte und dann in eine konventionelle Erstarrung verfiel.<ref name="Haar1">Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 371. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref> Auch hier wurde die entstehende Nationalliteratur ein Politikum, an dem sich Kontroversen entzündeten. Doch blieb die Kultur während der republikanischen Epoche bürgerlich, sie entwickelte ein eigenes Selbstverständnis zwischen humanistischer Bildungstradition und volkssprachlichen Neuanfängen. Früher als in der deutschen hatte in der niederländischen Literatur eine Auseinandersetzung mit der humanistischen Bildungstradition stattgefunden, früher als bei den deutschen Sprachgesellschaften waren regelpoetische Beiträge entstanden, darunter Antonis de Rooveres Gedicht Refereyn van Rethorica (vor 1482)<ref name="Gruttemeier1">Ralf Grüttemeier/Maria-Theresia Leuker (Hrsgg.): Niederländische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar 2006. S. 43</ref> und Beiträge von Pieter Corneliszoon Hooft, dem geistigen Haupt des Muiderkring. Mit Matthijs de Casteleins Const van rhetoriken erschien 1555 erstmals eine vollständige Dichtungspoetik in niederländischer Sprache. Daniel Heinsius übersetzte schließlich die aristotelische Poetik ins Niederländische und verfasste mit De tragoediae constitutione (1611) eine eigenständige Poetik des Dramas.

Den Rederijkers – die Bezeichnung wird oft unmittelbar vom rhétoriqueurs (frz. „Rhetoriker“) hergeleitet, stammt aber eher von einer volksetymologischen Umdeutung zu rede-riker „jmd., der reich an Rede ist“<ref name="Gruttemeier1"/> – kommt dabei eine besondere Rolle in der Entwicklung der Barockliteratur zu. Die Rederijkerkammern entstanden teilweise bereits im 15. Jahrhundert nach dem Vorbild der deutschen Meistersinger als bürgerliche Zunftgesellschaften, die sich in allen größeren Städten fanden.<ref name="Haar2">Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 380. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref> Zum Teil existierten mehrere Gesellschaften in einer Stadt, fast 200 Kammern sind namentlich überliefert.<ref name="Gruttemeier1"/> Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden sie zur einer der entscheidenden Kräfte der Reformation. Ein uneinheitlicher Bildungsstand prägte diese Kammern von Anfang an; während einige wenige Dichter wie die Mitglieder des Muiderkring über akademische Bildung verfügten, blieben die meisten doch den erstarrten Ansichten des Spätmittelalters verpflichtet.<ref name="Haar2"/> Vor allem der Umstand, dass viele Rederijkers noch ganz in hergebrachter Weise alle Künste als von Gott gegeben ansahen und sie keinesfalls als finanziell einträgliches Geschäft ausüben wollten, während um sie herum das Land wirtschaftlich prosperierte, und die Rhetorik als eine Gabe des Heiligen Geistes betrachteten, förderte die Verständigung zwischen liberalen und konservativen Kräften nicht.<ref name="Gruttemeier1"/> Da sie an ihrer unreformatorischen Haltung festhielten, verschärfte sich der Konflikt zwischen Rederijkern und Kirche zunehmend<ref name="Gruttemeier2">Ralf Grüttemeier/Maria-Theresia Leuker (Hrsgg.): Niederländische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar 2006. S. 44</ref>, so dass es 1617 zu einem Bruch zwischen ihnen auf der einen, der Obrigkeit und der Kirche auf der anderen Seite kam.<ref name="Haar2"/> Vehemente antilutherische Ausfälle führten bis zur Schließung mancher Kammern.<ref name="Gruttemeier3">Ralf Grüttemeier/Maria-Theresia Leuker (Hrsgg.): Niederländische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar 2006. S. 45</ref>

