Ursprung der Historia des Nemo  

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Ursprung der Historia des Nemo is a text by Heinrich Denifle first published in "Archiv fur Literatur- und Kirchen-Geschichte des Mittelalters 4 (1888): 330-48."

Full text

Ursprung der Historia des Nemo.


Wiederholt kam in den letzten Decennien die Historia oder der Senno vom Nemo zur Sprache, der in Handschriften seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in verschiedenen Fassungen auf uns gekommen ist *. Aber nie ist es bisher gelungen, den Ursprung aufzudecken oder das gegenseitige Yerhältniss der verschiedenen Becensionen genau zu bestimmen. Das unten publicirte Docu- ment setzt uns in den Stand die Frage zu lösen. Es ist ein nicht datirter Originalact auf vier zusammengehefteten Perga- mentblättem ungleicher Grösse im Vat. Archiv, Instrum. miscell. ad an. 1290 (franz. Schrift).

Dass das Document wirklich in das genannte Jahr zu setzen ist, ergibt sich unschwer aus dem Inhalte. Zunächst wird der Cardinaldiakon Benedikt Cajetani tit. S. Nicolai in carcere Tul- liano genannt. Somit wäre der terminus a quo der 12. April 1281, der terminus ad quem December 1291, als Cajetani Car- dinalpriester SS. Silvestri et Martini wurde. Femer wird der Cancellarius regni Siciliae citirt. Nun ernannte Karl I. seit dem Jahre 1273 keinen Kanzler mehr, sondern nur Vicekanzler; erst Karl H. ernannte wieder Kanzler, nachdem der letzte Vice- kanzler, Wilhelm de Faronville, 1290 gestorben war. Der erste Kanzler war Adam de Doussy (de Dussiaco), der im Jahre 1295 durch Bartholomäus de Capua, im Documente ebenfalls genannt, er^tzt wurde. Nun wird am Schlüsse der Schrift auf eine be-


^ S. Wattenbach im Anzeiger fOr Kunde der deutschen Vorzeit XTTT, 861 flf. XIV, 205 flf. XV, 39. XVH, 51 f. P. Meyer in Rec. de po^ies fran- 9oi8es par Montaiglon et Rothschild, XI, 313 sqq. Picot in der Ronuuüa 1886, p. 879.


Ursprung der Historia des Nemo. 33 X

vorstehende Provinzialsynode in Frankreich hingewiesen. Zweifels- ohne ist die im Jahre 1290 in St. Genevieve zu Paris gehaltene gemeint, auf der die beiden päpstlichen Legaten, der soeben genannte Gardinaldiakon Benedikt Cajetani^ und der Cardinal- bischof öerardus, erschienen*.

Um 1290 nun verfasste ein gewisser Badulfus einen, wie es scheint, ernst gemeinten Sermo über den Nemo, mit dessen Kenntniss die Welt erst jetzt beglückt worden sei. Radulf nannte ihn wesensgleich mit dem Sohne in der Dreifaltigkeit und legte ihm alle möglichen und unmöglichen Epitheta und Eigenschaften bei. Auf diesen närrischen Einfall kam der Autor auf sehr einfachem Wege. Er kannte Schriftstellen, in denen das Wort nemo vorkommt. Weit entfernt, dasselbe als Ne- gation zu nehmen, personificirte er es, als würde von einem als Nemo bezeichneten Wesen gesprochen^. Selbst wenig in den Schriften bewandert, verschaflfte sich der Autor gegen Geld oder Geschenke von Religiösen oder geistlichen Personen eine Sammlung solcher Nemo-Stellen (zumeist aus der Bibel, jedoch auch aus anderen Quellen), und verfasste einen Sermo über den Nemo, den er dem Gardinaldiakon Benedikt Cajetani über- reichte. Dürfen wir dem Verfasser der unten publicirten Gegen- schrift Glauben schenken, so hatte Radulf sogar einige Anhänger seiner Narretei (unter ihnen Peter von Limoges*), und war Stifter der *Neminiana secta', von der sonst weiter nichts be- kannt ist.

Die Schrift Radulfs kennen wir nur aus der Gegenschrift


' Nachmals Bonifaz VIII. ^ Hefele, Conciliengesch. VI, 233.

' Einen theilweisen Vergleichungspunkt bietet Endo (französisch Eon) de Stella im 12. Jahrh. , welcher glaubte und predigte, durch per eum in den Formeln der liturgischen Bücher werde auf ihn selbst, Eon, hingewiesen, 'ita plane fatnus, ut Eon et eum nesciret distinguere'. S. Gieseler, Lehrbuch der Kirchengeschichte II, 2, S. 532, Anm. 2. Die französische Aussprache von eum trifft ungefähr mit eom überein.

  • Welcher Peter de Limoges hier gemeint sei, ist nicht zu enträthseln ;

es gab deren um jene Zeit mehrere. S. Hist. litt, de la France XXVI, 460. Sicher darf man nicht an den bekanntesten denken, der Socius der Sorbonne und zeitweilig Dekan der medicinischen Facultät war. Ueber ihn Delisle, Cabinet des ms., II, 168 sq.

22*


332 Heinrich Denifle,

Stephans de S. Georgio. Dass dieser kein kleinerer Narr als Radulf war, beweist schon die Thatsache, dass er an eine Wider- legung dachte. Es wird aber auch sonst aus der ganzen Schrift, besonders aus der zweiten Hälfte derselben, klar. In der ersten Hälfte fuhrt er aus der Schrift Badulfs, und zwar in der dort befindlichen Reihenfolge, die Nemo-Stellen an und bricht ihnen die Spitze ab, indem er sie glossirt. In der zweiten Hälfte setzt er den Nemo-Stellen Radulfs seine eigene Sammlung von Nemo-Stellen entgegen, um zu erweisen, dass der Nemo ein ganz verworfenes Subject sei. Der Autor steUt sich durchaus auf den Standpunkt Radulfs und argumentirt von diesem Stand- punkte aus. Auch er überreichte seine Schrift dem Gardinal- diakon Benedikt Gajetani, zweifelsohne vor der Provinzialsynode in Paris, auf der nach dem Wunsche Stephans die Anhänger der Neminianischen Secte verbrannt werden sollten.

Die Heimatstätte Radulfs haben wir wohl in Frankreich, und zwar im Anjou, zu suchen. Auf Frankreich weist auch Radulfs Widerpart hin. Dort hat also die Geschichte von Nemo Ende des 13. Jahrhunderts ihren Ursprung genommen, denn die späteren Bearbeitungen der Geschichte des Nemo S von denen man bisher wusste, weisen sämmtlich auf die Schrift Radulfs als auf ihre directe oder indirecte Grundlage hin.