Inhaltlich ist die Dichtung der Rederijkers wenig innovativ<ref name="Gruttemeier2"/> und wiederholt meist die mittelalterlichen Stoffe und Motive. Wie im materialen Schwulst des deutschen Barock greifen die geistlichen Balladen den Memento-mori-Gedanken auf, insbesondere die traditionellen Totentanz-Motive, wie sie sich später u. a. in den Texten des Lübecker Totentanzes wiederfanden.<ref name="Gruttemeier3"/> Die Sprache ist stark vom zeitgenössischen Französisch und vom humanistischen Latein geprägt, dessen komplizierten Satzbau sie übernimmt. Zudem häuft sie ähnlich wie der Gongorismus Fremdwörter an und greift zu artistischen Mitteln, um die rhetorische Kunstfertigkeit zu beweisen: Akrostichen, Chronogramme und so genannte Retrograde – Gedichte, die sich Wort für Wort oder sogar buchstabenweise vor- und rückwärts lesen lassen – entstehen dabei.<ref name="Gruttemeier2"/> Die formorientierte Poesie blieb bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts bestimmend für die niederländische Dichtung.<ref name="Haar3">Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 381. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref>

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Joost van den Vondel, der Dramatiker

Das Drama der Rederijkers glich noch ganz der Meistersinger-Tradition. Es war bis ins 16. Jahrhundert hinein ein geistliches Spiel, das von Laienkompanien verfasst, inszeniert und als großes, tagelanges Volksfest aufgeführt wurde, wobei später zunehmend theologische Streitfragen in den Mittelpunkt der rhetorischen Auseinandersetzungen rückten.<ref name="Gruttemeier4">Ralf Grüttemeier/Maria-Theresia Leuker (Hrsgg.): Niederländische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar 2006. S. 49</ref> Auch hier spitzte sich die Situation zu, öffentliche Aufführungen wurden unterbunden und Theater zeitweilig geschlossen.<ref name="Haar3"/>

Joost van den Vondel, neben Hooft und Gerbrand Bredero einer der bedeutenden Dramatiker der Epoche, griff die Rederijker-Tradition in seinem virtuosen, plastischen Sprachgebrauch auf und verband sie mit dem humanistischen Bildungsgut.<ref name="Haar4">Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 390 f. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref> Seinen gesammelten Gedichten stellte er schließlich die Aanleidinge ter Nederduytsche dichtkunde („Anleitung zur niederländischen Dichtkunst“, 1650) voran – eine Warnung vor zu großer Künstlichkeit und gesuchter Bildlichkeit, und eine Mahnung zur Natürlichkeit in der Poesie.<ref name="Haar4"/> Schließlich führte Hooft das niederländische Sonett nach dem Vorbild Petrarcas zu seiner höchsten Blüte aristokratischer Verfeinerung, womit ihm der Anschluss an die italienische Literatur gelang.<ref>Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 392. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref>

Die Rederijkers waren zugleich Mittler und Vorbild bei der Ausprägung des deutschen Schwulststils. Dabei spielt die Stadt Danzig als wirtschaftliches, literarisches und publizistisches Zentrum ihrer Zeit eine Rolle: Opitz hatte hier Heinsius’ Nederduytsche Poemata (1616) kennen gelernt, in seinen Deutschen Poemata (1624) als Vorbild hervorgehoben und dem Dichter und Sprachreformator bescheinigt, er habe vnsre Muttersprach in jhren werth gebracht.<ref>Martin Opitz: Deutsche Poemata. S. 25. Zit. nach: Ulrich Bornemann: Anlehnung und Abgrenzung. Untersuchungen zur Rezeption der niederländischen Literatur in der deutschen Dichtungsreform des siebzehnten Jahrhunderts. Amsterdam 1976, S. 20</ref> Er übersetzte zahlreiche Werke aus dem Niederländischen und führte mit Heinsius, dem Schüler von Scaligers Sohn Joseph Justus, ab 1619 einen Briefwechsel, wodurch er genaue Einblicke in die Literaturproduktion gewann.