Es kommen vorläufig nur vier spätere Fassungen der Ge- schichte in Betracht, von denen ühichs von Hütten und Jehans d' Abundance abgesehen : die eine (A) steht in Bodl. (Seiden 74, fol. 10), 13. Jh. (?)^;'die andere (a) ist mit Varianten erhalten im Cod. Vat. lat. 2040 » (Ende des 14. Jahrb.), fol. 72^, und in der Heidelberger Handschrift Pal. germ. 314 (Mitte 15. Jahrb.), fol. 100. Die dritte (B) findet sich im Cod. Monac. lat. 10 751 (16. Jahrb.)

^ Es darf hier nicht an den in Reim und Versen oft verherrlichten deutschen 'Niemand' gedacht werden, dem man alles in die Schuhe schiebt, der alle hftuslichen Fatalitftten angerichtet, wie £. Weller im Anzeiger fDr Kunde der deutschen Vorzeit XIU, 179 berichtet Der griechische ourts kommt schon bei Homer, Odyss., Ges. 9, v. 866 sq. vor.

• P. Meyer, 1. c. p. 314.

' Bereits von Pertz im Archiv fOr ftltere deutsche Geschichtsforschung V, 67, Anm. 1 erwähnt, üeber die Handschrift in Raigem erhielt ich keine Auskunft.


Ursprung der Hisfcoria des Nemo. 333

fol. 180 — 186*. Die viert© (C) steht, im einzelnen etwas ab- weichend, im Cod. Vindob. lat. 3282 * (15. Jahrh.) , in einer Sterzinger Miscellan-Handschrift * (Ende 14. Jahrb.), fol. 11, in der Handschrift XI. 619 zu St. Florian, fol. 83i,, und im Cod. Monac. lat. 903^ (15. Jahrb.), fol. 113^

A* und a* beginnen (auch im Cod. Vat.):

Multifarie multisque modiB, carissimi, loquebatur olim deus per prophetas, qui velut in enigmate et quasi sub nebulosa voce uni- genitum dei filium pro redimendis laborantibus in tenebris et in mnbra modis sedentibus preconizanmt venturum^; novissimis autem diebus per suam sacram scripturam palam alloquitur, et beatissimum (ac glorio- sissünum) ® Neminem ut sibi comparem ante secula genitum (penes illud prophete: Dies farmabuntur et Nemo in eis, scilicet, prius erat, Ps. 138 ipsius David prophete), humano tarnen generi hactenus peccatis ezi- gentibus incognitum, fore predicat, enucleat et testatur. Sed ipsemet salvator noster et Dominus, cui semper misereri est proprium et par- cere, et qui suos nunquam deserit inadiutos, sui pretioso sangnine redempti populi misertus est, et ab oculis nostris remota penitus ve- tusta caligine tbesaurum huius (gloriosissimi Neminis)' tam celebrem npbis dignatus est reservare^^, ut ipsum usque nunc dampnifere nobis absconditum intueri deinceps oculata fide salubrius valeamus.

Beatus igitur Nemo iste contemporaneus Dei Patris et in essentia precipue consimilis Filio velut non creatus, nee genitus, sed procedens in Sacra pagina reperitur, in qua plane dictum est per psahnistam di- centem: Dies farmabuntur, et Nemo in eis, Cui postea merito tanta crevit auctoritas, ut ac si terrena respuens ad celorum cnhnina volatu mirabili pervolavit, sicut legitur: Nemo ascendü in cdum.

B ** eröfihet den Sermo mit einer ähnlichen Einleitung: Multifarie multisque modis Dens olim locutus est patribus in Prophetis, qui in §nigmate nubilosaque voce unigenitum Dei fiHum pro

« Wattenbach im Anzeiger Xffl, 361 ff. « Ebend. XIV, 206.

' Ueber sie J. Zingerle in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, Bd. 54, S. 306.

♦ Anzeiger XVII, 51. * P. Meyer 1. c.

  • Edirt nach der Heidelberger Handschrift von Wattenbach im An-

zeiger Xm, 362. Fehlt A.

^ Die in Klammem gesetzten Worte fehlen in A, die nächstfolgenden auch im Vat. ^ Diese Worte fehlen in A.

^® a 'aperire'. ^^ a 'nee creatus, nee procedens, sed genitos'.

    • Die Notizen verdanke ich Herrn Oberbibliothekar Riezler und P. Odilo

Rottmanner 0. S. B.


334 • Heinrich Denifle,

redimendis hominibus in tenebris umbraque mortis sedentibus condi- xerant : alloquitur idem novissimis diebus hocque palam per scripturam Neminem beatissimum ante secula genitum, humano generi hactenus exigentibus peccatis incognitum, magnificavit Dominus Neminem sanctum in multis mirabilibus. Beatus igitur Nemo Patri contempora- neus, Filio in essentia consimilis, non factus nee genitus sed procedens, ut Spiritus sanctus, in sacro reperitur eloquio, ubi per Prophetam di- citur: Dies farmabutUur et Nemo in eis. Cui tanta in brevi accrevit authoritas, ut terram respuens c^lorum culmina mirabiliter pervolaret Nam sequitur: Nemo ascendit in celum. Hoc et ipsa veritas contesta- tur dicens: Nemo venu ad me.

C besitzt folgenden Eingang * :

Vir quidam erat in Oriente nomine Nemo, et hie erat ut alter lob, inter omnes enim orientales magnus, ymo maximus et sanetus in genere et prosapia, magnus in potencia, magnus in clemencia, magnus in sciencia, in honore et reverencia, magnus in audacia et magnus in gloria, et hec omnia per sacram scripturam comprobantur. Primo et principaliter dico, quod magnus sanetus fuit iste Nemo in genere et prosapia, eciam simi- lis Ade ', qui nee creatus nee genitus dicitur, sed formatus, secundum quod habemus per prophetam dicentem: Dies formabuntur et Nemo in eis.

Der Nachweis, dass A auf die Schrift Radulfs, und zwar direct, zurückgeht, ist nicht unschwer aus dem unten publicirten Schriftstücke zu führen. Stephan sagt, nach Radulf sei der Nemo *pro salute humani generis istis novissimis temporibus' geoflfenbart worden. Dies steht aber gerade in der soeben citirten Einleitung von A. Wörtlich berühren sich die folgenden Stellen über die Consubstantialität des Nemo mit dem Sohne der Drei- faltigkeit, die wir deshalb gegenüberstellen wollen. Stephan. ^ A.

Asserit Badulphus . . . Neminem I Beatus Nemo contemporaneus


. . . contemporaneum Dei Patris et in essentia precipue consimilem Filio, velut nee genitum, nee cre- atum, set procedentem '.


Dei Patris et in essentia pre- cipue consimilis Filio, velut non creatus nee genitus, sed proce- dens.


^ S. die vollstiüidige Vita nach der allerdings fehlerhaften Wiener Handschrift; im Anzeiger XIY, 205. Obiger Eingang ans der St. Florianer und Münchener Handschrift.

  • In Wiener Handschrift irrig 'deo*, was nicht zu 'formatns' passt.

' An sich ist A hier entschieden im Rechte, denn wenn der Nemo 'in essentia consimilis FiHo' ist, dann ist er 'genitus', nicht 'procedens', denn


Urepnmg der Historia des Nemo. 335

Das Fundament fOr Badulf war nach Stephan die Schrift- stelle: Dies formabufUur et Nemo in eis. Es ist dies, wie man oben sehen kann, ebenso in A der Fall. Aber auch die übrigen von Badulf benützten Nemo-Stellen finden sich alle bis auf einige in A, und zwar folgen sie sich dort in derselben Beihe, wie sie Stephan aus Badulf anführt. Gewiss kein Zufall. Da und dort wird femer die Schrift *Sermo' genannt*.

Ist also A vielleicht die ursprüngliche Schrift Badulfis? Keineswegs. A weist nämlich etwas mehr Nemo-Stellen auf, als die Schrift Badul£9. So wird in A anstatt der Stelle 'Nemo potest . . . servire' eingeschoben : 'Utiliter servit Nemo duobus heris', und dann etwas später: 'Nemo tenetur propriis sumpti- bus militare.' Zwischen 'Yiri iusti . . . considerat' und 'Vidi turbam . . . poterat' ist wiederum eine Stelle inserirt. Vor 'Nemo illi dabat' finden wir 'Nemo nos conduxit'. Ebenso treffen wir nach 'Nemo propheta': 'De die autem et hora Nemo seit'. Die letzte Nemo-SteDe in A lautet: 'Presentis autem nostre con- cessionis paginam Nemini liceat infringere', welche ebenfalls bei Badulf fehlt. Dagegen fehlen in A drei Nemo-Stellen, wahr- scheinlich jedoch nur durch Schuld des Schreibers der Bodl., nämlich die bereits erwähnte 'Nemo . . . servire', dann 'Nemo martires distrahat', welche aber in der Vorlage der Bodl. sicher vor 'Nemo mercetur' stand, wie aus der vorausgehen- den Erklärung hervorgeht, und die Partikel 'et' vor 'Nemo' anzeigt. Endlich :* Secreta Nemini revelare'. Manche der Stellen werden auch bei Badulf und in A mit Varianten angeführt.

Die Vorlage der Bodl. rührte möglicher Weise von einem Schüler Badulfs her, oder war eine Art zweiter Auflage des ur- sprünglichen Sermo. Sicher wird uns letzterer am besten durch Averanschaulicht. A repräsentirt unter allen erhaltenen Bedactionen des ursprünglichen Sermo die älteste.


Spiritus s. ist procedens. Doch hat Stephan richtig referirt, und die Lese- art findet sich auch in B, wo hinzugesetzt wird: ut Spiritus sanctus.

  • So heisst es am Schlüsse yon A : 'et que pia mente de isto heatis-

simo Nomine in isto sermone cepistis' etc. Sonst aher wird in den üeher- Schriften der Ausdruck Historia gebraucht, nur im Mon. 10 751 fol. 180 (B) steht: Sermo de Sancto Nomine.


336 Heinrich Denifle,

Auf A geht a zurück. Alle Nemo-Stellen (mit Ausnahme 'Nemo novit Patrem')» sammt den eingeschobenen (mit Ausnahme von 'De die . . . seit'), die in A vorkommen, kehren inain derselben Ordnung wieder. Die eingeschobenen Stellen wurden nur um viele aus der Bibel und den Vätern vermehrt. Statt einer finden wir zwischen *Viri . . . considerat' und *Vidi . . . poterat' in a mehrere.

Eine weit grössere Anzahl folgt nach 'Nemo contempnat . . . iudicia', und femer am Schlüsse nach 'Secreta nemini revelare'. Die Heidelberger Handschrift ist noch um mehrere Stellen aus Cicero reicher.

Man könnte Zweifel hegen, ob Stephan aus der Schrift Radulfs alle Nemo-Stellen angeführt hat. Allein mit Unrecht, denn Stephan sagt ausdrücklich: 'singulas auctoritates quibus se fucare presumpsit, ut nee etiam sibi remaneat unum iota, reprobare curabimus.' Man kann auch aus Anzeichen nach- weisen, dass im Documente des Vat. Archivs kein Pergament- blatt in Verlust gerathen ist. Es ist femer nicht anzunehmen, dass Stephan die Stellen übersehen hätte, denn es sind deren zu viele. Uebrigens trägt a gerade bei den gegen Schluss ein- geschobenen Nemo-Stellen den Stempel der Interpolation in sich: fast planloses Anhäufen, zumeist ohne Erklärung, was gegen den Grundtheil sehr absticht. Man sieht es dem Bearbeiter von a an, dass es ihm eigentlich nur um Vervollständigung der Nemo-Stellen zu thun war, und ihn die nun in das Schriftstück eingetretene höchst auffallende Ungleichheit nicht im geringsten beunruhigte. Uebrigens beweisen gerade A und B mit Stephans Au&ählung zusammengehalten, dass sich a von der ursprüng- lichen Anlage entferne. Derselbe Vergleich stellt auch klar, dass in a einiges umgeändert wurde. Auf eine Stelle habe ich oben S. 334 hingewiesen. Auch der Schlusssatz von a: 'ad cuius beatitudinem et gloriam, qui sine fine bibit et restat, nos vosque pervenire concedatper onmia pocula poculorum', kann eben unmöglich, wie aus A und B hervorgeht \ in der Schrift Radulfs


^ Der SchluBS ist in A und B, wie überhaupt das ganze Stück, bedeutend kürzer. Der letzte Satz lautet: 'Ad cuius beatitudinem et gloriam qui sine


ürsprang der Histona des Nemo. 337

gestanden haben ; Stephan hätte auch dann das Ganze für einen tollen Scherz ansehen müssen. Die Worte endlich gegen Schluss von a : 'Reeervemus etiam in nostri pectoris scrinio' *, sind wohl dem Lib. VI, 1, 2 nachgebildet ('licet Romanus pontifex, qui iura onmia in scrinio pectoris sui censetur habere'); mithin stammt die Fassung von a erst aus der Zeit Bonifaz' VJJl. oder nachher.

So stellt sich a als eine spätere üeberarbeitung einer Redaction wie der in A heraus. Als dieselbe ein unbekann- ter entdeckte, fand er Spass an ihri Und da die Nemo-Stellen um viele vermehrt werden konnten^ unterzog er sich dieser Aufgabe, Hess aber beim Inseriren die Schrift in der vorge- fundenen Oestalt so ziemlich unangetastet, wenngleich er sie da und dort im Ausdruck veränderte und humoristischer machte. Spätere bereicherten die Schrift mit weiteren Nemo-Stellen.