Bemerkenswert ist, dass die Rederijkers ihre Dichtkunst nicht allein der Kunstdichtung widmeten, sondern sie auch auf die Trivialliteratur ausdehnten, auf Fastnachtsspiele, Spottpredigten und vor allem auf die Formen der Narrenliteratur<ref name="Gruttemeier3"/> und der satirisch überspitzten Bauerndichtung.<ref>Carel ter Haar: Das Goldene Zeitalter der Literatur in den Niederlanden. S. 388. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 370–401</ref> Ähnlich wie in anderen Ländern genossen tatsächlich auch in den Niederlanden die Künstler des Goldenen Zeitalters keine ungeteilte Anerkennung – was gleichfalls für manche Alte Meister der Malerei gilt, die heute Inbegriff des Goldenen Zeitalters sind –, sondern wurden eher kritisch gesehen und ihre Leistungen erst spät anerkannt.<ref name="Haar1"/>

Euphuismus in der englischen Renaissanceliteratur

Der Euphuismus, benannt nach John Lylys Roman Euphues (1578, dt. Der Wohlgeratene) ist eine ausgesprochen intellektualisierte Form des Schwulstes. Der Verfasser schlüpft hier in die Rolle eines Poeta doctus, der mit gelehrten Anspielungen auf die römische und griechische Mythologie dem Leser das Verständnis erschwert, indem er ihm Rätsel aufgibt. Diese Strömung hatte ihre ideellen Wurzeln im elisabethanischen Weltbild, das den mittelalterlichen Ordo-Gedanken mit einer dem Absolutismus vergleichbaren Staatsphilosophie verband.

thumb|upright|right|William Shakespeares Dramen greifen den Euphuismus auf Der literarische Zeitgeschmack von Theater und Prosa wurde von Hof und Aristokratie bestimmt,<ref name="Uhlig">Claus Uhlig: Dichtung und Prosa in England. S. 271 ff. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984, Bd. 3, S. 258–280</ref> so dass die Literatur der englischen Renaissance sich vor allem auf italienische und spanische Einflüsse wie die Erzähltradition Giovanni Boccaccios und die von ihm entwickelte Novelle stützt. Ein Hauptaugenmerk war dabei die Verbindung von moralisch-didaktischem Inhalt aus dem Humanismus mit der spätmittelalterlichen Prosa in der Folge Geoffrey Chaucers. Schon vor Lyly hatte George Pettie manieristische Elemente in seine Prosa einfließen lassen, die neben ihrer Handlungsarmut vor allem aus Reden, Monologen und Betrachtungen, Reimen und Gemeinplätzen bestand<ref name="Uhlig"/> und den Gegensatz von Vernunft und Leidenschaft thematisierte; Robert Greene folgte ihm darin. Der stark antithetische Prosastil versuchte fehlenden Inhalt durch rhetorische Kunstfertigkeit zu überdecken. Dies führte nicht selten zu einer Bombastik, die den späteren Lesern als die innere und äußere Form sprengend vorkommt. Dabei nutzten die Autoren u. A. die Kanzleisprache als Vorbild.<ref name="Uhlig"/> Auch die Misogynie, eine Haltung der preziösen Literatur, erscheint schon vereinzelt.

Wichtig wurde der dramatische und rhetorische Impuls; bereits kurze Zeit später übertrug Lyly den Euphuismus auf das elisabethanische Theater und verfasste eine Reihe höfischer Komödien, die fast alle öffentlich oder am Königshof aufgeführt wurden. Der euphuistische Typ verband einen kunstvoll gegliederten Aufbau nach klassisch-antiken Vorbildern mit dem traditionellen Witz der englischen Bühnentradition.<ref>Harald Zielske: Drama und Theater in England, den Niederlanden und Deutschland. S. 148. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Literatur und Gesellschaft der westlichen Welt. Berlin 1984. Bd. 3, S. 131–173</ref> William Shakespeares Komödie Viel Lärm um Nichts (1599) greift ihn auf humoristische Weise in den Figuren Benedikt und Beatrice auf. Gleiches geschieht in Verlorene Liebesmüh (1593), dessen Witzbold Costard sich durch sein gestelztes Latein auszeichnet, was im Wort Honorificabilitudinitatibus endet – er macht damit den Lehrer Holofernes lächerlich. Die Tragödie Romeo und Julia (1595) zeigt ebenfalls den Einfluss des Euphuismus auf die Sprache Shakespeares.