Ein anderer Autor bearbeitete wieder a, und so entstand die Fassung C, die, weit entfernt, den Text zu repräsentiren, wie Wattenbach meint, nichts anderes ist, als ein Excerpt aus a' in selbständiger Form. Es lag zu nahe, den Scherz weiter fortzuspinnen, und so erhalten wir hier eine Art Sermo pane- gyricus auf den Nemo, der nicht wie in A, a und B als quasi Oott, sondern als Mensch, wie Adam und Job, dargestellt und in den Orient versetzt wird. Die ihm in A, a beigelegten Eigen- schaften werden in C demgemäss umgemodelt, zusammengefasst, systematischer geordnet und das ganze Thema in drei Theile zerlegt. Dies brachte mit sich, dass die Nemo-Stellen vielfach eine andere Reihenfolge erhalten mussten. Einzelne wurden überdies unterdrückt, wie z. B. 'Quod natura negat, nemo feli- citer audet'; 'Quod natura dedit, nemo tollere potest'. Auch


fine yivit et regnat nos et vos pervenire concedat Amen.* B fügt an : 'in se- cala 8e(niloram\

^ In A, B fehlen diese Worte.

' Indem wir die Redaction A als Grundlage von a erwiesen haben, kann a nicht auf C zurückgehen, das eine andere Form besitzt und zudem um einige Nemo-Stellen weniger bietet als a, die auf Radulfs Schrift zurückgehen. S.'^oben im Texte. Da nun G alle jene Nemo-Stellen aufweist, die in a, nicht aber in Badnlüs Schrift stehen, so geht C auf a zurück.


338 Heinrich Denifle,

diese Fassung wurde in den Handschriften von einzelnen wiederum hie und da alterirt.

B geht direct auf Radulfs Schrift oder A zurück, und ist nicht eine Bearbeitung von a, soweit wir nach den beiden ange- führten Redactionen schliessen können. Manche Stellen stimmen nur zu Radulf und A, ijicht zu a. Auf eine derselben habe ich bereits aufmerksam gemacht. B besitzt wie Radulf, A 'duratu- rus', nicht wie a 'regnaturus'. In a fehlt femer *Nemo novit Patrem', steht aber wie bei Radulf, A in B. Ebendaselbst wird auch mit der letzten Schriffcstelle bei Radulf geschlossen und es folgen nachher keine Nemo-Stellen mehr wie in a. Soweit wir bis jetzt aus den Handschriften von a schliessen müssen, kann auch a nicht auf B zurückgehen. In B ist einigemal die Ordnung der Nemo-Stellen verschieden von der in a mit Radulf, A übereinstinmienden. Dann fehlen in B mehrere Stellen, die in a in der Ordnung bei Radulf angeführt werden. So

  • Nemo posuit (misit) in eum manus'; *Nemo potest duobus do-

minis servire'; *Nemo propheta'; *Nemo martires distrahat';

  • Nemo mercetur'. Solche Nemo-Stellen sind beweisend, während

man daraus, dass in B viele Stellen fehlen, die sich in a, aber auch bei Radulf nicht finden, ebensowenig etwas schliessen kann, wie aus dem Abgange von drei Stellen in a, die zwar in B, nicht aber bei Radulf vorkonmien. Es existirt aber ein Zu- sammenhang zwischen A und B, insoferne nämlich einigemal da und dort gerade nach denselben Stellen einige weitere ein- geschoben werden und auch einige übereinstimmend fehlen.

Weiter kann man nicht urtheüen, da die meisten Hand- schriften der Bearbeitungen zu jung und wir ausser Stand sind, anzugeben, wie ihre Vorlagen ausgesehen haben. Es ist auch wahrhaftig nicht der Mühe werth, man hat sich ohnehin schon zu viel mit diesen Spielereien abgegeben. Mir gereicht es zur Be- friedigung, den Ursprung aufgedeckt zu haben.

Sicher ist nun, dass alle Bearbeitungen der Historia Ne- minis, soweit wir solche kennen, auf die Schrift Radulfs direct oder indirect zurückgehen. Diese, von einem Narren herrührend, war ernst gemeint, während die späteren Ueberarbeitungen der- selben auf einem Scherz beruhen. Aus der Gegenschrift Stephans,


Ursprung der Historia des Nemo. 339

zusammengehalten mit A und B, können wir erschliessen, wie ungefähr die Schrift oder der Sermo Radulfs ausgesehen hat. Sicher begann der Sermo wie in A, a und B: *Multifarie multisque modis' etc., schloss wie in A oder B und enthielt im Verlaufe die- selben Erklärungen der Nemo-Stellen wie in A, a, B, wo diese zusammentreflFen. Wohl niemanden mehr wird es jetzt, nach Aufklärung des Ursprunges, noch einfallen, mit Pertz^ in der Historia Neminis 'eine Parodie der gewöhnlichen Legenden' zu erblicken, und hoffentlich erspart sich auch Wattenbach in Zu- kunft seine übel angebrachten, äusserst wohlfeilen Witzeleien*.

Ohne Zweifel war die Historia Neminis, und zwar in der Fassung C, die nächste Veranlassung für einen, dem die Zeit zu lang war, Invicem-Stellen zu sanmieln und einen Sermo de fratre Invicem zu verfassend Unbegreiflich, wie man, auch ohne Eenntniss des Ursprunges, auf den Gedanken kommen konnte, in diesen Spielereien lägen Parodien der Heiligen- Legenden, bestimmt, der Verbreitung der letzteren entgegenzu- treten*. Vielleicht, weil man dem Geschmacke eines leicht- gläubigen Lesepublikums entsprechen wollte.

Die Gegenschrift Stephans bringe ich unten insofeme nicht vollständig, als ich bei mehreren Nemo-SteDen die geradezu nichtssagenden Glossen Stephans, wenn sie für die Schrift Radulfs oder sonst von keinem Interesse sind, einige Male unterdrückt habe. Die Nemo-Stellen, welche vollzählig aufgeführt werden, finden sich im Texte und in den Anmerkungen. Für den, der

  • Archiv fOr filtere deutsche Geschichtskunde V, 67, Anm. 1.

' Er schreibt Anzeiger XIII, 361: 'Da die Kirche diesen Heiligen nie- mals anerkannt hat, auch kein bestimmter Tag ihm gewidmet ist, dürfen wir seine Legende nicht in den Actis Sanctorum suchen.' In seinem Buche : Deutschlands Geschichtsquellen, 4. Aufl., 11, 358, hält er, Pertz nachschreibend, die Historia für eine Parodie 'der gewöhnlichen Legenden' und setzt hinzu: TöUig in dem herkömmlichen salbungsreichen Stil gehalten ist das Leben des hl. Niemand, jenes wunderbaren Mannes, der zwei Herren dienen konnte, der zwei Ehefrauen nehmen durfte und so vieles andere wusste und ver- mochte, was dem gewöhnlichen Sterblichen durchaus unmöglich ist.'

' Herausgegeben von Wattenbach im Anzeiger XV, 39.

^ Wattenbach, Geschichtsquellen a. a. 0. : 'Das hinderte nun frei- lich nicht, dass nicht Jakobs Werk (Goldene Legende) . . . sehr hoch ge- halten wurde, sich in zahllosen Handschriften verbreitete' etc.


340 Heinrich Denifle,

Langeweile hat, ist dies genügend, nach Entdeckung neuer Be- arbeitungen oder neuer Handschriften der bereits bekannten, das Yerhältniss zu Radulfs Schrift und der Bearbeitungen unter- einander zu erörtern.

Reprobatio nefandi sermonis editi per Badulphum de quo- dam Nemine heretico et dampnato, secundum Stephanum de Sancto Georgio Christiane fldei defensorem.

Cum intersit cuiusUbet christiani fidem defensare catholicam et superstitiosis hereticis, qui doctrims falsidicis et insanis inconsutilem tunicam Dei nostri dissuere moliuntur veris sanisque dogmatibus obYiare, ut sie fideB ipsa circumcincta muro inexpugnabili bellatorum et dilatato per hoc tentorii sui loco, füniculos suos faciat longiores, debitum repu- tamuB et congruum ^ [contra . . .]stes homines, non tarnen humanos set demoniales ac beluales, insurgere, ipsorumque doctrinas letiferas et erra[nte8 a tramite] veritatis abscindere, qui sanctam apostolicam et orthodoxam ecclesiam, que non habet maculam neque rugam et extra [quam nullus] omnino fieri salvus potest, ore polluto pertinaciter macu- lare nitimtur et Unguis mendacibus ac do[lo8i8 destruejre, sibimet ipsis facti crudeles, attemptant.

Dampnamus ergo et reprobamus nefandum et detestandum sermonem, quem non absque vitio criminis hereseos quidam curiose licet pestifere subtilitatis inventor, Eadulphus nomine, de quodam Nemine perditionis filio, quem asserit contemporaneum Dei Patris ac pro salute humani generis istis novissimis temporibus revelatum, absque fimdamento quod Christus est, velut qui super bibulas arenas edificat, ut corruat opus eins, argute nimis et exquisite, licet non catholice neque sane, nuper edidisse dicitur et variis auctoritatibus , que Nemini supradicto non competunt nee sunt vaticinate pro ipso, ut velut teterrima comix que alienis coloribus se fucavit, deplumatus remaneat, picturasse.

Astruit enim idem Radulphus dampnabiliter et nefarie non tam trinitatem quam quatemitatem in Deo, et eundem Neminem, quem nos ex patre diabolo procedentem et antichristum iam natum asserimus, contemporaneum Dei Patris et in essentia precipue consimilem FiUo, velut nee genitum nee creatum, set procedentem, ut sie eum Deum faciat, asseverat.

Set ut cum S3rmone mago hereticoque dampnato idem profanus Nemo cum suo amente dampnetur auctore et in puteum perditionis precipitetur uterque, auctoritates divine pagine, quas idem Badulphus eidem Nemini mendaciter appropriare presumit et quas idem Badulphus


^ Das Pergament ist hier durchlöchert.


Ursprung der Historia des Nemo. 341

reverendo patri et domino, domino B. Sancti Nicolai in Carcere Tul- liano diacono Cardinali presentasse dicitur tanquam hereücus com- burendus, nunc in caput eiusdem Neminis retorquere veraciter, nunc contra ipsum assistente nobis sapientia Dei Patris exponendo pariter et glosando confatare curabimus, ut enucleata veritate, que Christus est, fides christiana fixa permaneat, frustra iaciatur rete ante oculos pennatorum ' et in hunc Neminem antichristum et auctorem eins dogma perversissimum astruentem quilibet cbristianus et ipsa etiam protinus elementa potenter insurgant.

Presens autem opusculum dicto domino Cardinali humiliter pre- sentantes, illud reverenter exponimus suo approbandum iudicio seu* [etiam] reprobandum.

[PrimoJ ut fundamento destructo, totalis destructio edificii sub- sequatur, ab illa profecto auctoritate sumemus exordium, [per] quam probare nititur reprobabiliter idem Badulphus, contemporaneum Dei Patris Neminem supradictuuL Ait enim: Dies formdbuntur, et Nemo in eis^.

Nos itaque auctoritatem hanc in caput eiusdem Neminis retor- quentes, ipsam sie exponimus, immo a sanctis expositam nuntiamus, dicentes in primis, quod cum opera trinitatis, quantum distat oriens ab occasu tantum ab humanis operibus sint semota, et inter creatorem et creaturam ac inter aliquid et nichil non possit tanta similitudo notari, quin maior sit dissimilitudo notanda, recte modulatus est ille nobilissimus citharedus cum ait, dies farmabuntur et Nemo in eis, Nam secundum beatum Isidorum Ethimologiarum ^, 'Nemo tractum est ab homine, idest Ne-homo, quod est pro Nullo ; Nullus enim quasi Ne-uUus'. Voluit ergo Dens ut in illa mirifica formatione dierum, ne dampnata quatemitas astrueretur in ipso, Nemo esset in eis, cum Nemo Ne-homo, Ne-homo vero Nullus ; Nullus autem quasi Ne-ullus, secundum prefatum exponatur Isidorum. Et de isto quoque Nomine, Ne-bomine, Nullo, Ne-ullo, pre- fatus citharedus intellexisse noscatur, ut nichil esset tunc, sicut et nunc fantasticus iste Nemo.

Set dato per impossibile, quod Nemo iste homo fuerit incamatus, sive naturam angelicam habuerit tanquam demon ut Beemoth, qui de celo cecidit imitatus, sedem suam ad aquilonem ponere et esse similis Altissimo^ cogitaret, nichilominus tamen singulas auctoritates quibus se fucare presumpsit, ut nee etiam sibi remaneat unum iota, reprobare curabimus et in caput suum sicut predicitur retorquere, concordantias


  • Prov. 1, 17. * Das Pergament ist hier durchlöchert.

» Ps. 138, 16. ♦ Lib. 10, n. 185 (ed. Arevalus, Romae 1798).

  • Ifl. 14, 14.


342 Heinrich Denifle,

alias multiplices de isto Nemine ad sui confusionem de scripturis auten- ticis adducturi. In primis cum dicit:

Nemo ascendU cdum^, sie exponimus, ut tanquam alias Spiritus elationis lucifer ruat gravius in infemum, cum scriptum sit, quanto gradus altior tanto casus gravior.

Nemo venu adme^, Glosa : Venit inquam ut noceat, appropinquat ut tradat, sicut scriptum est: Ecce aj>propinquat qui me tradet^, Omnis enim hereticus Judas traditor est.

Nemo Deum vidit^. Glosa: Vidit utique in altari, set non credit tanquam hereticus sacramento.

Nemo novit Patrem^ , , . . Nemo novit Filium^ . , . . Nemo lo- quem in Spiritu sancto"^, Audite quod sequitur: dicit anathema Jkesu. Glosa: Si ergo Nemo iste dicit anatliema Jhesu, constat, quoniam blasphemavit. Si blasphemavit, quid adhuc egemus testibus? Ecce audistis blasphemiam, quid vobis videtur? Crucifigatur, immo potius cbmburatur !