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John Donne und die Metaphysische Dichtung steigerten den Euphuismus bis an die Grenzen der Verständlichkeit. In der neueren Literatur wurde er durch T. S. Eliot und André Breton wieder aufgegriffen.

Preziosität im französischen Barock

Als preziös und Preziosität (von frz. précieux „edel“, „kostbar“, „affektiert“ und préciosité „Affektiertheit“, „Geziertheit“) galten in Frankreich etwa seit Mitte des 17. Jahrhunderts Lebens-, Empfindungs- und Ausdrucksweisen von äußerster oder übersteigerter, gewissermaßen schwülstiger Kultiviertheit; diese wurden vorab der Pariser Salonkultur zugeschrieben, und die Begrifflichkeit fand insbesondere im abschlägigen Namen Preziöse für ein weibliches Publikum Anwendung, das sich in genannter Art höchst auffällig hervorgetan haben soll.

Mit einer programmatisch handelnden Bewegung oder Gruppe bestimmter Frauen und Männer fügen sich Preziosität und Preziöse allerdings nicht zusammen. Die jüngere Forschung, die den Begriff der Preziosität mittlerweile in ein emanzipatorisches Umfeld setzt, versteht „die Preziösen“ sogar als travestierende Schöpfung der Literatur und Literaturkritik ihrer Zeit mit Molières Theaterstück Les Précieuses ridicules (Die lächerlichen Preziösen, uraufgeführt 1659, gedruckt 1660) als Dreh- und Angelpunkt.

Abgrenzung zum literarischen Kitsch

Eine Rezeption der Schwulststile erfolgte spät, insbesondere im deutschen Sprachraum fand erst im 20. Jahrhundert durch die literaturgeschichtliche Aufarbeitung eine Rehabilitation statt; die Ästhetiken der Weimarer Klassik, dann des Sturm und Drang verfolgten die voraufklärerische Verbindung von Rhetorik und Dichtung nicht weiter, erst mit der romantischen Universalpoesie setzten analoge Prozesse ein, die jedoch nicht der Romantik selbst zuzurechnen sind, sondern ihrem allmählichen Niedergang zum Romantizismus. Etwa mit der wortreich versteckten Erotik in Heinrich Claurens Mimili (1816) und dem beginnenden Biedermeier entstand eine Literatur, die über Unterhaltungsliteratur, Liebes- und Familienromane in der Folge der Moralischen Wochenschriften und die spätere Gartenlaube bis zu den „Nackenbeißern“ einer Hedwig Courths-Mahler oder den Heimatromanen eine Gebrauchsliteratur, den literarischen Kitsch ausbildete. Er sieht dem Schwulst in manchen Einzelheiten ähnlich, darf aber nicht mit ihm verwechselt werden.