Nemo posuit in eum rnanus^. Glosa: Supple sacrilegas. Sicque inconveniens sibi multiplicare non solvere convincitur Nemo iste, ut sacrilegas iniciat manus in Filium dei, cui in essentia consimilem se fore testatur, ut sit Jude socius proditoris. Crimen etiam lese maie- statis incurrit, quia in Christum domini temerarios manus iniecit.

Id quod dicit evangelicus Nicodemus: Rabbi, Nemo potest hec signa facere, que tu facis^, in caput eiusdem Neminis retorquetur, quia per malos homines et Spiritus malignes signa et miracula fieri deus per- mittit, et hoc modo Nicodemus de isto malo homine et maligne spiritu Nemine perditionis filio intellexit.

Deus claudit et Nemo aperit *°. Glosa : Cum ecclesia catholica duas habeat tantum claves quas ipse Christus beato Petro concessit, si Deus claudit et Nemo aperit. Nemo iste für est et latro ; 'ascendit enim aliunde et non intrat per ostium*", cum sine clayibus quis non aperiat set effringat.

Deus aperit et Nemo claudit .... Cum sit Nemo qui de munu tua possit eruere " . . . . Nemo potest duobus dominis servire *'.... Gaudium vestrum Nemo tollet a vobis ^*. Glosa: Tollet gaudium flebilis Nemo


1 Jo. 3, 13. « Jo. 14, 6: Nemo venit ad Patrem. Vgl. 6, 44.

» Matth. 26, 46. ♦ Jo. 1, 18.

5 Matth. 11, 27. « Ibid. ' 1 Cor. 12, 3.

8 Jo. 7, 30. 9 Jo. 3, 2. ^0 Apoc. 3, 7.

» Jo. 10, 1. »» Job 10, 7. " Matth. 6, 24.

!♦ Jo. 16, 22.


Ursprung der Historia des Nemo. 343

iste, si eiiin sequimim in heresi 8ua dampnata, sicut seductus* et Petrus Lemovicensis ac alii dificipuli eins qui Neminianam sectam faciunt et inducunt.

Nemo toüet anitnam meam^. Expone: Tollit hereticus Nemo iste animam, idest camem Christi, et manducat ad iudicium non medelam, et seductos ac Petras Lemovicensis et aUi eins discipuli cum eodem.

Netno mim ex regibus nativitatis habet inittum ' ; et : Nemo est in cognatione tua^. Hee due auctoritates sie exponuntur. Cum nobilitas sola sit animorum que moribus omat, et nobilitas morum plus valeat quam genitorum, frustra se iactat esse nobilem Nemo iste, cum degeneres mores et ignobilia facta eins ipsum vilem et rusticum manifestent, utpote qui in peccatis totus positus, spurcidus et vesanus, ad afatrum, non ad militare cingulum manum misit, pedes vero non in calcaribus de- auratis, set in irsutis peronibus collocavit, sicut scriptum est: Nemo mittens manum ad aratrum^.

Nemo müitans ^. Frustra etiam se militem asserit Nemo iste, cum aperte contra professionem faciat militarem. Nam cum secundum Vegetium 'De re militari' % in hoc totius rei publice salus vertatur, ut tirones non tantum corporibus, set et animis etiam prestantissimi eil- gantur, ut rem publicam fortiter tueantur, Nemo iste, nanus exanimis et pusilius, rem publicam destruit non tuetur, cum iam Neminianam sectam induxerit ad demoliendam vineam Domini Sabbaoth, et ad rem publicam destruendam. Item ipse Nemo militarem professionem vituperat, ut legitur libro Policraton vj^, ubi dicitur: Trofessio namque militaris tam laudabilis est quam necessaria, et quam vituperare nemo potest.' Vadat igitur Nemo iste ad aratrum et ligonem.

Nemo securus^, Glosa: Immo defleat hie Nemo, peccator, sacri- legus et blasphemus. Quomodo enim securus , cui paratus est ignis etemus? Audite quod beatus dicit Ambrosius: Quis autem tutius possit et sine trepidatione laudari, qui et de preterito meminit se habere quod doleat, et de futuro vldet sibi superesse quod timeat.

Qtiod natura negat, Nemo fetidter audet *•. Glosa : Si n a t u r a n a t u- rans negat isti Nemini esse aliquid in rerum natura, quomodo Nemo feliciter audet, cum sicut probatum est superius per Ysidorum, nullam ei natura naturans naturam tribuerit naturatam?^^


^ Nämlich Radolfus.

  • Jo. 10, 18. » Sap. 7, 5. ♦ Luc. 1, 61. * Luc. 9, 62.

• 2 Tim. 2, 4. ' Lib. 1, c. 7. » Cap. 5. « S. Aug. Confess. lib. 10, c. 32.

  • ® Vgl. Maximianu8, Eleg. V, 5. 54.

" Siehe über diese Ausdrücke dieses Archiv II, 456.


344 Heinrich Denifle,

Quod natura dedit, teuere Nemo patest. Glosa itenun: Si natura naturalis dedit, quod iste Nemo nullam naturam naturatam haberet, cum nichil prorsus sit, quomodo tollit? Utrumque profecto est impossibile et absurdum.

Nemo propheta ^ Supple, pseudo sive falsus atque seductor, sicut scriptum est: attendite a falsis prophetis*, et iterum: Nemo tos seducat'.

Nemo sine crimine vivit*. Glosa: Gate ille rethor egregius et mo- ralis Yolens filium suum bonis moribus informare et precavere sibi ne in heresi hunc Neminem sequeretur alt: Gum culpes (sie) alios, Nemo sine crimine Yi^it. Sic exponitur : G fili, cum tu culpes alios, sine, idest dimitte, quia Nemo vivit crimine, idest in crimine heretice pravitatis.

Nemo 'ex omni parte heatus^. Quomodo beatus, cum iure cautnm existat quod Nemo torquendus absque violentis indiciis? Et iterum Nemo eiciatur de possessione sine cause cognitione. Et iterum : Nemini facit iniuriam qui utitur iure suo? Et sie Nemo iste fantasticns ex omni parte calamitosus et infelix exisdt.

Maiorem caritatem Nemo habet ^. Glosa: Cum ordinata Caritas in- cipiat a se ipsa, quomodo invidus Nemo iste sibi attribuit caritatem, cum sibi odiosus existat, cum legatur: Nemo camem suam odio habuit? Bevera qui odium portat, caritatem non habet; cum subintrat vitium, Yirtus abit.

Ecce quomodo moritur iustus et Nemo percipit"*, Glosa: Audite fallaciam istius Neminis scelerati. Percipit seducendo et iterum cruci- figendo Christum per immanitatem scelerum, que committit, cum totiens crucifigatur Christus, quotiens mortaliter peccare contingit.

Viri iusti tcUuntur et Nemo considerat, Audite iterum versutiam huius Neminis demonis incamati. Considerat ut perrertat, et in volu- tabro sui erroris iustos involvat, cum nullam, sicut probatum est, habeat caritatem.

Vidi turham magnam , quam dinumerare Nemo poterat ^. Glosa : Dinumerare poterat ad sui cruciatus augmentum, ut dum tam sanctam phalangem aspiceret, a cuius est societate precisns, profimdius torqueretur.

Nemo fuit dignus aperire librum^. Exposita est hec auctoritas superius, nam quomodo aperit, qui claves non habet? Si ergo Nemo iste aperit sine clavi, constat ipsum esse furem pariter et latronem.

Neminem inveni socium. Glosa: Verum dicit, Prisdanus enim hereticuB hereticum invenit hunc Neminem, quia simile applaudit suo simili. Socii ergo dampnationis fiant, socii tormentorum.

  • Luc. 4, 247 « Matth. 7, 15. » 1 Jo. 3, 7. ♦ Dist Cai I, 5.

» Vgl. Hör. Od. n, 16. « Jo. 15, 13.

^ Im 6. Respons. Matut. Sabbati Sancti. Ebenso die nAchste Stelle. 8 Apoc. 7, 9. 9 Apoc. 5, 4.


Ursprung der Historia des Nemo. 345

Nemo observat lunam. Glosa: Ergo lunaücaB est Nemo iste mor- bosus et augur, quod est prohibitum in divinis.

Neminem salutaveritia^, Omnipotens deus sciens hunc Neminem peritumm, ut de sua conyersione nnllam excusationem haberet, precepit enm a fidelibus salutari. Set ipse in infidelitate permanens, salutem respuit ut dampnandns.

Nemini dixeritia visianemK Vide Nemini dixeris^, Hee due auc- toritates sie exponmitor a sanctis: Quia deus sciebat hunc Neminem garrulum et loquacem, velut qui linguam compescere nunquam scivit, Toluit sibi Yisiones et prodigia reyelari, ut dum secreta prohibita publi- caret, nedum in aure, set etiam super tecta, in sua garrula loquacitate periret.

Midier übi sunt qui te accusantf Nemo domine ^, Glosa: No^te verba, signate misteria. Nemo iste miserrimus, aliorum casum suum previdens et ruinam, ex sola malitia et invidia factus est accusator, aliene salutis impatiens, sue prodigus, iurgii suscitator. Sicque credens, aggregatione consortum tormentorum sibi minui cruciatus, de adulterio mulierem accusat. Tale sibi ministerium yendicat vir pecultus, tale sibi officium vir usurpat immundus.

Nemo tarnen dixit, quid queris, aut quid loqueria cum ea?^ Ecce loquacitas, ecce presumptio ! Tacentibus aliis solus ut rana garrulat iste Nemo, solus interrogat, ut si secreta de dominici pectoris fönte posset haurire, ut detractor et garrulus aliis revelaret.

Vado ad eum qui misit me, et Nemo interrogat me, quo vadis?^ Ecce iterum ef&enata presumptio, ecce iniquitas plena dolis. Servus Nemo sui domini vias querit, querit ut noceat, interrogat ut accuset: Domine quo vadis? Glosa: Mendax est et pater eins iste Nemo, dicit enim quod nullus fuit ausus interrogare Dominum, nisi ipse tantummodo solus Nemo, cum Eome Princeps Apostolorum obviantem sibi Christum interrogayit audacter, dicens: Domine quo vadis? Et sicut senatorum senatus, quirites et proceres populusque Romani, peregrini quoque romipete pleno norunt, est locus Rome, reverentia magna dignus, qui usque in hodiemum diem, 'Domine quo vadis', ab omnibus et singulis Tocitatur '.

Et Nemo audebat interrogare, tu quia es?^ Glosa : En tertio efirenis audacia. Interrogat, non ut bonus discipulus ut adiscat, set sicut phariseus, ut magistrum capiat in sermone.


» Luc. 10, 4. « Matth. 17, 9. » Marc. 1, 44. ♦ Jo. 8, 10, 11. 6 Jo. 4, 27. e Jo. 16, 5. ' Jo. 13, 36.

^ Die Kirche dieses Namens ausserhalb der Manem Roms an der Ap- pischen Strasse. ' Marc. 12, 34.

Arohiv fftjT Llterstor- nnd KirehengMobiehte. IT. 33


346 Heinrioli Denifle,

Moysea dedit vobis legem, et Nemo facU legetn^, Expone: Nemo facit legem, idem: pennittit l^em fieri, cmn Nemo iste sit exlex et legem fieri nequiverit impedire. Sic exponitar iUa auctoritas : Non est malum in civitate, quod Dens non faciat, id est quod fieri non permittai.

Nemo mittens manum ad aratrum '. Nam postquam de celo cecidit iste demon, ad rem rusticam se convertit, ut in sudore yultos sui Tee- oeretor decetero pane suo, legi mendicitatis et paupertatis addictus.

Nemo accendit lucemam^. Audite quod seqnitm-: etponit aub modio, ut cecus iste Nemo Teritatem non videat que est Christus, set remaneat dampnandus etemaliter in tenebris sui erroris.

Nemopotest dicere cafUicum\ Verum est, set non ad laudem di- vinam, quia non est speciosa laus in ore peccatoris, set ad subsanna- tionem et irrisionem divinam, ut iniquitatis cumulus istius miseri Ne- minis agravetur.

Nemo iüi dabat^, Glosa: Dabat callidus iste Nemo non ex cari- tate Lazaro micam panis, ut guttam aquo reciperet in gehenna, ad quam se sciebat iturum.

Nemo duraturus. Glosa: in penis etemis.

Nemo est qui semper vivat ^. Verum est, in cruciatibus et tormentis.

Nemini permittitur binas habere uxores, Vadafc ergo ad Nicolaitas et Arabes, et luxuriosus iste ab honesto cetu Christianorum abscedat.

Nemo martires distrahat. Ergo est saorilegus Nemo iste, qui res sacras distrahere non yeretur.

Nemo mercetur, Audite, quod intonat eyangelica tuba: Ementes et vendentes eiecit de templo. Quomodo ergo abiit infelicissimus iste Nemo! Profugus factus est a facie domini, in fame semper et mendi- citate victurus.

Nemo contempnat eedesiastica iudida, Glosa: Et sie Nemo iste sententiam excommunicationis incurrit.

Secreta Nemini revelare, Glosa : üt per sui loquacitatem dominorum revelando secreta a regum catholicorum curiis expellatur.