Wollte man wie beim Schwulst materiale und formale Formen unterscheiden, so zeigt sich, dass auch bei allen Parallelen – Häufungen sprachlicher Stereotypen besonders in der Darstellung von Emotionen, schematische Erzählbauformen in der Trivialliteratur mit vorhersehbarem Handlungsgerüst und -ausgang<ref>Hans Dieter Zimmermann: Heftromane und zeitgenössische Romane angesehener Autoren. Untersuchung mit Hilfe der Linguistischen Datenverarbeitung. S. 84. In: Annamaria Rücktäschel/Hans Dieter Zimmermann (Hrsgg.): Trivialliteratur. München 1976, S. 80–138</ref> – romantische Wurzeln vorhanden sind. Die Kitschliteratur konservierte die Moral- und Kunstanschauungen des Biedermeier in den süßlichen Idyllen – beim so genannten sauren Kitsch auch Dystopien – des Weltbildes, in Schwarzweißzeichnungen der Charaktere und ihrer Sprache, in einer Banalisierung der Handlung bei gleichzeitiger affektvoller Ausschmückung durch pseudolyrische, teilweise inflationär gebrauchte und daher schnell abgenutzte Ausdrucksformen, die hier aber nicht als rhetorische Figuren mit zeichenhaftem Hintergrund, sondern nur um der einfacheren Nacherlebbarkeit des Affekts willen erscheinen. Dies wirkt im heutigen Begriffsverständnis schwülstig, ist aber kein Schwulst: Kitsch benutzt identische Mittel, vergröbert und verbreitert Inhalt und Form, hat aber kein Interesse an einer symbolhaften Vertiefung. Er bietet keine kritische Auseinandersetzung mit disparaten Teilbereichen der Wirklichkeit, sondern eine Projektion (nicht möglicher) Wert- und Wirklichkeitsmodelle.<ref>Vgl. Peter Nusser: Zur Rezeption von Heftromanen. S. 70 ff. In: Annamaria Rücktäschel/Hans Dieter Zimmermann (Hrsgg.): Trivialliteratur. München 1976, S. 61–79</ref>

Kolportage und Abenteuerromane wie das Werk Karl Mays standen daneben in einer längeren Tradition, die sich nicht ausdrücklich auf Marinos „Poetik des Wunderbaren“ bezogen.<ref>Volker Klotz: Durch die Wüste und so weiter. S. 33. In: Gerhard Schmidt-Henkel/Horst Enders/Friedrich Knilli/Wolfgang Maier (Hrsgg.): Trivialliteratur. Berlin 1964</ref> Die zeitgenössische Kunstliteratur, selbst der Unterhaltungsschriftsteller Theodor Fontane, grenzte sich inhaltlich durch Novellenform und sozial anspruchsvollere Themen, formal durch eine am Realismus geschulte „Simplizitätssprache“<ref>Peter Demetz: Theodor Fontane als Unterhaltungsautor. S. 199. In: Annamaria Rücktäschel/Hans Dieter Zimmermann (Hrsgg.): Trivialliteratur. München 1976, S. 190–204</ref> ab, wenngleich auch sein Werk nicht ganz frei von Kitsch-Elementen ist. Kitsch im Sinne eines Stilbegriffs findet sich bis ins 21. Jahrhundert vor allem noch in den Teilen der Frauenliteratur, die seit ihrem Entstehen den Leserinnen einen intellektuell beschränkten Status zugesteht und ihnen den Wunsch nach Emotionalisierung unterstellt.<ref>Rudolf Schenda: Die Lesestoffe der Kleinen Leute. Studien zur populären Literatur im 19. und 20. Jahrhundert. München 1976, S. 40</ref> Schwulst als Stilmerkmal tritt an anderer Stelle auf, als sich selbst analysierende, wiederholungsreiche Monologe am Rande der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten bei Thomas Bernhard, als Zusammendrängen disparater Dinge in ausufernden Wortspielkaskaden bei Max Goldt.

Quellen

<references/>

Literatur

Allgemein

Gongorismus und Konzettismus

  • Andrée Collard: Nueva poesía. Conceptismo, culteranismo en la crítica española. 2. Auflage. Madrid 1971
  • Henning Mehnert: Bugia und argutezza. Emanuele Tesauros Theorie von Struktur und Funktionsweise des barocken Concetto. In: Romanische Forschungen 88 (1976), S. 195–209
  • Robert V. Young: Richard Crashaw and the Spanish golden age. New Haven 1982 ISBN 0-300-02766-4
  • María Cristina Quintero: Poetry as play. ‚Gongorismo’ and the ‚Comedia’. Amsterdam 1991 ISBN 90-272-1761-0 und ISBN 1-55619-304-1

Euphuismus

  • Clarence Griffin Child: John Lyly and Euphuism. Münchner Beiträge zur romanischen und englischen Philologie Bd. 7. Erlangen 1894




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