Licet autem yeridicis prefatarum auctoiitatum expositionibus per prefatum Badulfum pro suo Nomine nugis multiplicatis et repetitis ambagibus adductarum sufficienter eidem conclusum existat, ut factus sit acephalus armis propriis, ut Golias : ad subvertendum tamen ydolum et cultores eius radicitus, et ut penis quas meruerunt multiplicibus puniantur, utrorumque frontes lapülis lampidissimis de torrente alianim scripturarum novi et veteris testamenti e funda vindicte celestis emissis irremediabiliter feriantur. Quantis itaque criminibus, quantisque defectibus


  • Jo. 7, 19. » Luc. 9, 62. » Luc. 11, 33. Matfch. 5, 15.

♦ Apoc. 14, 3. * Luc. 16, 21. • Ecoles. 4, 4.


Ursprang der Historia des Nemo. 347

sit obnoxioB idem Nemo ex utero matris sne, ex infrascriptanun aucto- ritatum additiombus eTidentias declarator, nam cum consnbstaiitialem se faciat Deo Patri, et in essentia precipue eonsimüem Filio, et Dens peccare non possit, idem Badulfns mentitur aperte, dicendo, Neminem Demn esae, cum ipse peccator existat, ut habetur de pe. di. i § Item in eodem potest fieri ^ drca finem , ubi didt : 'Nemo in peccatia posituB.'

Quantum etiam gulosus et ebriosus extiterit idem Nemo, habetur de pe. di. y. c. ne tales aedpiamua*, ubi legitur: 'Nemo enim vino et duobuB cibiSy hiiaque viübus uaque ad instomachationem ventris oneratur, que diversitate camium et saporis delectatione accipitur.'

Quantum quoque spreyerit eum Deus, cum nulla de ipeo, tanquam de reprobato simulacro faerit sibi cura, ut in suis criminibus moreretur, habetur de pe. di. iij. § Set verha diffiniUonis^, ubi legitur: 'Nemini enim dedit Dens laxamentum peccandL'

Quod autem hunc Neminem errabundum Dens reliquerit ex omnibus in dispersionem gentium abiturum, cum alios a demonibus liberaret, habetur de pe. di. iij. § Item obicüur, yerbo Sunt plure8\ ubi dicitur: ^Neminem reliquit Dens de omnibus.'^

A quantä ergo exceUentia repente factus summua iste miserabilis Nemo dedderit, et quantum turpis repente sit factus, habetur de pe. di. ij. § JEx contrario eciam^^ ubi legitur. 'Sicut enim Nemo repente fit Bummus, ita Nemo repente fit turpis.' Nam posito per impossibile, quod hie Nemo, Ne-homo, Nullus, Ne-uUus contemporaneus faerit Deo Patri, et in essentia precipue consimilis Filio , ut Badulfns asserit in «ermone, si de illa sunima exceUentia et claritate repente fit turpis, et in abyssum summe turpitudinis est deiectus, quid est de cetero iste Nemo, nid tnrpitudo abhominabilis , tetrum chaos, ac palus profim- dissima tenebrarum ? Constat ergo quod inyalescentibus errorum tene-

^ Das Gitat ist also zu yerstehen: Bern (Ambrosios) in eodem (1 lib. de poenit. c. 3). Fatest fieri, nfimlich Beginn des cap. 52; aber die Stelle kommt cap. 56 vor.

^ Falsches Gitat Die Stelle steht De consecrat. dist. 5, cap. 29.

^ So beginnen die Dicta Gratiani zum cap. 17. Die citirte Stelle findet dch c. 18.

^ Die Dicta Gratiani zn c. 41 fangen an: Item opponitor. Das c. 42 beginnt : Sunt plures, wo auch die Stelle.

^ Der Autor gebraucht nachher noch folgende Stellen: Nemo desperan- dus (c. 1, dist. 7. de penit.). Pater gratias ago tibi .... Nemo ex eis periit (Jo. 17, 12). Nemo hodie pereat ex Israel. Nemini dantes uUam offensionem, ut non vituperetur ministeriom nostrom (2 Gor. 6, 3). Ecclesia Nemini clandit gremiom revertentL Nemini facit iniuriam, qni utitur iure suo.

6 So beginnt Gratian zu c. 20.

28*


348 Heinrich Denifle, Ursprung der Historia des Nemo.

bris claritas evanescit, et virtutum radice succisa seges genninat yi* tiorum, lumen rationis extinguitur, et totas iste Nemo feitur in pred- pitium et ruinam. Sic rationalis creatura brutescit, sie ymago Greatoris deformatur in bestiam, sie a conditionis sue dignitate supprema Nemo iste degenerat, eo quod ex bonore collato intumuit, et a tumore per- didit intellectum. Quis enim eo indignior, qui sui ipsius contempnit habere noticiam, sicut Nemo ? Si altissima illa sublimitas, qua preditus fuerat iste Nemo, cecidit, quis cadere non possit? Sed in celo niine, quanto magis in terra? Caveat ergo sibi terrenus et passibilis hie Badulfas, eiusdem Neminis pedagogus erroneus et dux cecns, ne se- quatur Neminem hunc dampnatum ad tenebras. Ibi enim erit utrique fletus ingens, Stridor dentium» et calamitas sempitema. Cayeat quoque aibi sollertius, ne deterius sibi aliquid contingat, quam suo Nemini reprobato, cum culpa gravier et pena crudelior frequenter retorqueri soleant in magistros erroris, et sepe contingat ut sorores turpitudinis, ut seductus et Petrus Lemovicensis aliique discipuli eins, cruciatu severiori mulctentur.

Quantum propterea sit contemptibilis iste Nemo, Zenon philo- sophus attestatur. Dicit enim: Nemo contemptus est in suo esse.

Simoniaca yero labe respersus esse convincitur iste Nemo. Nam spirituales auctoritates a viris religiosis emere nbn expavit. Sicque ipse cum Symone mago, religiosi vero huiusmodi et dominus Bartho- lomeus de Gapua cum eisdem (cum sicut testatur unus ex discipulis nostris, dominus cancellai'ius regni Sicilie, vir profecto valde catholicus, auctoritates spirituales Nemini supradicto vendiderint) cum Giezy leprose percipiant portionem.

Ad id ut multiplicatis concordantüs et vaticiniis sui casus male- dictionis ipsi Nemini cumulus augeatur, epistola Pauli ad Thimotheum in patulum prodeat, ubi legitur : 'Dens qui vult omnes salvos fieri' ', et neminem vult perire*.

Quid plura? En convenit multitudo fidelium, Ghristianissimi Beges adsunt, Pontifices infolati presentes existunt, presto est sancta synodus, Goncilium congregatum expectat: struantur ligna, ponatur ignis, et hunc Neminem antichristum et discipulos eins, ne gregem christianum yelut morbus contagiosus inficiant, ultrix flamma consumat. Verus autem et vivus Dens mundi salvator Ghristus una cum Patre et Spiritu Sancto yivat, regnet et imperet per omnia secula seculorum. Amen.

Originale in Arch. Yat., Instrum. miaceU, 1290.

  • 1 Tim. 2, 4. * Steht nicht bei Tim., sondern in der Liturgie.

P. Heinrich Denifle, 0. P.




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